Page - 87 - in Des Kaisers Leibarzt auf Reisen - Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832
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Raimanns Reise
Die Reise, die Johann Nepomuk Raimann am 7. Mai 1832 an der Seite sei-
nes Kaisers antrat, war keine gewöhnliche Reise, falls man eine Reise, die
einen ja aus dem Gewohnten in Neues zu führen pflegt, überhaupt als ‚ge-
wöhnlich‘ bezeichnen darf.50 Es handelt sich hierbei um keine Abenteuer-
oder Entdeckungsreise mit mehr oder weniger gewichtigem wissenschaftli-
chen Hintergrund‚51 noch um eine Grand Tour, wie sie unter europäischen
Adeligen üblich war,52 und auch nicht um eine ‚bürgerliche Reise‘,53 sondern
vielmehr um eine sozusagen imperiale Reise. Als Leibarzt des Kaisers war
es Raimanns Aufgabe, für das Wohl des Potentaten zu sorgen – die Beo-
bachtungen, die Raimann auf dieser Reise anstellte, machte er also gleich-
sam nebenher. Gerade dies macht seinen Bericht interessant, sieht doch das
flüchtige Auge manchmal mehr als der auf ein bestimmtes Ziel gerichtete
Blick, wenn auch eben nur flüchtig. Freilich fielen auch Raimann manche
Dinge mehr auf als andere, und schon berufsbedingt erwachte seine Auf-
merksamkeit bei gewissen Themen, etwa wenn es um Krankheiten und
50 Zur Kulturgeschichte des Reisens und des Reiseberichts allgemein vgl. Arnd Bauern-
kämpfer (Hrsg.), Die Welt erfahren. Reisen als kulturelle Begegnung von 1780 bis heute
(Frankfurt/Main 2004); Hermann Bausinger, Klaus Beyrer, Gottfried Korff (Hrsg.),
Reisekultur. Von der Pilgerfahrt bis zum modernen Tourismus (München 1991); Peter J.
Brenner, Der Reisebericht in der deutschen Literatur. Ein Forschungsüberblick als Vor-
studie zu einer Gattungsgeschichte (Tübingen 1990); Boris I. Krasnobaev, Reisen und
Reisebeschreibungen im 18. und 19. Jahrhundert als Quelle der Kulturbeziehungsfor-
schung (Essen 1987); Eric J. Leed, Die Erfahrung der Ferne. Reisen von Gilgamesch bis
zum Tourismus unserer Tage (Frankfurt/Main, New York 1991); Michael Maurer
(Hrsg.), Neue Impulse der Reiseforschung (Berlin 1999); Gerhard Tötschinger, „Ach,
wer da mitreisen könnte…“ Reisen im Biedermeier (Wien, München ²2001).
51 Zu den wissenschaftlich motivierten Reisen vgl. Christian Bachhiesl, Die Abenteuer
der Gelehrten. Reisen im Dienste der Wissenschaft, in: Mitteilungen der Grazer Morgen-
ländischen Gesellschaft 12 (Graz 2004), S. 74-113; Diane Fortenberry (Hrsg.), Who
Travels Sees More. Artists, Architects and Archeologists Discover Egypt and the Near
East (Oxford 2007); Christian Zimmermann (Hrsg.), Wissenschaftliches Reisen – reisen-
de Wissenschaftler. Studien zur Professionalisierung der Reiseformen zwischen 1650
und 1800 (Heidelberg 2003).
52 Vgl. Rainer Babel (Hrsg.), Grand Tour. Adeliges Reisen und europäische Kultur vom
14. bis zum 18. Jahrhundert (Ostfildern 2005).
53 Vgl. Philipp Prein, Bürgerliches Reisen im 19. Jahrhundert. Freizeit, Kommunikation
und soziale Grenzen (Münster 2005).
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Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832