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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
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72 Fischer Kunst nach Ordnung, Auswahl und System von Nicolas Poussin, Gaspard Poussin oder Claude Lorrain zu den musts einer fürstlichen Sammlung zählten. Von Claude Lourrain besaß die Sammlung kein einziges Werk, von Gaspard Poussin eine Landschaft mit Wettersturm aus dem Ankauf der Sammlung Nostitz und von Nicolas Poussin das kleinformatige Gemälde Petrus und Johannes heilen einen Lahmgeborenen im Tempel,231 das heute Bertholet Flémal zugeschrieben wird. In diesem Zusammenhang erscheint es umso merkwürdiger, dass das Historiengemälde von Nicolas Poussin, Zerstörung des Tempels in Jerusalem durch Titus, unter nicht ganz geklärten Um- ständen zwischen 1772 und 1783 aus der kaiserlichen in die Sammlung des Staatskanzlers Kaunitz gelangt war.232 Die räumlich getrennte Schulaufstellung hatte jedenfalls den Mangel an französischen Meistern überdeutlich gemacht: mit den wenigen französischen Werken gelang es nicht, eine eigene „Abteilung“ in der Galerie zu bilden. So mussten die französischen Meister entweder den Niederländern oder – etwa im Fall Poussins – der römischen Schule zugeordnet werden. Nominell entsprach die erste Lieferung an Gemälden von Florenz nach Wien den Wün- schen aus Wien,233 lediglich Werke der beiden Poussins, von Lorrain sowie von Vanni und Albani wurden aufgrund des fehlenden, geringen oder nicht geeigneten Bestands nicht geliefert.234 Dennoch wurde die in Wien ankommende Sendung von 14 Bildern von Joseph Rosa äußerst geringschätzig aufgenommen. Seine Einwände galten nicht der Autoren- schaft, sondern der Qualität einzelner Gemälde, die „[…] ohne deren Werth zu benennen, nicht in Hießiger Gallerie konten unter augen gesetzet werden […].“235 Er musste feststel- len, dass die Florentiner Lieferung zwar der Auflistung entsprach, aber wenige erst klassige Stücke geliefert wurden. Keines der Gemälde aus erster Lieferung war etwa in der unter Pietro Leopoldo 1778 zusammengefassten Raccolta di quadri dipinti abgebildet, das in 148 Stichen die aus Medici-Besitz stammenden, renommiertesten Stücke der Uffizien zeigte.236 In Anbetracht des faktisch Gelieferten brachte Rosa daher jene Klausel zur Anwendung, nach der vereinbart worden war, dass Bilder retourniert werden können, sollten sie nicht gefallen. Sechs Bilder der ersten Sendung aus Florenz – Fra Bartolomeo (Jesaia), Volterrano (Hl. Lukas), Cortona (Hl. Martina), Castiglione (zwei Tierbilder), Furini (Hl. Sebastian) – wur- den von Rosa abgelehnt und umgehend mit der ersten Wiener Sendung retourniert.237 In zweiter Lieferung aus Florenz wurden nur drei der zurückgeschickten Werke durch Gemälde desselben Meisters ersetzt – Fra Bartolomeo (Darbringung Christi im Tempel), Cor- tona (Heimkehr der Hagar) und Furini (Büßende Maria Magdalena) –, ansonsten Bilder von Künstlern geschickt, die auf der Liste nicht erwähnt waren respektive nicht gewünscht wurden: Perugino, Bilivert, Santi di Tito, Vasari und Passignano.238 Auch wurden zwei wei- tere Gemälde von Andrea del Sarto überlassen, obwohl das Gemälde aus der ersten Liefe- rung nicht zurückgeschickt wurde und die Wiener Galerie ohnehin mit Sartos gut ausge- stattet war. Von der ursprünglichen Idee, die stilistische Entwicklung der Malerschule an- hand ihrer maßgeblichen Meister zu zeigen, war angesichts des praktisch Möglichen nicht mehr die Rede, aber auch die Qualität der nicht gewünschten Werke aus zweiter Lieferung entsprach kaum den Anforderungen. Rosas Kritik daran fiel nicht besser aus als zuvor: „Es wurden vor diese andere hir her gebracht unter welchen eines von Domenico Basigniano befand, welches das gastmahl des Königs Ahasvero Vorstelt total Roiniret und Mittelmaßig vor ein gemäld dieses Meysters da doch die hertzogliche Gallerie entbährende stücke von ihm besitzet. das zweyte eine Sacra Famiglia von Giorgio Vasari hingemald, und stükweiß schlecht über malen, vor welches ein anders hette können geschicket werden um so mehr da die Gemälde dieses Künstlers nicht im grossen ansehen stehen.“239 Dennoch wurde kei- nes der Gemälde retourniert. Zumindest befanden sich in dieser zweiten Sendung auch „Zwey wunderschone Bilder gemälde Eines vom Santi di Tito, und das andere vom Andrea de Sarto“ und „das zweyte wunder schöne bild auch den Engel und Tobias aber mit meh- reren Figorn von obigen Andrea“.240
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Subtitle
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
Volume
1
Author
Gudrun Swoboda
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
312
Category
Kunst und Kultur
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums