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Parataxe und Hypotaxe | 227
desgesprÀchen der Jugendlichen wird nur etwas mehr als jede zehnte satzför-
mige ĂuĂerung subordinierend realisiert. Mit einem Anteil von mehr als 86%
Hauptsatzkonstruktionen scheint sich in der Osttiroler Jugendkommunikation
eine PrĂ€ferenz fĂŒr aggregative286 Satzkonstruktionen abzuzeichnen.
Dieses Zwischenergebnis darf jedoch nicht unreflektiert stehen bleiben.
SchlieĂlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein abhĂ€ngiger Hauptsatz ohne
Junktion anstelle des entsprechenden alternierenden Nebensatzes mit einlei-
tender Subjunktion realisiert wird, vom im Matrixsatz vorkommenden finiten
Verb und dessen Semantik abhÀngig (vgl. Kapitel 4.2.3.1).287 Aus diesem Grund
sollen im Folgenden bestimmte Verben in den Blick genommen werden, bei
denen beide Varianten (Matrixsatz + abhĂ€ngiger Hauptsatz â Matrixsatz + Ne-
bensatz) möglich sind, und die in allen drei Teilkorpora in hoher Frequenz be-
legt sind. Dies ist bei den Verba dicendi bzw. sentiendi sagen, glauben, meinen
und denken der Fall.
Wie aus untenstehender Tabelle 18 zu entnehmen ist, finden sich in Teil-
korpus JD 142, in Teilkorpus ED 167 und in Teilkorpus GF 195 Konstruktionen
mit sagen/glauben/meinen/ denken, denen entweder eine abhÀngige Verbzweit-
konstruktion oder eine Nebensatz-konstruktion mit Subjunktion dass nachfolgt.
Bevor die Ergebnisse dieser Frequenzanalyse nÀher beschrieben werden,
mĂŒssen noch drei ĂuĂerungskontexte genannt werden, die nicht in die Auswer-
tung einbezogen werden: Erstens können â wie weiter oben schon erwĂ€hnt
wurde (vgl. Kapitel 4.2.3.1.) â ĂuĂerungen, in denen die Verben sagen, glauben,
meinen, denken als lexikalisierte Diskursmarker verwendet werden, nicht als
abhĂ€ngige Verbzweitkonstruktionen klassifiziert werden. Diese solchermaĂen
in der mĂŒndlichen Kommunikation als NĂ€hezeichen eingesetzten ich
mein/sag/glaub/denke-Konstruktionen können eine Intonationsphrase einlei-
tend (Bsp. 116), aber auch im Verlauf des Intonationsbogens einer ĂuĂerung
auftreten (Bsp. 117):
Beispiel 116: na waasch i maan der computer is OBgstĂŒrzt und er hot olles verLOren;=nit- [ED
3, Z.: 246f.]
||
286 Der Begriff der Aggregation wird als Gegenpol zur Integration in der Beschreibung gespro-
chener Sprache verwendet, um die ihr zugrundeliegende AdditivitÀt stÀrker zu akzentuieren.
Aggregation ist dabei im Sinne eines Aufeinanderfolgens bzw. Nebeneinanderstellens von
ĂuĂerungen in mĂŒndlicher Kommunikation zu verstehen; zur nĂ€heren Auseinandersetzung sei
auf Ăgel (2003) und Hennig (2006: 9394) verwiesen, der Begriff Aggregation geht Hennig
(2006: 93) zufolge auf Raible (1992) zurĂŒck.
287 Auf diese âVerzerrungâ quantitativer Analysen aufgrund der lexikalischen Steuerung der
Bezugsverben weist auch Auer (2002: 134) hin.
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Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Title
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Subtitle
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Author
- Melanie Lenzhofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Size
- 14.8 x 22.0 cm
- Pages
- 502
- Category
- Geographie, Land und Leute