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Sprachvariation und Alter | 61
forschung v.a. ersterem Bereich, dem in einer Altersgruppe bestehenden ge-
häuften Vorkommen einzelner Varianten, erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt.
Doch auch wenn fĂĽr die Beschreibung von Jugendsprache das Konzept von
Varietäten als „Verdichtungen in einem Kontinuum“ (Berruto 2004: 189) heran-
gezogen und eine terminologische Ausdifferenzierung von altersexklusiven und
-präferentiellen Merkmalen bzw. Varianten verfolgt wird, so wirft die Annahme
mehr oder weniger distinktiver Varietäten im Detail dennoch Fragen auf, die für
die Varietätenlinguistik generell gelten und die sich in Bezug auf den ohnehin
äußerst inhomogenen Untersuchungsgegenstand Jugendsprachen umso stärker
aufdrängen (vgl. Fiehler et al. 2004: 142): Wie homogen muss eine Varietät sein,
um als solche gelten zu können? Wie geht man mit varietäteninterner Varianz,
etwa in Form von gruppeninternen Unterschieden in der Jugendkommunikati-
on, um? In wie viele Subvarietäten kann eine solchermaßen altersgebundene
Varietät ausdifferenziert werden? Muss sich die Gemeinschaft der Sprecher/-
innen – etwa eine Gruppe von Jugendlichen – dessen bewusst sein, dass sie
eine Varietät verbindet, damit sie als solche gelten kann?
Die innerhalb der Varietätenlinguistik bekannten definitorischen Probleme
und die Anwendung des Begriffs auf Phänomene tatsächlichen Sprachge-
brauchs liegen besonders fĂĽr den Untersuchungsgegenstand Jugendsprache(n)
auf der Hand: Sie als diastratische Varietät zu fassen, scheitert an der Inhomo-
genität jugendlicher Gruppen bezüglich der Schichtzugehörigkeit einzelner
Gruppenmitglieder, deren Sprachgebrauch darĂĽber hinaus stark von den Medi-
en, die die Jugendlichen verwenden, abhängt. Neuland (2008) zieht daraus die
Schlussfolgerung,
dass eine sprachsystembezogene Sichtweise, wie sie […] den Variationsmodellen zugrun-
de liegt, die spezifischen Sprachunterschiede nur sehr unzureichend erfassen und keines-
falls erschöpfend beschreiben oder gar erklären kann. (Neuland 2008: 69)
Stattdessen sei von einem „multidimensionalen Varietätenraum“ auszugehen,
der neben diachronischen, diatopischen, diastratischen und diaphasischen
Varietäten weitere substandardsprachliche kommunikative Ressourcen für den
Sprachgebrauch Jugendlicher umfasst (vgl. Abbildung 2).80
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80 Die Abbildung basiert auf folgendem Aufsatz von Neuland (2000): „Jugendsprache in der
Diskussion: Meinungen, Ergebnisse, Folgerungen“.
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Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Title
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Subtitle
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Author
- Melanie Lenzhofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Size
- 14.8 x 22.0 cm
- Pages
- 502
- Category
- Geographie, Land und Leute