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434 | Empirische Analysen
einleitend dargelegt wurde, dienen Zitatmarker prinzipiell der szenischen Ver-
gegenwärtigung animierter Rede, indem in die zur Sprechzeit stattfindende
Kommunikation wie durch das Ă–ffnen eines Fensters (vgl. BrĂĽnner 1991) eine
weitere Kommunikationsebene einer erzählten Zeit eingeblendet wird. Im Ver-
gleich der einzelnen Konstruktionstypen zeigt sich in Bezug auf kompakte
Strukturen als Zitatmarker, dass sie (und auch der Zero-Quotativ) ihre spezifi-
schen Funktionen vor allem im Rahmen narrativer Sequenzen entfalten, und
hier besonders beim szenischen Schildern schnell aufeinanderfolgender verba-
ler (und nonverbaler) Ereignisse. Kompakte Quotativ-Konstruktionen wie ich
(so) + x (häufig alternierend mit Zero-Quotativ) unterstreichen den Performanz-
charakter, die Dramatik und Dynamik der erzählten Szene. Besonders hervor-
zuheben ist in diesem Zusammenhang – wie am Ende von Kapitel 4.4.3.2. und
in Kapitel 4.4.3.3. gezeigt wurde – die prosodische Ausgestaltung der animier-
ten Rede, die eine zusätzliche Markierung des Zitats als solches durch sprachli-
che Quotativmarker ĂĽberflĂĽssig macht. Die paraverbale Modulation mit gege-
benenfalls ergänzendem Code-Switching dient dabei einerseits dazu, Distanz
zwischen sprechende Person und zitierter (fremder) Rede zu schaffen und diese
somit als Redewiedergabe zu kennzeichnen und ihre Bedeutung zu kontextuali-
sieren, andererseits werden aber auch soziale Typen (z.B. der Assi) evoziert oder
der Peer-Group bekannte Personen in wiederkehrenden prosodischen Mustern
identifiziert. Damit geht also implizit auch ein Transfer von Einstellungen des
Sprechers/der Sprecherin gegenĂĽber der zitierten Rede und gegebenenfalls eine
Evaluation der zitierten Äußerungen bzw. der zitierten Person (z.B. als „dümm-
lich“, „kindlich“, „übertrieben“ etc.) einher. Die spezifische verbale, paraverba-
le und nonverbale Ausgestaltung animierter Rede in Kombination mit dem
(mitunter auch alternierenden) Einsatz kompakter Quotativkonstruktionen, des
Zero-Quotativs oder Quotativkonstruktionen mit Verbum dicendi trägt somit
auch zur Abgrenzung der Wir-Gruppe gegenĂĽber auĂźenstehenden Personen
bzw. Gruppen bei. Die spezifischen Funktionen der paraverbalen Modulation
bzw. des Gebrauchs von Code-Switching sind dabei nur in ihrer Kontextsensiti-
vität innerhalb der Gruppe der interagierenden Gesprächsteilnehmer/-innen zu
erfassen. Dies betont auch GĂĽnthner, wenn sie in Bezug auf Redewiedergaben
festhält:
Eine Erhöhung des Tonhöhenregisters, ein Codeswitching in den Dialekt oder eine Ver-
langsamung des Sprechtempos können unterschiedliche Funktionen innehaben – je nach
Kontext bzw. je nach Kookkurrenz mit anderen Zeichen. Die Multifunktionalität und Kon-
textsensitivität […] stellt jedoch […] für Interagierende kein Problem, sondern eine wichti-
ge kommunikative Ressource dar. (GĂĽnthner 2007b: 82)
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Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Title
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Subtitle
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Author
- Melanie Lenzhofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Size
- 14.8 x 22.0 cm
- Pages
- 502
- Category
- Geographie, Land und Leute