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direction de M. de Raimann, y furent abolis, toutes les améliorations qui y
furent introduites […]“.12 Raimann brachte, wie es scheint, das Wiener AKH
so recht auf Vordermann. Konsultiert man die einschlägige medizinge-
schichtliche Literatur, so bietet sich – Raimanns Direktion des Allgemeinen
Krankenhauses betreffend – ein vielleicht zwar weniger heroisches, aber
differenzierteres, wenn auch nicht unbedingt weniger verdienstvolles Bild.
Hier nur ein Beispiel, das sich auf ein konkretes Leiden, den Typhus, be-
zieht: „Die Behandlung des Typhus mit kalten Waschungen wurde beibehal-
ten; es rühmte namentlich der Primararzt Schiffner die günstigen Erfolge, die
er damit erzielte.“13
Typhus, nun ja: Eine Krankheit, die Raimann als Hautausschlag klassifizier-
te, und zwar als eine Form der „rothfleckige[n] acute[n] Hautausschläge“:
„Der ansteckende Typhus (typhus contagiosus) nach Hildenbrand (von tu-
foj, Betäubung), ist eine fieberhafte, ansteckende Ausschlagskrankheit eige-
ner Art, deren wesentliche Aeußerungen in den Erscheinungen eines anfangs
entzündlich-catarrhösen, später nervösen Fiebers mit einem auffallenden
Leiden der Leber, Betäubung mit Delirium (Typhomanie), und in einem
Ausschlage bestehen, welcher entweder, wie meistens, in flachen, mehr oder
weniger runden, nicht scharf begränzten, blaß oder blau röthlichen, leicht in
einander fließenden Flecken von der Größe eines Stecknadelkopfes bis zu
der einer großen Linse, bald in wahren, häufig dunkelrothen, entzündeten
Frieselblüthen erscheinen, die zwischen dem dritten und fünften Tage des
Ausbruchsfiebers zum Vorscheine kommen, nach dem achten Tage sich
verlieren, und in Abschuppung der Oberhaut übergehen.“14 Wenn der Medi-
zinhistoriker Theodor Puschmann und, auf ihn aufbauend, der Verfasser des
Artikels über Johann Nepomuk Raimann in der „Allgemeinen Deutschen
Biographie“, Julius L. Pagel,15 behaupteten, Raimann sei mit kalten Wa-
schungen gegen den Typhus eingeschritten, so ist dies zwar nicht gänzlich
12 Encyclopédie biographique, S. 28.
13 Theodor Puschmann, Die Medicin in Wien während der letzten 100 Jahre (Wien
1884), S. 140.
14 Raimann, Handbuch, Bd. 2, S. 29f. Den „ansteckenden Typhus“ behandelt Raimann
auf den S. 29-57 im 2. Band seines „Handbuchs“. Unter der Bezeichnung Typhus wer-
den heute verschiedene Fiebererkrankungen zusammengefasst, die vom Bakterium Sal-
monella typhi hervorgerufen und durch orale Aufnahme übertragen werden, vgl. Chris-
toph Zink (Bearb.), Pschyrembel Klinisches Wörterbuch (Berlin, New York 2561990), s.v.
Typhus, S. 1728-1730.
15 Vgl. ADB, Bd. 27, s.v. Raimann: Johann Nepomuk, S. 179.
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Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832