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1 Einleitung
Das Spannungsfeld von MĂĽndlichkeit und Schriftlichkeit ist durch differente
Kommunikationsbedingungen, Domänen und Funktionen geprägt. Während
erstere interaktiv und von einer wechselseitigen Beeinflussung gekennzeichnet
ist, wird Schriftlichkeit durch die raum-zeitliche Distribution, die dauerhafte
Tradierung von Wissen in Form von Texten und eine raumzeitliche Distanz, die
eine Dekontextualisierung mit sich bringt, charakterisiert. Gesprochene Sprache
ist dagegen stark situations- und kontextbezogen und in der Regel mit der
raumzeitlichen Nähe der Gesprächspartner verbunden. Daraus folgen: Sponta-
neität und weitgehend freie Themenentwicklung auf der einen, geplante For-
mulierung und wiederholte Revisionsmöglichkeiten auf der anderen Seite. Der
hervorstechendste Unterschied liegt aber in der weitgehend einheitlichen Ver-
wendung der geschriebenen Sprache durch eine starke Orientierung an einer
wie auch immer gearteten Norm seit Beginn der FrĂĽhen Neuzeit, der ein groĂźes
Varianzspektrum je nach Individuum, Gruppe, Situation oder Ort der Verwen-
dung gesprochener Sprache gegenĂĽbersteht: Varianz als Grundcharakteristi-
kum gesprochener Sprache (vgl. Fiehler et al. 2004: 130). Doch wie können
sprachliche Besonderheiten mĂĽndlicher Kommunikation trotz dieser Vielfalt
beschrieben und systematisch erfasst werden? Besonders anschaulich wird
diese Problematik in Arbeiten zu syntaktischen Phänomenen gesprochener
Sprache: Während in einem geschriebenen Text der Satz zu den grundlegenden
grammatischen Einheiten gezählt werden kann, sind mündliche Äußerungen
häufig nicht satzförmig – sie sind durch eine starke Situations- und Kontextge-
bundenheit gekennzeichnet, was z.B. Ein-Wort-Ă„uĂźerungen oder empraktische
Redezüge möglich und kommunikativ verstehbar macht. Die Ko-Präsenz der
Sprecher/-innen und die zeitlich synchrone Produktion und Rezeption der Ă„u-
Ăźerungen kann auch zu ko-konstruierten Strukturen, zu AbbrĂĽchen, Reparatu-
ren und Expansionen führen. Mündliche Kommunikation kann zunächst nur in
Gesprächsbeiträge mehrerer Sprecher/-innen eingeteilt werden – inwiefern
diese überhaupt als satzförmig bezeichnet werden können bzw. welche Rolle
die schriftbasierte Kategorie Satz in der Grammatik-schreibung gesprochener
Sprache ĂĽberhaupt einnehmen kann, ist dabei fraglich.
Diese Problematik der gegenstandsadäquaten Beschreibung gesprochener
Sprache und ihrer grammatiktheoretischen Fundierung findet in der Jugend-
sprachforschung dagegen wenig Beachtung, was u.a. daran liegt, dass syntakti-
sche Phänomenbereiche generell selten in den Fokus von Jugendsprachfor-
scher/-innen geraten. Einerseits sind z.B. lexikalische oder phraseologische
Besonderheiten, spezifische kommunikative Routinen (z.B. Frotzeln, Dissen)
DOI 10.1515/9783110503302
Open Access © 2020Melanie Lenzhofer, publiziert vonWalter de Gruyter GmbH.
lizenziert unter der Creative CommonsAttribution 4.0 Lizenz.
Dieses Werk ist
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Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Title
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Subtitle
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Author
- Melanie Lenzhofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Size
- 14.8 x 22.0 cm
- Pages
- 502
- Category
- Geographie, Land und Leute