Page - 141 - in Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
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141 Hassmann Quellen zur Gemäldegalerie
77 1780 April 2, 7, 19 und 25, alle Wien
Bilder aus der Burg Karlstein sollen in die Bildergalerie
des Belvedere gesendet werden.
1780 April 2, Wien; Oberstkämmerer Rosenberg an Hofkammerpräsident Kolowrat:
„Es haben Seine könig kay. Majestät allergnädigst zu befehlen geruhet, daß zur Vermeh-
rung der hiesigen k. k. Bilder Gallerie einige in dem Schloß Karlstein im König[reich] Böh-
eim sich befinden sollende Gemählden unverzüglich anhero transportirt werden sollen.“
Rosenberg ersucht um Veranlassung, „damit erwähnte Gemählde wohl verwahrter in
die k. k. Bilder Gallerie im Belvedere überschickt werden mögen.“ (ohne Nr., Konzept)
1780 April 7, Wien; Gegennote Kolowrats an Rosenberg, in der er erwidert, er habe
„dem Herrn Oberburggrafen zu Prag Fürsten von Fürstenberg die Weisung ertheilet …,
alsogleich die Veranstaltung zu treffen, daß nach der allerhöchsten Gesinnung die ange-
zeigten Bilder in dem Schloße zu Karlstein durch einen Werkverständigen wohl eingepacket
und gegen alle Beschädigungen auf dem Wege gesichert, sofort unverlängt anher beför-
dert und zur kai. könig. Bildergallerie in Belvedere eingeliefert werden sollen.” (Nr. 33 ex
1780, Ausfertigung)
1780 April 19, Wien; Note Kolowrats an Rosenberg, mit der er ein Schreiben des
Oberstburggrafen in Prag, Karl Eugen Fürst zu Fürstenberg mitsendet, das er „in An-
sehen der auf allerhöchsten Befehl Seiner Majestät des Kaisers anher in die Gallerie zu
sendenden Bildern von dem Schlosse Karlstein […] erhalten habe“; er bittet um Rücksen-
dung des Schreibens (ohne Nr., Ausfertigung).
1780 April 25, Wien; Rosenberg retourniert Kolowrat das Schreiben Fürstenbergs und
teilt mit, „daß vermög deren darin angeführten Umständen die Einsendung der erwehn-
ten Gemählden abzustellen und nichts weiters darin zu thun ist.“ (ohne Nr., Konzept)
ÖStA/HHStA, OKäA, Akten Serie D, Karton 112, Cahier 3, Beilagen zu Akt Nr. 1102 ex
1901 (liegen in Akt Nr. 2208 ex 1901), unfol.
Druck: Kurzregesten bei Engerth (1886, S. 281, Nr. 161−164).
Hinweis: Zur Partizipation Mechels bei den Untersuchungen von Franz Lothar Ehe-
mant in Karlstein und zu dessen vermeintlicher Entdeckung der frühesten Ölmalerei
siehe Hilchenbach (Kurze Nachricht … 1781, S. 19−21), Meijers (1995, S. 73 und S.
58, Anm. 53), insbesondere Hoppe-Harnoncourt (2001, S. 148−151) sowie Nora Fi-
scher und Alice Hoppe-Harnoncourt in ihren Beiträgen der vorliegenden Publikation.
Wesentliche Hinweise zur bislang ungeklärten Frage, warum die Bilder zunächst nicht
nach Wien kommen sollten und dann doch überstellt wurden, ergaben Recherchen
anlässlich der von Kaiser Franz Joseph beabsichtigten Rückstellung der Karlsteiner Ge-
mälde im Jahr 1901, im Zuge derer auch die oben angeführten Aktenstücke ausgeho-
ben und Auskünfte der Prager Statthalterei ausgewertet wurden. Oberstkämmerer
Hugo Graf Abensberg-Traun führt in seinem Vortrag an Kaiser Franz Joseph aus, dass
die Überstellung wegen des schadhaften Zustandes der Gemälde unterblieben sei. Im
Herbst 1780 [die Prager Statthalterei gibt den 13. Herbstmonat 1780 an] seien „auf
hohen Befehl die drei Mutina …, der Heiland am Kreuze und zwei Kirchenlehrer … wahr-
scheinlich im Wege des Staatskanzlers Fürsten Kaunitz“, nach Wien gekommen. Dort
„wurden sie zunächst in der Maler-Akademie einer genauen Untersuchung unterzogen,
weil man sich um ihre Technik, als die vermeintlich frühesten Erzeugnisse der Ölmalerei,
besonders interessierte“. Die drei Gemälde von Mutina seien damals noch nicht zu ei-
nem Triptychon vereint gewesen. Von böhmischer Seite werde angegeben, dass die
geplante Untersuchung und Restaurierung der Gemälde der Grund zur Überstellung
nach Wien gewesen sei. Dem widerspreche jedoch, dass die Bilder „seit dem Jahre
1783 … in den Katalogen und Inventaren der Kaiserlichen Gemäldegalerie … ohne jeden
auf etwa blos leihweise Aufstellung hinweisenden Vermerk“ aufscheinen. „Aus dieser
Sachlage geht hervor, dass die ursprüngliche Intention der Requirirung dieser Gemälde
keineswegs blos, wie behauptet wurde, jene ihrer Untersuchung und Restaurirung, son-
dern ab ovo die war, die Gemälde zur Vermehrung der in den 80er Jahren des 18ten
Jahrhunderts im Belvedère neu aufgestellten kaiserlichen Galerie zu erhalten.“ Im Übrigen
sei „der Landesfürst bei dem rechtlichen Charakter der Burg Karlstein als Staatsgut damals
vollkommen befugt“ gewesen, „über die Gegenstände aus diesem Schlosse frei zu verfü-
gen“. (ebd., in Ak. Nr. 1303 ex 1901, der in Akt Nr. 2208 ex 1901 einliegt, unfol.,
Ausfertigung, 1901 Juni 30, Wien).
Anmerkung: Laut Verzeichnis von Mechel (1783, S. 229−231), das Oberstkämmerer
Traun in seinem Vortrag anspricht, befanden sich die aus der Heiligenkreuzkapelle der
Burg Karlstein stammenden Tafeln, das Altartriptychon Madonna mit den Heiligen
Wenzel und Palmatius von „Thomas von Mutina“ (gemeint Tommaso da Modena; laut
Mechel das älteste bekannte Ölgemälde aus dem Jahre 1297), Christus am Kreuz mit
Maria und Johannes von Niklas Wurmser und zwei der Brustbilder von Meister Theo-
derich mit den Heiligen Augustinus und Ambrosius im ersten Zimmer der deutschen
Meister (siehe Wandabwicklung im vorliegenden Band). Diese Werke, die Mechel für
Ölmalereien hielt, entstammen der Hofkunst des Luxemburger Kaisers Karl IV. Histo- risch gesehen sind sie Fremdkörper in der kaiserlich habsburgischen Galerie. Fast
scheint es, dass Mechel ihre dortige Aufnahme rechtfertigt, indem er im Vorbericht
seines Verzeichnisses (1783, S. VI) den Luxemburger Karl IV. den für die Geschichte
der kaiserlichen Gemäldesammlung bedeutsamen „österreichischen Fürsten“ voran-
stellt und ihn damit gleichsam als deren ideellen Begründer erscheinen lässt. Mit den
genannten Werken der Hofkunst Karls IV. sollten nicht nur die Anfänge der deutschen
Tafelmalerei dokumentiert werden. Mechel wollte anhand dieser Werke zugleich ver-
anschaulichen, dass die Ölmalerei eine deutsche Erfindung sei. Die an der Fenster-
wand des ersten Zimmers der deutschen Schule angebrachten „Leihgaben“ der Pra-
ger Hofkunst Karls IV. bildeten innerhalb der Sammlungsaufstellung gleichsam eine
Sonderaufstellung zur vermeintlich frühesten Ölmalerei. Mit der Bildauswahl zu ei-
nem bestimmten Thema nimmt Mechel im Grunde das Konzept einer Sonderausstel-
lung voraus. Dieser Raum „der ältesten Teutschen Meister“ (Mechel 1783, S. 292), in
dem „ehrwürdige Werke aus den Zeiten Kaiser Carl des IVten und Maximilian des Iten
(ebd., S. XVII) vereint wurden, hat innerhalb der Galerieaufstellung Mechels auch in-
sofern eine Sonderstellung, als dort sowohl die Luxemburger als auch die Habsburger
Dynastie präsent ist. Pointiert formuliert kann er als der Sonderausstellungsraum des
Belvederes in der Aufstellung unter Mechel gelten.
78 ohne Datum [1780 Mai, zwischen 1 und 9, Wien]
Arbeiten in der Bildergalerie im April 1780.
„Kai. könig. Belvedere Gebäude […] Sind aus der Bilder Gallerie verschiedene Bilder in
andere Orte übertragen, besonders aber anstatt dem von dort abgeholten ein neues Altar-
blatt in der k. k. Stiftkirche transferiret, auch mehrere Bilder aus der Stadt zu Zierung der
Galerie herausgetragen. […]“
ÖStA/HHStA, HBA, Karton 44, 5. Session ex 1780, monatlicher Hofbaubericht fol. 87r,
Ausfertigung, die der Kaiserin mit Note des Generalhofbaudirektors Kaunitz-Rietberg
vom 9. Mai 1780 übermittelt wurde.
Druck: Bislang unpubliziert.
Hinweis: Im Hofbaubericht für Mai 1780 sind keine Arbeiten in der Bildergalerie des
Belvederes angeführt.
79 1780 Mai 8, Wien
Keine Bewilligung der von Mechel für die Galerie
beantragten Arbeitsleute.
Note Oberstkämmerers Rosenberg an Generalhofbaudirektor Kaunitz-Rietberg: „Auf
Euer Excellenz beliebige Äußerung in Rücksicht einiger von Herrn v. Mecheln begehrten
Arbeits Leuten in der Bilder Gallerie im Belvedere, zu Abstaub- und Rangirung der dortigen
Bildern, habe ich die Ehre, Euer Excellenz in Freundschaft zu erwidern, daß hier Orts hierzu
keine Befehle gegeben worden.“
ÖStA/HHStA, OKäA, Sonderreihe, Karton 38a, Mappe I, Nr. 42 ex 1780, unfol., Konzept.
Druck: Erwähnt bei Wüthrich (1956, S. 153), Hoppe-Harnoncourt (2001, S. 151,
Anm. 56), Gruber (2008, Anm. 18), Lechner (2011, S. 86).
Hinweis: Diese Note war ursprünglich mit 5. Mai datiert. Außerdem liegt ein weiteres
mit 2. Mai 1780 datiertes Konzept ein, das folgendermaßen endet: „…daß da hierorts
hiezu keine Befehle gegeben worden, das Begehren des v. Mecheln von selbst wegfallet,
und mann sich dißorts gar nicht gemeint ist, das k. k. Hof Bau Amt mit nicht dahingehö-
renden Auslagen zu beschweren.“ (ebd., Nr. 41 ex 1780, unfol.). Beide Konzepte mit
Kanzleivermerk „Exped.“.
Anmerkung: Es ist nicht direkt nachvollziehbar, warum Mechel eigens Arbeitsleute für
die Galeriearbeit beantragen musste, die zuvor und auch danach vom Hofbauamt
aufgrund kaiserlicher Genehmigung (siehe Obersthofmeisteramtsintimat vom 5. März
1779, Dok. 62) zugeteilt wurden. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang mit
der damaligen Abwesenheit des Kaisers und dem Führungswechsel von Rosenberg zu
Kaunitz in der Oberleitung der Galerie (siehe Dok. 82 und 144). Für Mai 1781 sind
laut Hofbaubericht keine Arbeiten in der Bildergalerie vermerkt.
80 [1780 Juni]
Erster gedruckter Bericht zur Einrichtung der Galerie im Belvedere.
Auszug aus einer anonymen, in Meusels Miscellaneen erschienenen „Nachricht von
dem gegenwärtigen Zustand der kaiserlichen Bildergalerie. Eingelaufen im Junio 1780“
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
- Subtitle
- Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
- Volume
- 1
- Author
- Gudrun Swoboda
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79534-6
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 312
- Category
- Kunst und Kultur