Page - 173 - in Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Volume LIX
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der guten Mutter ... dem besten Vater 173
die sich in der perfekten Kolorierung der Blätter
wie auch in der sehr schön geschriebenen Signa-
tur ausdrücken. Aber zuletzt kommt noch seine
Kreativität zum Vorschein, die ihn zu den kleinen
Änderungen veranlasste. Aus heutiger Sicht wirkt
das bescheiden, aber für Kinder und Jugendliche,
deren (Zeichen-)Unterricht ausschließlich im Ab-
malen bestand, ist das eine beachtliche Leistung.
Ein nicht datiertes Werk trägt die Widmung:
Ein dankbarer Sohn an dem Namestage seines lieb-
reichen Vaters. Die kolorierte Graphik zeigt einen
kleinen Jungen, der ein gefülltes Obstkörbchen
sowie einen gefangenen Schmetterling als Gaben
von einem Waldspaziergang mitbringt (Abb. 15).
Das in der Graphik dargestellte Motiv ist als Me-
tapher des Schenkens bewußt für die Funktion
des Bildes als Geschenk ausgewählt. Die englische
Kinderkleidung läßt wiederum die Herkunft der
Graphik von Macklin möglich erscheinen. Die
Farbpalette ist auf wenige Töne beschränkt und im
Vergleich mit Ferdinands anderen kolorierten Gra-
phiken eher auf Anfängerniveau. Vermutlich ist der
Schmetterlingsfänger einer seiner ersten Versuche
mit dieser Technik und dürfte um oder vor 1808
entstanden sein. Gleichfalls nicht datiert ist die
Zeichnung des Kopfes eines jungen Mannes. Nach
der Widmung handelt es sich um Ferdinands erste
freie Zeichnung, mit der er seinen Vater zu erfreu-
en suchte: Erlauben Sie lieber Papa, daß ich diesen
ersten Versuch im Zeichen Ihrer väterlichen Nachsicht
mit liebevollem Herzen darstelle. Die Nachsicht hat
er wohl bei Franz gefunden, der das Bild auch wie-
der voller Stolz in den einheitlichen Holzrahmen
setzen ließ. Tatsächlich ist die wohl um 1810 ent-
standene Zeichnung trotz ihrer Unbeholfenheit ein
Zeugnis für den unglaublichen Lernfortschritt Fer-
dinands. Das nächste erhaltene datierte Geschenk
schuf Ferdinand am 14. Dezember 1811 anlässlich
des Geburtstags von Ludovika. Ferdinand hat sich
enorm weiterentwickelt und zeichnete nach einem 16: Ferdinand, Zeichnung nach einem
englischen Kupferstich (14. Dezember 1811)
58 Darunter hat Ferdinand geschrieben: Nach einem englischen Kupferstich gezeichnet. / Meiner lieben Mutter / den 14ten De-
zember 1811. Ferdinand mpria. Der Stich könnte auch nach einem Gemälde von Angelika Kauffmann geschaffen worden
sein, vergleichbar der „Ariadne“ in Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister; die allerdings theatralischer gestikuliert.
17: Ferdinand, „Lady Smythe“, kolorierte Graphik nach
dem Gemälde von Sir Joshua Reynolds (12. Februar 1809)
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Volume LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
- Volume
- LIX
- Editor
- Bundesdenkmalamt Wien
- Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German, English
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78674-0
- Size
- 19.0 x 26.2 cm
- Pages
- 280
- Keywords
- research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
- Category
- Kunst und Kultur