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Sprachvariation und gesprochene Sprache | 101
SĂ€tze oder auch Text- und Diskurssequenzen umfassende Ganzheiten fĂŒr die
Frage nach der quantitativen Verteilung bestimmter Varianten im Vergleich der
Jugend- mit der Erwachsenenkommunikation ebenso wenig eignet. Denn damit
droht eine âExplosion der Zahl von Konstruktionen in einer Grammatik und
damit eine Auflösung der Grammatikâ (Imo 2007b: 38), die die Frage, welche
Konstruktionen eigentlich untersucht werden sollen, schier unbeantwortbar
erscheinen lÀsst.142 Es soll jedoch festgehalten werden, dass der Begriff der Kon-
struktion im Rahmen der vorliegenden Arbeit verwendet wird, um skriptizistisch
geprĂ€gte Begriffe wie Satz vermeiden zu können.143 DiesbezĂŒglich wird also eine
vortheoretische Auffassung von Konstruktion verfolgt, die etwa auch Au-
er/PfĂ€nder (2011: 8) als âa convenient way of avoiding the problematic and
presupposing notion of a sentenceâ beschreiben.
3.2.2.3 Funktionale Pragmatik
WÀhrend AnsÀtze der Interaktionalen Linguistik und der Konstruktionsgram-
matik in den letzten Jahren vermehrt Eingang in Arbeiten zur Syntax gespro-
chener Sprache gefunden haben, sind grammatisch orientierte AnsÀtze der
funktionalen Pragmatik (FP)144 weniger stark berĂŒcksichtigt worden.145 Im Fol-
genden soll aber erlÀutert werden, inwiefern ein Blick auf grundlegende Kon-
zepte der FP fĂŒr eine grammatiktheoretische Auseinandersetzung mit gespro-
chener Sprache-in-Interaktion lohnend sein könnte.
Ăhnlich wie die Konstruktionsgrammatik war die Herausbildung der funk-
tionalen Pragmatik maĂgeblich durch Kritik an bestehenden, in diesem Fall
strukturalistischen AnsĂ€tzen motiviert (vgl. BrĂŒnner/Graefen 1994: 1011). Diese
Kritik bestand v.a. in der reduzierten Perspektive der Strukturalisten auf die
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142 TatsÀchlich ist die umfassende Arbeit an Korpora im Rahmen der KxG bisher eher selten
vertreten (vgl. Deppermann 2011: 218). Einen Ăberblick ĂŒber quantitative korpuslinguistische
Methoden in der KxG geben Ziem/Lasch (2013: 68).
143 Dies erweist sich z.B. als sinnvoll, wenn eine mit weil begonnene ĂuĂerung eines Spre-
chers von einem der anderen GesprÀchsteilnehmer unterbrochen wird, und diese damit nicht
als weil-Satz, wohl aber als weil-Konstruktion bezeichnet werden kann.
144 Arbeiten der funktionalen Pragmatik sind auch unter dem Begriff der funktional-
pragmatischen Diskursanalyse (vgl. z.B. GrieĂhaber 2001) bekannt. Aufgrund der weiter oben
bereits angesprochenen semantischen Mehrdeutigkeit von Diskurs wird im Folgenden jedoch
auf den Zusatz Diskursanalyse verzichtet.
145 Eine Ausnahme bildet dabei u.a. ein Aufsatz von Hennig (2007) zur TemporalitÀt in ge-
sprochener Sprache, in dem die Autorin Möglichkeiten der Anwendung der Feldergrammatik
in der Ausdifferenzierung nach Bondarko (1991) und damit einhergehend funktional-
pragmatischer Konzepte auf gesprochene Sprache-in-Interaktion beleuchtet.
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Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Title
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Subtitle
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Author
- Melanie Lenzhofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Size
- 14.8 x 22.0 cm
- Pages
- 502
- Category
- Geographie, Land und Leute