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Kunst und Kultur
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Volume LIX
Page - 158 -
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Page - 158 - in Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Volume LIX

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Kerstin Merkel158 Hier käme Isabella von Parma (1741–1763) in Frage, deren Herkunftsbezeichnung sie als Ita- lienerin definiert, die aber als Enkelin des fran- zösischen Königs Ludwig XV. mit ihrer Mutter durchweg in der französischen Sprache kommu- nizierte. Bis zu ihrem siebten Lebensjahr lebte Isabella am spanischen Hof, reiste dann mit ihrer Mutter nach Versailles und nach einem Jahr 1749 weiter nach Parma, wo sie bis zu ihrer Vermäh- lung mit Josef 1460 lebte. Sie lernte hier außeror- dentlich schnell deutsch. Wenngleich sich Marie Christine als „Schwes- ter“ bezeichnet, so ist es fast unwahrscheinlich, daß sie einem ihrer Geschwister ein Bild schenk- te, denn inmitten der Kinderschar stand sie als Liebling von Maria Theresia ziemlich isoliert. Sie zog wegen der Bevorzugung im emotionalen wie auch materiellen Bereich Neid und Eifersucht auf sich. Die Geschwister vertrauten ihr nicht, weil das intime Mutter-Tochter-Verhältnis be- fürchten ließ, Marie Christine würde alles ihrer Mutter weiterberichten. Das gespannte Verhältnis kommt deutlich in den Schilderungen ihres Bru- ders Leopold zum Ausdruck: Die Maria lebt für sich und verkehrt mit keiner ihrer Schwestern […].15 Die Widmung der zärtlichen Schwester muß nicht auf ein tatsächliches Verwandtschaftsverhältnis hinweisen. Mit ihrer Einheirat in die Habsburger Familie wurde Isabella fortan als Tochter und Schwester tituliert, sie selbst sprach entsprechend von Mutter, Bruder und Schwester.16 Bei der Wid- mung des Bildes wird sehr sorgfältig differenziert zwischen Schwester und Freundin, letzteres ist eine Steigerung und wirft ein bezeichnendes Bild auf die sehr innige Beziehung zwischen den bei- den jungen Frauen. Doch auch das Motiv läßt auf die Empfän- gerin schließen: Die Rötelzeichnung zeigt im linken Drittel einen alten Mann, der sich im Bart zaust, er schaut auf den Betrachter. Die bei- den rechten Drittel des Bildes werden von zwei jungen Frauen eingenommen, die sich vom Be- trachter wegbewegen, aber über ihre Schultern zurückschauen. Dabei scheint die mittlere ihren Blick auf die Frau hinter sich zu lenken, diese jedoch schaut eher den alten Mann an (wobei die Blickrichtungen nicht absolut zu bestimmen sind, was sicher auch am Können der Zeichnerin liegt). Die beiden jungen Frauen bilden eine Ein- heit, identisch in der Bewegung, fast identisch in der Blickrichtung und deutlich distanziert von dem alten Mann. Was die Komposition auf den ersten Blick auseinanderfallen läßt – der leere Raum zwischen den Figuren – ist in Wirklich- keit ein bewußt eingesetztes Gestaltungselement, das weibliche Jugend und Schönheit von männ- lichem Alter trennt. Geht man davon aus, daß die Adressatin der Zeichnung Isabella von Parma ist, steckt in dem Motiv ein sehr persönlicher Aspekt. Erzherzogin Marie Christine und ihre Schwägerin waren sehr eng befreundet, es wird immer wieder eine les- bische Beziehung vermutet.17 Wie auch immer die Freundschaft zu definieren ist, so bildeten die beiden jungen Frauen innerhalb des Hofes, ins- besondere innerhalb der Geschwisterschar Marie Christines, ein einzigartiges Zweierteam, das sich trotz der räumlichen Nähe in der Hofburg mehrfach täglich Briefe und Billetts schickte. Für Isabella als Empfängerin des Bildes spricht auch, daß es aus ihrem Besitz an Joseph II. übergegan- gen ist, der es dann Franz vererbt haben muß. Tatsächlich befindet sich nämlich der größte Be- stand von Marie Christines Zeichnungen in der Albertina, wo sie durch ihren Ehemann Albert von Sachsen-Teschen eingegangen sind. In der 15 R. Kutschera, Die Töchter und Schwiegertöchter Maria Theresias, Innsbruck 1993, S. 113–115; Pangels, Kinder Maria Theresias (zit. Anm. 13), S. 189–191. 16 U. Tamussino, Isabella von Parma. Gemahlin Joseph II., Wien 1989, S. 175 (zum „Bruder“ Carl), S. 203 („Schwes- ter“ Marie Christine), S. 206 („Schwester“ Johanna und „Bruder“ Carl). 17 Tamussino, Isabella (zit. Anm. 16), S. 196–215, die von ihr vorgebrachten Briefquellen sind schon sehr eindeutig; Weissensteiner, Töchter Maria Theresias (zit. Anm. 13), S. 71–73, basiert wesentlich auf Tamussino.
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Volume LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Volume
LIX
Editor
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2011
Language
German, English
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Size
19.0 x 26.2 cm
Pages
280
Keywords
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Category
Kunst und Kultur
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