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Sprachvariation und Alter | 83
ren“ und einer „äußeren Mehrsprachigkeit“115 erfasst werden. Diese Perspektive
der situationsbedingten sprachlichen Variation des Individuums wird im Regis-
terkonzept aufgegriffen und mit dem Fokus auf den temporären Sprachge-
brauch in einer bestimmten sprachlichen Situation bzw. während einer sprach-
lichen Aktivität verknüpft (vgl. Halliday 1978). Mit dem Registerkonzept ist
dabei zusätzlich der Bezug zum grammatischen Diskurs gegeben, ohne den
Fokus auf habituelles Sprachverhalten einzuengen. Ein weiterer Vorteil des
Registerkonzepts liegt in seiner Konzentration auf nicht nur situative, sondern
auch soziale Einflussgrößen, nämlich jene des Sprachgebrauchsfeldes und des
Tenors, der die sozialen Beziehungen zwischen den Interaktanten betrifft.
Aus diesen Ăśberlegungen werden fĂĽr das vorliegende Forschungsvorhaben
folgende (Teil-) Definitionen abgeleitet:
– Jugendsprache(n) in Osttirol ist bzw. sind Teil eines dialektalen Registers,
das gruppenspezifische Sprach- bzw. – in Bezug auf verbale Interaktion –
Sprechstile enthält. Es ist nicht von der Jugendsprache als mehr oder weni-
ger abgrenzbare Varietät im Sinne eines Subsystems, sondern von mehre-
ren situationsbedingten komplexen sprachlichen Registern auszugehen, die
die jugendlichen Sprecher/-innen Osttirols je nach Funktionalitätsanspruch
einsetzen können. Die innergenerationell in den Peergroups verwendeten
konversationellen Stile setzen sich aus Elementen verschiedener Varietä-
ten, Stile und u.U. Fremdsprachen zusammen, die in ihrer gruppenspezifi-
schen Ausprägung identitätsbildend wirken können. Einzelsprecher- und
gruppenübergreifend wird dabei – in innergenerationeller Freizeitkommu-
nikation, die die Grundlage der empirischen Analyse bildet – der südbairi-
sche Dialekt als unmarkierte Normallage des Sprechens verwendet.
– Die Jugendkommunikation wird mit Neuland (2000; 2008: 69) als Teil eines
multidimensionalen Varietätenraums begriffen, aus dem Jugendliche
Sprachmittel schöpfen, dem sie aber gleichzeitig neue hinzufügen,
wodurch mitunter Sprachwandelprozesse vorangetrieben werden. Jugend-
spezifisches Sprechen wird als Phänomen aufgefasst, das nicht an die Ado-
leszenz gebunden ist, sondern auch anderen Altersgruppen als Ressource
zur Verfügung steht und medial aufgegriffen und in veränderter Form wei-
||
115 Diese Unterscheidung zwischen innerer und äußerer Mehrsprachigkeit geht auf Wandrus-
zka (1979) zurück. Er schreibt: „Schon in unserer Muttersprache sind wir mehrsprachig in allen
Regenbogenfarben des soziokulturellen Spektrums“ (Wandruszka 1979: 38) und meint damit
den Gebrauch verschiedener Varietäten, Stile und Register beim Individuum. Zu dieser inneren
Mehrsprachigkeit kann eine äußere Mehrsprachigkeit in Form von Fremdsprachenerwerb
hinzukommen.
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Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Title
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Subtitle
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Author
- Melanie Lenzhofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Size
- 14.8 x 22.0 cm
- Pages
- 502
- Category
- Geographie, Land und Leute