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der guten Mutter ... dem besten Vater 179
Die Tochter von Maria Clementine wuchs am
Wiener Hof auf und erhielt die vierte Ehefrau
von Franz, Karoline Auguste, zur Taufpatin.
Bei der Zeichnung mit dem Heiligen Franz von
Assisi im Profil dürfte es sich um ein thematisch
wohlüberlegtes Namenstagsgeschenk für ihren
Großvater, Kaiser Franz I., gehandelt haben. Das schlecht leserliche Datum läßt als Datierung 1834
zu. Einige Augen- und Nasenstudien von Maria
Carolina lassen auf die selbe Ausbildung mit
den selben Vorlagenblättern schließen, die seit
der Erziehung der jüngeren Brüder von Franz –
Ludwig und Rainer – in der Habsburger-Familie
genutzt wurden.64
Die Enkelin Maria Carolina Augusta von Neapel-Sizilien
(26. April 1822 – 6. Dezember 1869)
Kaiser Franz Joseph und seine Kinder
Den Abschluß der Materialbetrachtung bildet
eine kleine Gruppe der übernächsten Generation,
die sich um Kaiser Franz Joseph scharte. Von all
seinen Kindern haben sich zahlreiche Bilder er-
halten, die ein deutlich freieres Ausbildungskon-
zept spiegeln als bisher. Besonders Rudolf pro-
filierte sich mit freien Kinderzeichnungen und
sensiblen Naturbeobachtungen von Tieren.65
Der Austausch von kleinen Geschenken hat
sich auch in dieser Generation fortgesetzt: Pho-
tographien und selbstgemachte Pantoffeln für den fernen Vater, selbstgepflückte Schneeglöck-
chen für die Mutter oder selbstgeschossene Fasa-
nen und Schnepfen wurden bei der oft getrenn-
ten Familie mit zahlreichen Briefen hin- und
hergeschickt.66 Nach wie vor wurde der Namens-
tag gefeiert.67 Der Kaiser, der sich immer über
die persönlichen Geschenke seiner Kinder freute,
glänzte nicht gerade mit Ideenreichtum, wenn es
um Rudolfs Geburtstag ging. Meist forderte er
seinen Sohn nur auf, den Erzieher daran zu erin-
nern, ihm Geburtstagsgeschenke zu kaufen.
64 Von Ludwig und Rainer, die am Hof ihres älteren Bruders erzogen wurden, sind Dutzende von entsprechenden
Übungszeichnungen in der ÖNB, PK 4740, erhalten.
65 Mit dem Talent des Kronprinzen und der Aussagekraft seiner Kinderzeichnungen hat sich erstmals die Ausstellung
anläßlich seines 150. Geburtstags auseinandergesetzt, vgl. Barta, Kronprinz Rudolf (zit. Anm. 3), Rudolfs Kinder-
zeichnungen, blutrünstige Mordszenen bis hin zum geöffneten Käfig mit entfliehenden Vögeln, bieten ein breites
Forschungsfeld für psychologisierende Deutungen.
66 F. Weissensteiner (Hrsg.), Lieber Rudolf. Briefe von Kaiser Franz Joseph und Elisabeth an ihren Sohn, Wien
1991, S. 18 (Fasanen von Franz Josef für seine Familie in Venedig), S. 20, 23 (Photos für Franz Josef aus Venedig), S.
30 (Schneeglöckchen von Gisela für Elisabeth), S. 33 (Pantoffeln von Gisela für Franz Josef), S. 68 (Schnepfen von
Rudolf für seine Eltern), S. 158 (Photo von Rudolf für Elisabeth).
67 Weissensteiner, Rudolf (zit. Anm. 66), S. 21, 40, 141, 155. Der Namenstag wird in den Briefen meist erwähnt, weil
eine persönliche Gratulation nicht möglich war.
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Volume LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
- Volume
- LIX
- Editor
- Bundesdenkmalamt Wien
- Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German, English
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78674-0
- Size
- 19.0 x 26.2 cm
- Pages
- 280
- Keywords
- research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
- Category
- Kunst und Kultur