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60 | Theoretische Voraussetzungen
Konzept“,78 das der anglo-amerikanischen Soziolinguistik entstammt, zurück-
geht. Es fuĂźt auf der Annahme, dass bestimmte sprachliche Mittel von einer
spezifischen Altersgruppe – entweder ausschließlich oder zumindest bevorzugt
– verwendet werden, dass es also beispielsweise Formen gibt, „which are used
only by children in the peer-oriented stage, and which are transmitted from one
generation of children to the next without ever being used by adults“ (Hudson
1980: 16). Darunter fallen neben kulturspezifischen auch biologisch begrĂĽndete
altersexklusive Erscheinungen wie das Zittern der Stimme betagter Menschen
oder phonologische Merkmale des Stimmbruchs bei Jugendlichen.79 Mit Blick
auf die oben besprochene Ausdifferenzierung der Kategorie Alter wird offen-
sichtlich, dass die Annahme sprachlicher „age markers“ (Helfrich 1979) als
spezifische Kennzeichen des Sprachgebrauchs von Sprecher/-innen bzw. Spre-
chergruppen in einzelnen Lebensabschnitten nicht haltbar ist und unter den
Begriff der „age-exclusiv features“ de facto nur jene sprachlichen Besonderhei-
ten fallen, „die wesentlich aufgrund von körperlichen Veränderungen einer
bestimmten Altersstufe auftreten, so etwa der Stimmbruch bei männlichen
Jugendlichen“ (Kohrt/Kucharczik 1998: 33) – der Einfluss der sozial-situativen
Dimension auf die Wahl der Sprachmittel in der Kommunikation bleibt jedoch
unbeachtet (vgl. Kohrt/Kucharczik 1998: 34).
Mit der Einsicht, dass eine Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes
nicht allein auf Grundlage des Alters der Personen erfolgen kann, muss also
eine terminologische Einschränkung im Rahmen einer deskriptiv orientierten
wissenschaftlichen Auseinandersetzung einhergehen. So besteht mittlerweile in
der Jugendsprachforschung Konsens darüber, „dass man […] nicht von einem
altersexklusiven Gebrauch jugendsprachlicher Merkmale und Muster ausgehen
kann, denn auch Erwachsene sowie auch Kinder machen von jugendsprachli-
chen Ausdrucksweisen Gebrauch“ (Neuland 2008: 55). Mit Verweis auf die Ge-
brauchsfrequenz bestimmter sprachlicher Muster wird deshalb die Unterschei-
dung von alterspräferentiellen gegenüber altersexklusiven Merkmalen
bevorzugt und im Rahmen der variationslinguistisch orientierten Jugendsprach-
||
may be age-preferential, in that they occur more frequently in some stages of life than in oth-
ers.” (Cheshire 1987: 761).
78 Zum Age grading im Sinne einer altersbezogenen Differenzierung vgl. neben Cheshire
(1987) auch Chambers (1995, 8 und 188) und Eckert (1997).
79 Zu biologisch bedingten Veränderungen im Sprachverhalten (z.B. geringeres Sprechtempo
oder Veränderung der Stimmqualität durch Veränderungen des Kehlkopfs, der Muskeln und
der Stimmlippen) im Verlauf des Lebens vgl. z.B. Helfrich (1979) oder Kohrt/Kucharczik (1998,
29).
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Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Title
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Subtitle
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Author
- Melanie Lenzhofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Size
- 14.8 x 22.0 cm
- Pages
- 502
- Category
- Geographie, Land und Leute