Page - 142 - in Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
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Hassmann Quellen zur Gemäldegalerie
[S. 58]. Es heißt dort, der Kaiser habe „selbst diesen Gedanken“ zur neuen Einrichtung
der Bildergalerie gefasst und Christian von Mechel „die Aufsicht über die Anordnung der
Bilder anvertrauet. […] [S. 59] […] Erst vor kurzem hat der Fürst Kaunitz, dem der Kaiser
während seiner Abwesenheit die gänzliche Vollmacht über dieses Aufstellungsgeschäft
übertragen hat, zwey vortrefliche Portraits auf einem Stück von Kupetzky dahin verehrt.
Diese Sammlung wird jetzt 22 große Zimmer einnehmen, wovon 14 im ersten, und 8 im
zweyten Stock sind. Die im ersten Stockwerk sondert ein, auch zum Theil mit Schildereyen
behängter Saal ab, so daß auf jeder Seite 7 große Zimmer mit Bildern behängt sind. Ausser
zwey Zimmern, worin sich Stücke von den besten Niederländischen Geschichtsmalern befin-
den, ist alles italienische Schule, die, so oft die Anzahl der Bilder es litte, in Zimmer von lauter
römischen, florentinischen, venetianischen, und lombardischen Meistern getheilt sind. Die
besten Franzosen und Teutschen finden auch in den Schulen, nach denen sie studierten, ihre
Stelle. Diese 14 unteren Zimmer sind schon fast durchgängig mit fast gleichen, [S. 60] Hand
breiten, ganz neuen, stark vergoldeten Rahmen auf grünem Damast behängt. Die Bilder
selbst sind meistens wohl erhalten, oder doch ziemlich gut gereiniget und ausgebessert. Von
ihrem inneren Werth wird uns ein doppelter Katalog belehren, ein blos verzeichnender, und
ein räsonnirender, in teutscher, französischer und italiänischer Sprache. Man erwartet ihn
sehnsuchtsvoll: aber er wird wohl so bald noch nicht erscheinen. […] Mit der Anordnung der
Gemälde in den acht Zimmern im zweyten Stock ist man noch nicht halb fertig, theils weil
die Rahmen noch nicht alle vollendet sind, theils weil noch mehr Gemälde erwartet werden.
Vor dem ersten Zimmer findet sich die Aufschrift: Alte teutsche Schule. Hier erblickt man,
bey patriotischer Herzenserhebung, die Wohlgemuthe, Martin Schöne, 7 oder 8 Albr. Dü-
rer, meistens vortreflich erhalten; ferner die Baldung Griene, die Aldegräfer, die Kranache,
Holbeine etc. In einem anderen Zimmer hängen die ältesten Niederländer, Jan van Eyck,
Lukas van [S. 61] Leyden, Messis und Sohn etc. Eine solche Sammlung, wie diejenige in
diesen beyden Zimmern ist, wird man anderwärts schwerlich antreffen. Man erwartet für sie
noch Gemälde von einem gewissen alten Wurmser aus Böhmen: eben daher von einem si-
cheren Mutina etc. Herr von Mechel will daraus erweisen, daß Jan van Eyck nicht der Erfin-
der der Oelmalerey seyn könne, weil diese Meister fünfzig Jahre früher, als er, mit Oel gemalt
haben. − Jedes Bild soll einen vergoldeten Schild, mit einer Nummer und mit dem Namen
des Meisters, bekommen. Ueber dreyßig sind schon auf diese Art verfertiget. […]“
Druck: Miscellaneen artistischen Inhalts, hg. von J. G. Meusel, Bd. 1, Heft 4, Beitrag 8;
Erfurt 1780, S. 58−61.
Hinweis: Dies ist die bislang einzig bekannte Beschreibung der Einrichtung der Wiener
Bildergalerie für das Jahr 1780 und zugleich der erste gedruckte Bericht zur Galerie im
Belvedere. Der von Schryen (2006, S. 485f.) mit „um 1780“ datierte Reisebericht des
Heinrich Sander († 1782), betrifft die am 31. März 1782 angetretene letzte Reise
Sanders (siehe Sander 1784, S. 427ff.). Am 26. April 1782 besuchte Sander in Beglei-
tung Mechels das Belvedere (ebd., S. 511).
Anmerkung: Diesem Bericht zufolge waren in den 14 Zimmern des Hauptgeschoßes
12 mit Werken verschiedener italienischer Schulen und zwei mit „Niederländischen
Geschichtsmalern“ behängt, wobei sich in diesen 14 Räumen auch die zu diesen
Schulen gehörigen Franzosen und Deutschen befanden. Im noch nicht fertig einge-
richteten zweiten Geschoß hingen Bilder deutscher und niederländischer Meister. Der
Anteil der italienischen Malerei war bei endgültiger Beendigung der Einrichtung im
September 1781 (Dok. 125) deutlich zugunsten der niederländischen Malerei redu-
ziert worden; siehe Tabelle I am Schluss des Beitrages.
81 ohne Datum [1780 Juli, zwischen 1 und 12, Wien]
Arbeiten in der Bildergalerie im Juni 1780.
„Kai. könig. Belvedere. Allda seind die Arbeitsleute beschäftiget gewesen […] wie auch bey
Rangir- und Aufmachung der Bilder in der Galerie […]“
ÖStA/HHStA, HBA, Karton 44, 7. Session ex 1780, monatlicher Hofbaubericht fol.
372r, Ausfertigung, die der Kaiserin mit Note des Generalhofbaudirektors Kaunitz-
Rietberg vom 12. Juli 1780 (ebd., fol. 349) übermitelt wurde.
Druck: Bislang unpubliziert.
82 1780 Juli 15, „Laxembourg“ [Laxenburg]
Arbeiten in der Galerie unter der Leitung von Kaunitz
nach Abreise des Kaisers.
In einem Schreiben an [den nach Russland abgereisten] Kaiser Joseph II. führt Staats-
kanzler Kaunitz aus, der Kaiser habe ihm gestattet, sich während dessen Abwesenheit
um die Bildergalerie zu kümmern und die dortige Anordnung der Bilder im oberen Stock [acht Räume des 2. Stocks] endlich zu einem Abschluss zu bringen. Da der
Kaiser mit der von ihm besichtigten Einrichtung dieser Räume nicht ganz zufrieden
gewesen sei, habe Kaunitz gleich nach dessen Abreise [Ende April] dafür gesorgt, dass
die Anzahl der dortigen Bilder reduziert werde, ohne dabei das chronologische „systé-
me“ zu stören. Weiters seien von den dortigen Bildern die schlechteren gegen bessere
ausgetauscht und mehr Bedacht auf eine symmetrische Anordnung gelegt worden.
Kaunitz versichere dem Kaiser, dass die Reinigung und Restaurierung der Bilder des
Obergeschoßes, an der vier „reparateurs discrets et intelligents“ arbeiten, bis Ende Juli
beendet sein würden. Im Hauptgeschoß habe er und Mechel, in den Zimmern mit
den italienischen Schulen gleichfalls schlechtere gegen bessere Bilder ausgetauscht
und darauf geachtet, dass mehr als bisher die erstrebte „simetrisation“ erreicht werde.
Kaunitz habe sich auch um das Porträt Kaiser Karls VI. von Solimena sowie jenes von
Erzherzog Leopold [Wilhelm] gekümmert und [Vinzenz] Fischer von der Malerakade-
mie mit der Ergänzung der fehlenden Teile beauftragt, um sie ins gewünschte Format
zu bringen. Für die Ausführung seiner Entscheidungen habe Kaunitz in Mechel eine
verständige Person gefunden. Schließlich werde Kaunitz auch noch dafür sorgen,
dass mehr als 1500 Gemälde, die im Depot nur verkommen würden, in einen sehr
großen ebenerdigen Raum des Unteren Belvederes geschafft werden, den er ausfin-
dig gemacht habe, damit der Kaiser sie dort besichtigen könne, um zu entscheiden,
was damit geschehen solle. Es seien dies Porträts der Mitglieder des Hauses Habsburg,
die für die kaiserlichen Schlösser in Prag, Pressburg, Graz, Innsbruck oder Ambras in
Frage kommen könnten, weiters einige restaurierbedürftige Historienbilder, und
schließlich zahlreiche Bilder, bei denen sich nach Kaunitz die Restaurierung nicht
mehr lohne. Von den Gemälden, die Kaunitz aus Innsbruck und Prag kommen ließ,
habe er bereits einige aufstellen lassen, betreffend die übrigen sei seine Entscheidung
noch offen.
ÖStA/AVA, Studienhofkommission, Sign. 15, Karton 75/Akademie, einliegend in
Mappe „Akademie der bildenden Künste“, fol. 36−40, Konzept in französischer
Sprache.
Druck: Wörtlich und in deutscher Übersetzung bei Gruber (2008, S. 199−203) mit
ausführlicher Besprechung (ebd., S. 191−195), wobei der Vortrag Rosenbergs vom
25. Okt. 1782 (Dok. 144) miteinbezogen wird.
Hinweis: Die Abreise des Kaisers nach Russland erfolgte am Morgen des 26. April 1780
(Geisler 1781, S. 26; Arneth 1879, Bd. 4, S. 676). Das Antwortschreiben des Kaisers,
datiert 1780 Juli 28, Grodno, wörtlich bei Beer (1873, S. 15f.). Ein Schreiben des
Staatskanzlers an Mechel, wonach dieser bezüglich einer (offenbar weiteren) Bilder-
lieferung aus Prag nichts ohne Anweisung des Kanzlers unternehmen dürfe, ist gleich-
falls bei Gruber (2008, S. 204) wörtlich abgedruckt.
Anmerkung: Zwei der nicht namentlich genannten vier Restauratoren, die an den
Bildern des 2. Stocks gearbeitet haben, könnten die beiden Maler Adam Johann Braun
und Christian Braun gewesen sein. Sie waren (unter anderem) von Mai bis August
1780 mit einem Tagsatz von je zwei Gulden von Mechel direkt beauftragt worden
(siehe Dok. 135). Der von Kaunitz erwähnte ebenerdige Raum ist sicherlich das bis-
herige Depositorium der „Noble Garde“ im Unteren Belvedere, das im August 1780 als
zusätzliches Bilderdepot adaptiert wurde (siehe Dok. 87).
83 ohne Datum [präsentiert 1780 Juli 28, Wien]
Die Kaiserin bewilligt Akontozahlungen
für die Bilderrahmen.
Behandlung der Resolution Maria Theresias bei der Hofbauamtskommissionssitzung
am 28. Juli 1780: „Haben Ihro Majestät den allerunterthänigst erstatteten Vortrag wegen
der anverlangten à Conto Zahlung des Bildhauer und Vergolder vor die Verschneid- und
Vergoldung der Rahmen in der Bilder Gallerie mit der allerhöchsten Resolution herabzuge-
ben geruhet des Inhalts:
> diese zwey à Conto Zahlungen wären zu machen, doch also das vor weiterer Bezahlung
eher noch die Preyse eingesehen, und wer selbe gemacht, indeme Landerer und Haunold
eben die theuersten hier sind, und alles sehr übersetzen.<“
ÖStA/HHStA, HBA, Karton 44, 7. Session ex 1780, Protokoll der Hofbauamtskommission,
zu Nr. 31, fol. 245v−246r, behandelt in der Sitzung vom 28. Juli 1780, Ausfertigung,
die der Kaiserin mit Note von Generalhofbaudirektor Kaunitz-Rietberg vom 31. Juli
1780 (ebd., fol. 234r, 246v) übermittelt wurde.
Druck: Bislang unpubliziert.
Hinweis: Kammervergolder Landerer erhielt 2.000 f. und Hofbildhauer Egger 1.000 f.
(ebd., fol. 245v).
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
- Subtitle
- Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
- Volume
- 1
- Author
- Gudrun Swoboda
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79534-6
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 312
- Category
- Kunst und Kultur