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Kunst und Kultur
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
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77 Fischer Kunst nach Ordnung, Auswahl und System worfene, systematische Aufstellung der kaiserlichen Sammlung lieferte ihm wichtige Im- pulse zur weiterführenden kunsthistorischen Wissensbildung, die wiederum Anlass zu sub- stantiellen ,Nachbesserungen‘ der Galerie im Sinne einer Vervollständigung und Ver- vollkommnung gab. Die Galerieaufstellung stand kontinuierlich an der Schnittstelle einander interferierender Sammlungstraditionen und wissenschaftlicher Schulen, die auch in der Hängung Rosas Eingang fanden. SCHLUSS: ZUR IDEE DER SICHTBAREN GESCHICHTE DER KUNST Der Beginn der Neustrukturierung der Sammlung 1772, die neuartige Präsentation der Gemälde 1781 und die nachfolgend dokumentierte Galerieaufstellung von 1796 sind die signifikanten Etappen, die den zeitlichen Rahmen dieses Beitrags abstecken. Dabei gewäh- ren – von Runde zu Runde – die Inszenierung der Kunstwerke und die Präsentationsweise der Sammlung Einblick in die Strukturierung und Ordnung der Galerie und machen gleichzeitig ihre Entwicklung und damit den Statuswechsel von der höfischen Galerie zur Institution Museum nachvollziehbar. Die Musealisierung der kaiserlichen Galerie in der Aufklärung ging mit einem durch- greifenden Prozess der Historisierung und Institutionalisierung der Wissenschaften ein- her; oder wie Friedrich Nicolai 1806 das Fazit zog: „Die Geschichte trägt der Aufklä- rung die Fackel vor.“272 In programmatischer Weise war nach der Mitte des 18. Jahr- hunderts der Begriff „Geschichte“ in zwei unterschiedlichen kunsttheoretischen Schriften aufgetaucht. 1764 formulierte Johann Joachim Winckelmann den berühmten Satz in der Einleitung zur Geschichte der Kunst des Alterthums: „Die Geschichte der Kunst soll den Ursprung, das Wachsthum, die Veränderung und den Fall derselben, nebst dem verschiedenen Stile der Völker, Zeiten und Künstler lehren und dieses aus den übriggebliebenen Werken des Altertums, soviel möglich ist, beweisen.“273 Wenig später, 1771, schreibt der bedeutende Kunstgelehrte Antonio Maria Zanetti in seinem Stichwerk Della pittura Veneziana, um seine Publikation als eine Darstellung, die aus- schließlich die Geschichte der Kunst zum Inhalt hat, zu definieren: „L’opera mia è un’istoria dell’arte [...].“274 Damit waren die Leitgedanken der Kunstbetrachtung for- muliert: die Einführung einer historischen Perspektive und die Entwicklung der Kunst- geschichte zur eigenen Disziplin. Die Neuaufstellungen der kaiserlichen Galerie gegen Ende des 18. Jahrhunderts reflek- tierten mit der ,Verwissenschaftlichung‘ ihrer Systematik und Präsentation richtungs- weisend genau jene historisch orientierte Kunstgeschichte, indem die geschriebene Kunst- geschichte in eine „sichtbare Geschichte der Kunst“ umgewandelt und im öffentlich gemachten Museum einem breiten Publikum vermittelt wurde. Erst nach 1800 verhalf der napoleonische Louvre der kunsthistorischen Konzeption, die schon 1780 in der kaiserlichen Galerie in Wien zur Anschauung kam, zum Durchbruch. Auch wenn es im Louvre – dank der ungeheuren Quantität und Qualität der in ganz Europa erbeuteten Gemälde – gelang, die Geschichte der Kunst so umfangreich und de- tailliert wie nie zuvor zur Darstellung zu bringen und ein zentrales Großmuseum für die Nation zu errichten: bezüglich seiner Systematisierung und Ordnung verdankte das Musée Napoléon der kaiserlichen Galerie in Wien die wesentlichen Anregungen. Man wollte dem Museum „un caractère d’ordre, d’instruction et de classification“ geben und plante einen Rundgang durch die Galerie in Form einer Geschichte der bildenden Kunst.275 Die Paralle- len zu Mechels Worten „[…] wo alle Wände mit Schätzen von Kunst nach Ordnung, Aus- wahl und System bedeckt sind“276 und seiner „sichtbaren Geschichte der Kunst“ in der kai- serlichen Galerie in Wien sind unverkennbar.277
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Subtitle
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
Volume
1
Author
Gudrun Swoboda
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
312
Category
Kunst und Kultur
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums