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236 | Empirische Analysen
WV2 weisen – im Vergleich mit RV2 und KV2 – demnach den höchsten Grad an
Desintegriertheit auf, lediglich intonatorisch können sie (aber müssen nicht!) in
ihren Bezugssatz integriert sein, weshalb sie Antomo/Steinbach auch als „opti-
mal desintegrierte Strukturen“ (Antomo/Steinbach 2010: 15) bezeichnen. KV2
sind dagegen stark integriert: Auch wenn die satzeinleitende Subjunktion dass
getilgt wird, so verbinden KV2 mit dem Nebensatz mit Verbletztstellung immer
noch vier gemeinsame Merkmale (die mögliche Integration in Interrogativsätze,
ihre Realisierung in Äußerungen mit Quantoren-Variablen-Bindung, das Vor-
kommen assertierender Fokuspartikeln und ihre prosodische Integration). Eine
Zwischenposition nehmen hier die Relativsatzkonstruktionen mit Verbzweitstel-
lung ein. Sie „sind stärker in den Matrixsatz integriert als WV2, aber weniger
stark als VL-Komplementsätze“ (Antomo/Steinbach 2010: 15). Mit KV2 haben sie
gemeinsam, dass sie prosodisch integriert sind, semantisch äquivalent wie ihre
Verbletzt-Variante (restriktiv) verwendet werden können und dass sie gemein-
sam mit assertierenden Fokuspartikeln realisiert werden können. Mit WV2 ver-
bindet sie v.a. die syntaktische und pragmatische Desintegration.
Die GrĂĽnde fĂĽr das Vorkommen von Verbzweitkonstruktionen trotz norm-
grammatisch erwartbarer Verbletztstellung sind dabei vielfältig. Oft ins Feld
geführt wird die – im Gegensatz zu den vergleichbaren Verbletzt-Nebensätzen –
angeblich leichtere Produktion und Rezeption im Rahmen mĂĽndlicher Kommu-
nikation (vgl. z.B. Schwitalla 2003: 107), die vor allem in Bezug auf durch
Konnektoren (weil, obwohl, dass, wobei u.a.) eingeleitete Verbzweitnebensätze
als Vorteil angesehen wird. So merkt etwa Abraham (2013) mit Blick auf dass-
Verbzweitsätze (z.B.: „Und dazu kommt, dass sie haben unbegrenzte Zeit“ (Ab-
raham 2013: 265)) an, dass es sich beim Gebrauch solcher Verbzweitstellungen
lediglich um ein Performanzphänomen, einen „performance issue“, handle,
nämlich „one where the speaker stops after beginning with subordinating dass
and proceeds, after a new prosodic onset, with a V2-assertion“ (267). Daraus
leitet Abraham kommunikative Vorteile ab, die er wie folgt zusammenfasst:
The speaker does not have to make a choice dependent on the matrix predicate which he
has chosen and uttered already (e.g. factive vs. non-factive); he is allowed to insert modal
hedges independent of the type of matrix predicate – all choices that would not be open to
the speaker under subordination and Vlast. (Abraham 2013: 267)
Mit der Realisierung als Verbzweitkonstruktion geht also in vielen Fällen auch
ein größerer Spielraum in der informationsstrukturellen Umsetzung einher.
Diesen Umstand spricht auch Breindl (2009: 294) an, wenn sie schreibt: „Das
zusätzliche linke Außenfeld eröffnet Gestaltungsmöglichkeiten für Topikalisie-
rungs-und Fokussierungsverfahren, die VL- und einfache V2-Sätze nicht ha-
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Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Title
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Subtitle
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Author
- Melanie Lenzhofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Size
- 14.8 x 22.0 cm
- Pages
- 502
- Category
- Geographie, Land und Leute