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buch der speziellen medicinischen Pathologie und Therapie“7, das binnen
weniger Jahre mehrfach neu aufgelegt und ins Italienische übersetzt wurde,
und unter dem Titel „Principia Pathologiae“ auch in lateinischer Sprache, der
lingua franca der damaligen Wissenschaftswelt, erschien.8 In seinen Werken
war Raimann stets auf Übersichtlichkeit und Verständlichkeit seiner Darstel-
lung bedacht, war es doch sein Ziel, „die wichtigen Grundbegriffe genau zu
entwickeln, mich einfach und deutlich auszudrücken, vom Leichteren zum
Schwereren so viel möglich stufenweise überzugehen, wichtigere Sätze kurz
zu erläutern, selbst wiederholt anzuführen, und in dem Vortrage mich an
einen bestimmten (…) Gang festzuhalten.“9 Ob Raimann die angestrebte
Verständlichkeit in seinem schriftstellerischen Werk tatsächlich gelungen ist,
wird der Leser im Zuge der noch folgenden Ausführungen selbst zu beurtei-
len die Möglichkeit haben.
Das mit diesen Schriften erworbene Ansehen führte, im Verbund mit seinen
Verdiensten bei der Bekämpfung der Pest sowie mit der Tatsache, dass „er
sich bald durch sehr glückliche Curen auszeichnete“,10 zur Bestellung Rai-
manns zum provisorischen Direktor des Allgemeinen Kranken- und Findel-
hauses in Wien. Raimann folgte in dieser Funktion dem 1818 verstorbenen
Valentin von Hildenbrand nach, dessen Professur an der Universität er eben-
falls übernahm; 1820 wurde er definitiv zum Direktor des Allgemeinen
Krankenhauses ernannt.11
Vor Raimanns Regime muss das Wiener Allgemeine Krankenhaus wahrlich
ein Pfuhl der Übelstände und der ärztlichen Willkür gewesen sein, tief ver-
strickt in Unredlichkeiten, so tief, dass die Zahl der Missstände kaum auf-
zählbar war: „Il nous serait impossible d’énumérer tous les abus qui, sous la
7 Johann Nepomuk Raimann, Handbuch der speziellen medicinischen Pathologie und
Therapie, für akademische Vorlesungen bearbeitet, 2 Bde. (Wien 1816).
8 Johann Nepomuk Raimann, Principia pathologiae ac therapiae specialis medicae, usui
academico adcommodata, 2 Bde. (Wien 1835).
9 Johann Nepomuk Raimann, Handbuch der speziellen medicinischen Pathologie und
Therapie, für akademische Vorlesungen bearbeitet, Bd. 1 (Wien ²1823), S. X. Auch im
Folgenden wird Raimanns „Handbuch“ nach der 1823 erschienenen zweiten Auflage
zitiert.
10 Oesterreichische National-Encyclopädie, oder alphabetische Darlegung der wissens-
würdigsten Eigenthümlichkeiten des österreichischen Kaiserthumes, Bd. 4 (R bis Sedria)
(Wien 1836), s.v. Raimann, Joh. Nep. Edler v., S. 339f., 339.
11 Zur Geschichte des Wiener AKH vgl. Helmut Wyklicky, Manfred Skopec (Hrsg.), 200
Jahre Allgemeines Krankenhaus in Wien (Wien 1984).
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Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832