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Erdkunde“ trägt, 1821 ein erstes und 1828 ein zweites Mal erschien und im
Untertitel dem Leser versichert, dass der Autor stets bemüht war, den aller-
neuesten Wissensstand wiederzugeben: „Nach den besten Quellen und mit
beständiger Rücksicht auf die neuesten Entdeckungen bearbeitet.“ Im zwei-
ten Band dieses „Gemäldes der physischen Welt“, der eine „Physikalische
Beschreibung der festen Oberfläche des Erdkörpers“ beinhaltet, behandelt
Sommer auch die Höhlen, die er als „leere Räume, welche sich im Innern
vieler Berge befinden“ 118 definiert und in „Dampf- oder Dunsthöhlen, Was-
serhöhlen, Tropfsteinhöhlen, Temperaturhöhlen, Knochenhöhlen und Wind-
höhlen“ einteilt.119 Von den Höhlen stellt Sommer im Allgemeinen fest:
„Man trifft sie mehrentheils in Kalkgebirgen an und ihre Menge auf dem
ganzen Erdboden ist höchst wahrscheinlich so groß, daß wir die bis jetzt
bekannten für nicht vielmehr als den hundertsten Theil davon ansehen kön-
nen. Doch sind einige Gegenden besonders reich daran.“120 Unter diesen mit
Höhlen besonders reich gesegneten Ländern hebt Sommer das Kaisertum
Österreich hervor, und innerhalb der dieses bildenden Länder wiederum
Krain, Ungarn und Mähren, und gleichsam als Paradehöhle nennt er die
Adelsberger Grotte, die er sehr lebendig als wildes, zerklüftetes und beinahe
unheimliches Höhlensystem schildert:
„In Europa ist die Oesterreichische Monarchie vorzüglich reich an gro-
ßen, schönen und merkwürdigen Höhlen. Ganz besonders gilt dieß von
Krain, Ungarn und Mähren. In Krain ist die berühmte Grotte bei Adels-
berg, dem Fürsten von Auersberg gehörig, am fleißigsten durchsucht und
durchforscht worden. Aber obgleich Viele mehre Meilen in derselben zu-
rückgelegt und sich bemüht haben, ihre Länge, Weite und Höhe auszumessen,
so ist dieß dennoch Niemandem ganz gelungen, und man kennt bis jetzt ihr
Ende noch nicht. Alle weitere Forschungen scheiterten an zahllosen Irrgängen
und fürchterlichen Abgründen. Was man davon kennt, sind hier unermeßliche
Höhen, unabsehbare Tiefen und dunkle Grüfte, dort schmale Gänge, Schluch-
ten, viele Kammern und große Säle von dicken Tropfsteinpfeilern unterstützt.
Bruchstücke und lange Felsenblöcke sind von der Decke herabgestürzt und
bilden zum Theil, von Tropfstein überzogen und dadurch wieder mit der De-
cke verbunden, unförmliche Säulen. Ueberall hat das Tropfstein-Wasser son-
118 Johann Gottfried Sommer, Gemälde der physischen Welt oder unterhaltende Darstel-
lung der Himmels- und Erdkunde. Nach den besten Quellen und mit beständiger Rück-
sicht auf die neuesten Entdeckungen bearbeitet, 2 Bde., Bd. 2: Physikalische Beschrei-
bung der festen Oberfläche des Erdkörpers (Prag ²1828), S. 239.
119 Sommer, Gemälde der physischen Welt, Bd. 2, S. 241.
120 Sommer, Gemälde der physischen Welt, Bd. 2, S. 239.
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Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832