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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
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66 Fischer Kunst nach Ordnung, Auswahl und System Im analogen Zitat der französischen Ausgabe spezifiziert Mechel sein Vorhaben dahinge- hend, dass er einen „Catalogue raisonné et systématique“ mit begleitenden Stichen der besten Gemälde planen würde.195 Die Verknüpfung der Sammlungsgeschichte oder – „wel- ches wegen der engen Verbindung eben so viel ist“ – der Geschichte deutscher Kunst mit der „neuen Manier nach chronologischer Ordnung oder der Abfolge der Meister“ verbin- det die Geschichte des habsburgischen Kaiserhauses samt seinem durch Generationen tra- dierten Kunstbesitz mit den patriotischen Momenten einer nationalen Kunstgeschichte. Point of no Return 1781 Mit der kaiserlichen Gemäldesammlung wurde 1781 erstmals in Europa eine Galerieauf- stellung nach geographisch begrenzten Malerschulen und nach historischen Gesichts- punkten ausgerichtet. Mit den Worten Kaiser Josephs II. war die Galerie „in eine ge- schmackvollere Ordnung, nach denen Klassen und Jahrgängen“ gebracht worden. Er be- fahl schon im November 1780 (bevor das Eintreffen der Gemälde aus Pressburg und den Niederlanden das Ordnen wieder neu aufrollte), dass man „aber bey dieser anjetzo einge- führten Ordnung künftighin ohnabweichlich beharre, und ab nun gar nichts, ohne beson- deren Befehl, abändere.“196 Nichtsdestotrotz blieb die kaiserliche Galerie weiterhin in stän- diger Veränderung begriffen, auch wenn die einmal eingeführte, grundsätzliche Systema- tik nach Malerschulen beibehalten wurde. Die einem allgemeinen Publikum öffentlich gemachte kaiserliche Galerie hatte sich mit einer neuen, wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Galeriekonzeption verbunden und aufgrund dieser Neupositionierung dem Bedeutungswandel zur Institution Museum entsprochen. Die Öffnung der Galerie und die damit veränderte Funktion der fürstlichen Kunstsammlung, deren primäre Aufgabe nicht mehr die höfische Repräsentation, sondern die Vermittlung kunsthistorischen Wissens war, stehen in Zusammenhang mit der Ausar- beitung und Rezeption neuer kunsthistorischer Methoden und Modelle. Was die Neuord- nung der kaiserlichen Galerie von 1781 vor anderen auszeichnet, war ihre bemerkenswer- te Fähigkeit, in deutlichem Bezug zum zeitgenössischen Diskurs diese kunsthistorischen Konzepte aufzugreifen und darzustellen. Dabei zeigte sich die Präsentation nach Malerschulen – je nach Flügel im Oberen Belve- dere – in ganz unterschiedlich gelagerten Ausformulierungen: regional differenziert bei den Italienern, nach kanonischen Œuvres bei den großen Niederländern, nach dem stilistisch- organologischen Entwicklungsgang bei den Niederländern im zweiten Stock, in historisch- nationaler Perspektive bei den Deutschen im zweiten Stock. Die Systematiken in sich stel- len sich als äußerst heterogen dar, ihre Logiken können aus den jeweils unterschiedlichen Standpunkten der Kunstwissenschaft erfasst werden. Dabei kamen verschiedenste Syste- matisierungsansätze zur praktischen Anwendung: Was an zeitgenössischen Kunsttheorien geeignet schien, wurde rezipiert – oder auf Bewährtes aus anderen Anwendungsbereichen des Sammelwesens zurückgegriffen. Die Einbindung aller möglichen wissenschaftlichen und sammlungsmethodischen Grundlagen zeugt von einem erstaunlich offenen Umgang mit neuen Vorstellungen und Ideen und einem großen Umsetzungsvermögen, was der kaiserlichen Galerie um 1780 einen bemerkenswert experimentellen Charakter verlieh. Wahrscheinlich lassen sich auch die heftigen Diskussionen, die in Reaktion auf die Neu- aufstellung entbrannten, darauf zurückführen.197 Stellvertretend für die Polemiken rund um die Hängung seien nur zwei Kommentare aus dem pro- respektive dem contra-Mechel- Lager zitiert, die in derselben Zeitschrift, dem Deutschen Museum publiziert worden waren: Es sei die kaiserliche Sammlung – so der anonyme Kritiker – im Gegensatz zur sogenannten „Augenweide“ der Dresdener Galerie „um den Charakter einer Galerie gebracht und zu einer Bildermusterkarte reduzirt“ worden, sogar von „Galeriemord“ wurde gesprochen.198 Für den Befürworter, Johann Karl Wezel, dagegen habe die Galerie aufgrund ihrer klaren
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Subtitle
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
Volume
1
Author
Gudrun Swoboda
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
312
Category
Kunst und Kultur
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