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Kunst und Kultur
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
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76 Fischer Kunst nach Ordnung, Auswahl und System das Bild dennoch „ohne Zweifel unter die Hauptgemälde des Andrea del Sarto“.263 Die Heilige Familie von Sarto stellt eine Werkstattwiederholung jenes Bildes dar, das 1697 in den Besitz des Wilhelm von der Pfalz kam und im späten 18. Jahrhundert in der Düsseldor- fer Galerie ausgestellt war. Höchstwahrscheinlich kannte Rosa dieses Gemälde durch das Galeriewerk Mechels, und ebenso wahrscheinlich war ihm die ähnlich komponierte und in Florenz zurückbehaltene Sacra Famiglia Medici von Sarto durch den Stich in der Raccolta di quadri dipinti bekannt. Auch von Carlo Dolcis Madonna mit Kind existierten mehrere Fas- sungen; in Florenz verblieb die Madonna delle Pietre Dure. Die Entsendung von Kopien oder Werkstattbildern ähnlichen Sujets im Bildertausch eröffnete eine Thematik, mit der sich Rosa im Nachwort seines Katalogs eingehend beschäftigt hat. Neben weiteren Gemäl- den von Sarto, Gentileschi, Gherardini und Michelangelo waren die Tauschbilder von Bronzino (Hl. Familie mit hl. Anna und Johannesknaben), Furini (Büßende Maria Magdalena) und Dolci (Maria mit Kind) zentraler Bestandteil der Mittelwand des Florentiner Zimmers. Zu den dominanten Bildern im Wandarrangement der dritten Wand im Florentiner Zimmer gehören die Tauschbilder von Biliverti (heute Matteo Rosselli zugeschrieben), San- ti di Tito und Allori. Sie werden allesamt als „große Florentinische Meister“, die durch die Kunstliteratur gewürdigt werden, beschrieben. Die Heilige Familie von Vasari, die Rosa lieber durch ein anderes Gemälde ersetzt gewusst hätte, „um so mehr da die Gemälde dieses Künstlers nicht im grossen ansehen stehen“,264 wird dennoch in die dritte Wand auf genommen, weil Vasari, wie Rosa bemerkt, „der Malerey einen wichtigen Dienst durch seine Kunstgeschichte“ erwiesen hat.265 An prominenten Meistern sind Andrea del Sarto ver treten und auch Cortona als Verweis darauf, dass Cortona zwar zur Römischen Schule gezählt wurde, aber auch in Florenz Schüler gebildet hat – ganz im Sinne Lanzis, der ja den Nach folgern Cortonas einen eigenen Zeitraum innerhalb der Florentiner Schule widmet. Das durch den Bildertausch in die Galerie gekommene Hauptwerk Cortonas, die Heimkehr der Hagar, wurde dementsprechend nicht im Florentiner Zimmer, sondern in das Zimmer der römischen Schule eingefügt. Die Analyse der Hängung zeigt, wie komplex und vielschichtig die Gemälde an der Wand aufeinander bezogen wurden und wie das neu erworbene Wissen aus der Kunstge- schichte Eingang in das Arrangement gefunden hat. In der Kunsttheorie hatte das Modell der Malerschulen – gerade bei den von Rosa zitierten Zanetti, Mengs und Lanzi – dahin- gehend eine Weiterentwicklung erfahren, dass auch die historische Quellenlage und der kunstliterarische Diskurs zur umfassenden Analyse und Bestimmung des Kunstwerks bei- tragen solle. So ist es zu verstehen, wenn Rosa im Anhang des ersten Bands seines Kata- logs in drei miteinander verbundenen Fragestellungen das Thema der Charakterisierung von Kunstwerken noch einmal aufgreift: ob es erfahrenen Künstlern allein zustehe, Gemäl- de zu beurteilen, oder ob auch Kunstliebhaber Kunstwerke kompetent beurteilen kön- nen;266 ob es sichere Regeln gebe, Kopien von Originalen zu unterscheiden;267 und drit- tens, ob und wie die sichere Zuschreibung des Werkes an einen Künstler erfolgen könne.268 Rosa fasste im Wesentlichen die Überlegungen Filippo Baldinuccis zusammen, die dieser in einem Brief an Vincenzo Capponi von 1681 formuliert hatte. Dass auch in diesem Fall Lanzi die Anregung dazu geliefert hat, ist wahrscheinlich, denn auch Lanzi bezieht sich in seiner Storia pittorica von 1792 eingehend auf diesen berühmten Brief.269 Rosa ließ die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen allesamt unbeantwortet; und es kann diese Erörterung als Rechtfertigung für die ambivalent bewertete Entscheidung gelesen wer- den,270 die von Mechel eingeführten Namensschildchen – die wegweisenden „Postsäulen“ – an den Rahmen der Gemälde zu entfernen. Die Schildchen ließ Rosa weg, weil er erkannte: „wie gefährlich diese Arbeit [der Zuschreibung] sey.“271 In den Grundsätzen wurde die nach Malerschulen und historischen Zusammenhängen konzipierte Galerieordnung nach 1781 auch von Joseph Rosa beibehalten. Die einmal ent-
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Subtitle
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
Volume
1
Author
Gudrun Swoboda
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
312
Category
Kunst und Kultur
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums