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160 Florian Neuburg
Thema Religion ab, besonders an den verschiedenen Auslegungen des Islams
von jeweils unterschiedlichen Leuten, mit denen sie im Laufe ihres Lebens
konfrontiert war bzw. ist. Sie versteht sich dabei selbst als religiösen Men-
schen und als Muslima, grenzt sich aber scharf gegen konservative und fana-
tische Auslegungen ihrer Religion ab. Sie beobachtet im Speziellen Nachtei-
le, die Mädchen und Frauen aus einer Auslegung von Religion erwachsen,
welche benutzt wird, um patriarchale Ordnungen zu errichten und zu repro-
duzieren. Sie selbst fühlt sich als „Überlebende“ solcher Gewaltzusammen-
hänge, denn mehrfach wurde sie von Männern bedroht, weil ihre Lebenswei-
se nicht einem konservativen Frauenbild entspricht.
„Und dann hab ich mir gedacht, äh wenn sie mich umbringen wollen, sollen sie mich
jetzt hier umbringen, aber sie ham auch nichts sehr dafür, weil sie kommen dann in Ge-
fängnis und dies und das, sie ham auch Leben verloren.“ (NI2: S. 13/Z20ff.)
Roxane kommt im Laufe der Zeit mit Personen in Kontakt, die eine gewalt-
same Form von Jihadismus32 vertreten. Sie selbst lehnt diese ideologischen
bzw. politischen Tendenzen strikt ab.
Jugendarbeit
Die Jugendarbeit wird in Form verschiedener Einrichtungen kurz nach der
Ankunft Roxanes in Österreich zu einem Fixpunkt in ihrem Leben. Es ent-
steht ein tragfähiges Vertrauensverhältnis, speziell zu einzelnen Bezugsper-
sonen, welches es Roxane erlaubt, mit allen Fragestellungen und Problemen
ihres Lebens bei den SozialarbeiterInnen anzudocken. In Hinblick auf die in
vielerlei Hinsicht schwierigen Lebenslagen Roxanes kann somit eindeutig ein
Effekt der vorbeugenden Prävention durch die Jugendarbeit festgestellt wer-
den.
Den Kontakt zur Jugendarbeit erklärt Roxane retrospektiv zu einem zent-
ralen Einflussfaktor auf den Verlauf ihrer Biografie und auf ihre Persönlich-
keitsentwicklung. Die Lebenserzählung erweckt phasenweise den Eindruck,
als hätte die mobile Jugendarbeit sie zu einem neuen Menschen gemacht. So
monokausal wird Roxanes Persönlichkeitsentwicklung vermutlich nicht ver-
laufen sein, aber die Jugendarbeit setzte ganz offensichtlich wichtige Impul-
se.
„Weil die setzen sich mit dir hin als Sozialarbeiter und sie sagen dir-, weil ich war auch
selber so gewalttätig und hab anders gedacht. Hab gesagt so, ja wenn jemand kurz an-
zieht ist so und so, hab ich mir auch gedacht, weil ich hab das so gesehen von Familie.
Und dann hat-, ham sie sich mit mir geredet, (Roxane, Name anonymisiert) schau
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32 Zur Charakterisierung jihadistischer Bewegungen vgl. Lohlker 2008, S.243, sowie Schmi-
dinger 2015.
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Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Title
- Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
- Subtitle
- Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Author
- Hemma Mayrhofer
- Publisher
- Verlag Barbara Budrich
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-8474-1130-7
- Size
- 14.8 x 21.0 cm
- Pages
- 378
- Keywords
- Society & social sciences, Social services & welfare, criminology, Social welfare & social services, Social work
- Category
- Geisteswissenschaften