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Kunst und Kultur
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Volume LIX
Page - 188 -
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Page - 188 - in Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Volume LIX

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IRIS wIEN188 der „Vera Ikon“ erinnere. Elger konstatiert: „In keinen anderen Werken und vor allem in kei- nem seiner zahlreichen Selbstportraits, hat sich der Apologet der Oberfläche Andy Warhol wei- ter von seiner Pop-Ästhetik und -Ikonographie entfernt als in diesen beiden bescheidenen Wer- ken.“3 Diese Folgerung, die den Aufsatz von Elger beschließt, scheint mir aus mindestens drei Gründen problematisch zu sein. Erstens setzt sich diese Deutung nicht mit der Tatsache ausei- nander, daß Warhol in den beiden Selbstbildnis- sen bereits in seinem bisherigen Oeuvre erprobte künstlerische Verfahren verwendet, ihnen also, zumindest was die bildnerische Praxis betrifft, keinen Sonderstatus zukommen läßt. Auch der Kontext der Entstehungsgeschichte der beiden Porträts spricht gegen solch einen Sonderstatus, wie zu zeigen sein wird. Zweitens trägt eine Deu- tung, die auf die Authentizität der Darstellung abhebt, indem sie mit der Vera Ikon auf den indexikalischen Charakter der Photographie als Abdruck bzw. Spur des Wirklichen verweist, zu der von Warhol selbst in hohem Maße betrie- benen Mythisierung seiner Person und seines Werkes bei. Statt sich mit der Problematik der Selbststilisierung auseinanderzusetzen, schreibt sie die vom Künstler begonnenen Mythen fort. Noch grundlegender ist der dritte Einwand: Die Assoziation mit der Christusikone trifft meiner Ansicht nach nicht die Wirkung des Selbstbild- nis-Motivs, die sich vor allem in den wild auf- gerichteten Haarsträhnen manifestiert, welche Elger als „säkulare Umdeutung“ der Dornen- krone Christi zu erklären versucht. Die genannten Einwände lassen auch die im folgenden zu entwickelnde Interpretation der beiden Selbstbildnisse als Medusa zu einem pro- blematischen Unterfangen werden, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Zudem ist danach zu fragen, worin der Erkenntnisgewinn dieser Deutung liegen mag. Schließlich könnte man einwenden, daß hier einfach ein „Ursprungs- mythos“ der Photographie, die Vera Ikon, gegen einen anderen, die Medusa, ausgetauscht wird. Während der Verweis auf die Christusikone und die damit verbundene auratische Wirkung der Selbstbildnisse den Vorzug hat, eine direkte Verbindung zu Warhols Star-Ikonen der 1960er Jahre herzustellen, wie zu dem kleinformatigen goldfarbenen Tondo Head of Marilyn Monroe von 1962, bleibt zunächst nichts anderes übrig, als auf der – notwendig subjektiven – ästheti- schen Erfahrung vor den beiden Bildern zu in- sistieren. Im folgenden soll deshalb kurz meine erste Begegnung mit ihnen auf einer Ausstellung zu Andy Warhols Selbstporträts beschrieben wer- den, die Ausgangspunkt für die hier vorgestellten Überlegungen war.4 Daran anschließend wird die Geschichte der Medusa rekapituliert, wobei die Bezüge zum Dispositiv der Photographie im all- gemeinen und der Stellenwert des Photographie- rens in Warhols Werk im besonderen aufgezeigt werden. Sodann wird der Interpretationspro- blematik, die sich bei der Analyse von Warhols Werken stellt, nachgegangen, um schließlich da- nach zu fragen, inwiefern eine Interpretation der beiden Selbstbildnisse als Medusa gerade dieser Problematik gerecht zu werden vermag. 3 D. Elger, Die beste Amerikanische Erfindung überhaupt – einfach verschwinden zu können, in: ders. (Hrsg.), Andy Warhol Selbstportraits/Self-Portraits, Ausstellungskatalog, St. Gallen, Kunstverein St. Gallen Kunstmuseum, 12.06.2004–12.09.2004, Hannover, Sprengel Museum, 03.10.2004–16.01.2005, Edinburgh, Scottish National Galle- ry of Modern Art, 12.02.2005–02.05.2005, Ostfildern-Ruit 2004, S. 94–109, hier S. 109. 4 Neben St. Gallen waren weitere Stationen der Ausstellung Hannover und Edinburgh. Sie sind Teil der „Founding Collection“ des Andy Warhol Museum, Pittsburg (The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts), Kunstharzfar- be und Siebdruckfarbe auf Leinwand, 35,6 x 35,6 cm.
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Volume LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Volume
LIX
Editor
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2011
Language
German, English
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Size
19.0 x 26.2 cm
Pages
280
Keywords
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Category
Kunst und Kultur
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