Page - 419 - in Jugendkommunikation und Dialekt - Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
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Person als einer bestimmten sozialen Gruppe zugehörig kategorisiert.501 Diese
soziale Kategorisierung durch die Sprecherin wird bereits mit der lexikalischen
Zuschreibung der Person als âAssiâ in Z. 1045 angekĂŒndigt. Dass die sprachli-
che Umsetzung in der animierten Rede des âAssisâ als sozialer Typ von den
GesprÀchspartner/-innen auch als solche wahrgenommen wird und damit ge-
lungen ist,502 zeigt sich in deren Reaktion: Bar bricht in Lachen aus, in das Ni die
GesprĂ€chssequenz abschlieĂend selbst einstimmt.
Es zeigt sich also bereits im Rahmen der Frequenzanalyse, dass in ErzÀhl-
passagen der Jugendlichen vorkommende formale Spezifika nicht unabhÀngig
von deren diskursivem Kontext in der Gruppenkommunikation beschrieben
werden können. Das nachfolgende Kapitel nimmt daher Passagen animierter
Rede und die in ihr vorkommenden Quotativmarker (bzw. des Zero-Quotativs)
in ihrem kommunikativen Kontext stÀrker in den Blick.
4.4.3.3 Animierte Rede in ihrem kommunikativen Kontext
WÀhrend in den vorangegangenen Kapiteln der Fokus verstÀrkt auf den forma-
len Charakteristika der verschiedenen Quotativ-Konstruktionstypen hinsichtlich
ihrer verbalen und paraverbalen Ausgestaltung sowie ihrer Frequenz in der
Osttiroler Jugend- im Vergleich zur Erwachsenenkommunikation lag, sollen im
Folgenden GesprÀchssequenzen animierter Rede im Rahmen ihres kommunika-
tiven Kontexts betrachtet werden. Die ĂuĂerungen dĂŒrfen dabei nicht isoliert
als Einzel-SÀtze betrachtet werden, sondern die spezifische QualitÀt der ani-
||
501 Wie diese Prozesse sozialer Kategorisierung mit dem Sprachhandeln in animierter Rede
zusammenhĂ€ngen, wird schon bei Kallmeyer (1994) angesprochen: Ihm zufolge hat âdas Wie
des sprachlichen Handelns eine spezifische Ausdrucksfunktion. Wir sprechen in diesem Zu-
sammenhang von Symbolisierung. Sehr deutlich werden symbolisierende Eigenschaften des
Sprechens bei der andeutenden, imitierenden oder karikierend-ĂŒbertreibenden Wiedergabe
von Eigenschaften eigenen oder fremden Kommunikationsverhaltensâ (Kallmeyer 1994: 25).
502 Die erfolgreiche Ausgestaltung eines typisierenden Codes hÀngt vom die Peergroup ei-
nenden gemeinsamen âRepertoire diskursiver Musterâ (Spreckels 2006: 388) ab. In der von
Spreckels untersuchten MĂ€dchengruppe wird etwa die âKleine-MĂ€dchenâ-Stimme benutzt, um
andere MĂ€dchen auĂerhalb der Peergroup als âbesonders âmĂ€dchenhaftâ, zimperlich, dumm
und naivâ (Spreckels 2006: 389) darzustellen. Dialekt wird dagegen bei der Wiedergabe frem-
der (fiktiver) Rede eingesetzt, um âDörflichkeit, ProvinzialitĂ€t und Ignoranz zum Ausdruck zu
bringenâ (390). Daran zeigt sich auch die Gruppenspezifik: Bei den Jugendlichen aus Osttirol
ist Dialekt als typisierender Code in dieser Form nicht im Gebrauch. Hier wird vielmehr hÀufig
eine standardnahe Gestaltung der Redewiedergabe eingesetzt, um die Wir-Gruppe gegenĂŒber
Fremd-Gruppen zu kontrastieren.
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Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Title
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Subtitle
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Author
- Melanie Lenzhofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Size
- 14.8 x 22.0 cm
- Pages
- 502
- Category
- Geographie, Land und Leute