Page - 143 - in Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
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143 Hassmann Quellen zur Gemäldegalerie
84 ohne Datum [1780, wohl Juni/Juli]
Von Mechel verhandelter Ankauf
von acht Bildern des Hofrats Greiner.
Erstes diesbezügliches Schreiben Greiners an die Kaiserin (Arneth 1859, Nr. 67): Grei-
ner legt der Kaiserin dar, dass der „Kupferstecher Mechel, dem Se. Maj. der Kaiser die
Einrichtung der Allerhöchsten Bilder Gallerie im Belvedere und ... die Ergänzung des Ab-
ganges zu dieser grossen Sammlung an einigen noch fehlenden Meistern aufgetragen“
habe, „vor ein paar Tagen“ zu ihm gekommen sei und sechs oder sieben Bilder, die er
von seinem Vater geerbt hatte, für die Galerie ausgesucht habe. Eines dieser Bilder
wollte bereits Kaiser Karl VI. seinem Vater abkaufen, der jedoch ablehnte. Greiner sei
hingegen schon aus konservatorischen Gründen bereit, sie der Galerie zu überlassen.
Er wolle „nehmen, was Mechel ausspricht.“ Es wäre am besten, wenn die Kaiserin „ge-
legentlich mit dem Mechel zu sprechen geruheten.“
Antwort der Kaiserin:* „ich bin völig mit ihme verstanden, das er ganz glatt mechtel de-
clarire, das er [Greiner] sich auf ihme [Mechel] allein verlasset, was sie werth sind […];
wan aber sie dem Kaiser anständig, mit dausent freuden. er möchte also alles ihme über
sich zu nehmen überlassen. ich repondire nicht ob sie genohmen werden, ob ein billiger
preis davor wird angetragen werden, und ob es nicht eine probirung seye, dan jetzo kan
man vor nichts gutt stehen. wan er von zeit zu zeit was neues vernimbt, mögte er es mir
comuniciren; ich mus aber in nichts erscheinen, auch nicht bey mechel. Kaunitz sucht auch
bilder, villeicht ist er es.“
Zweites Schreiben Greiners an die Kaiserin (Arneth 1859, Nr. 68): „Gestern war der
Mechtl wieder“ bei Greiner um nachzufragen, ob dieser bereits etwas gehört habe.
Mechel brauche die Bilder „schon dermalen, denn auf die Woche werden die Zimmer im
obern Stock rangirt, wohin diese Bilder bestimmt sind.“ Mechel habe gesagt, „der Kaiser
glauben, Ihre Majestät die Kaiserinn würden die Sache ausmachen.“ Greiner habe den
Preis für die Bilder „so gesetzt, wie sie jeder particulier gerne bezahlen würde [...] kein
Mensch solle denken, dass“ er „den Allerhöchsten Hof überhalten“ habe [...]. „Eher wol-
le“ er „die Bilder zerschneiden.“
Antwort der Kaiserin:* „Von allen disen weis [ich] nichts und werde auch nichts wissen,
seine gedenckensarth ist gantz schönn, mit uns aber mus man niemahls dem generosen
machen, man bleibt sitzen [...].“
Drittes Schreiben Greiners an die Kaiserin (Arneth 1859, Nr. 69) „Der Fürst Kaunitz hat
Montags früh … durch Mecheln sagen lassen“, die acht für die Galerie ausgesuchten
Bilder würden abgeholt werden, falls Greiner sie „um 1500 fl. abgeben wollte.“ Greiner
hatte sie zuvor um 2.000 Gulden angeboten gehabt, sein Vater habe dafür 4.200
Gulden gezahlt. Da er aber wolle, dass die Gemälde in die kaiserlichen „Bilder Säle
übertragen um dort gesehen zu werden“, habe er zugesagt. Die Bilder seien „inzwischen
wirklich abgeholet worden.“
Antwort der Kaiserin:* „ich habe die confusion vorgesehen, darumen mich nicht darein
mengen wollen, ihme selbst es gesagt, das er es zu wohlfeil gibt; kein dank jemahls davon
haben wird. ich kenne meine leut; von die 2000 fl. bin ich schuldner; werde weiters mit
ihme reden.“
* Die Kaiserin setzte ihre Anwort direkt auf das jeweilige Schreiben Greiners.
Standort unbekannt. Diese von Alfred von Arneth edierte Korrespondenz zwischen
der Kaiserin und Hofrat Franz Salesius von Greiner, Referent bei der Studienhofkom-
mission, wurde mit anderen, zumeist ebenfalls undatierten Briefen von Greiners Toch-
ter, der Schriftstellerin Karoline Pichler, Kaiserin Karoline Auguste vermacht, die Ar-
neth ihrerseits gestattete, sie für wissenschaftliche Zwecke auszuwerten. Arneth
(1859, S. 311) datiert diese gesamte Korrespondenz in die Zeit zwischen 1772 und
1780.
Druck: Wörtlich bei Arneth (1859, S. 374f., Nr. 67−69; die Ausführung dazu
S. 325−327). Der Ankauf nochmals behandelt bei Arneth (1879, Bd. 3, S. 281−283).
Hinweis: Frimmel (1898, S. 232) geht auf diesen Ankauf unter Berufung auf Arneth
ein und bemerkt dazu, dass er „bis heute noch in peinliche Dunkelheit gehüllt“ sei,
wobei er eine mögliche Identifizierung der Werke vornimmt.
Anmerkung: Frimmel (ebd.) datiert diesen Ankauf ins Jahr 1777 oder 1778, was auf-
grund der Nennung Mechels unverständlich erscheint, da Mechel damals noch nicht mit
der Einrichtung der Galerie betraut worden war. Im zweiten Brief Greiners wird erwähnt,
dass die Umstellung der Bilder im „obern Stock“ (2. Stock) im Gange sei. Im Bericht vom
Juni 1780 (Dok. 80) heißt es, dass man im 2. Stock „noch nicht halb fertig“ sei. Der Ab-
schluss der Restaurierarbeiten an den Bildern des 2. Stocks wird dem Kaiser von Kaunitz
bis Ende Juli 1780 zugesichert (siehe Dok. 82). Es ist daher anzunehmen, dass der Ankauf
im Juni oder Juli 1780 stattfand. Diese Korrespondenz deutet darauf hin, dass die Kaiserin
damals die Gemäldegalerie als eine ihren Sohn und Staatskanzler Kaunitz betreffende
Angelegenheit betrachte, in die sie sich nicht einmischen wollte. Auch mit Mechel wollte
sie offenbar nicht verhandeln, obwohl es scheint, dass er ihr Vertrauen besaß. 85 ohne Datum [1780 August, zwischen 1 und 10, Wien]
Arbeiten in der Bildergalerie im Juli 1780.
„Kai. könig. Belvedere Gebäude. Allda haben die angestelten verschiedenen Tagwerksleute
gearbeitet […] Bey Bedienung der k. k. Bilder Gallerie [...]“
ÖStA/HHStA, HBA, Karton 45, 8. Session ex 1780, monatlicher Hofbaubericht fol. 56r,
Ausfertigung, die der Kaiserin mit Note des Generalhofbaudirektors Kaunitz-Rietberg
vom 10. August 1780 (ebd., fol. 30) übersendet wurde.
Druck: Bislang unpubliziert.
86 1781 Jänner 7, Wien [betrifft 1780 August 14]
Besuch der Kaiserin im Belvedere
am 14. August 1780.
Brief Mechels an Friedrich Domenikus Ring (zitiert nach Meijers): „Ach freund den
vergangenen 14. August werde sie [die Belohnung für meine Arbeit] im ganzen Umfang
gefühlet, den da besah Mutter Theresia mit ihren erhabene Kinder alles; Zimmer von[r?]
Zimmer, g[r?]os Vergnügen und freude in jede Saale und ich (was denken Sie wohl) war
Ihr Arm, Ihre Stütze − an diesem Arm bestieg sie die Treppe des zweijten Stocks; Was
meijnen Sie wohl daß dieser Arm gefühlet hat.“
Freiburg im Breisgau, Universitätsbibliothek, Nachlass Friedrich Dominikus Ring IVB:
Mechel-Briefe.
Druck: Meijers (1995, S. 12, Anm. 1 und S. 164 Standortangabe).
Hinweis: Aus Anlass dieses Besuches fand sicherlich die im Hofbaubericht zum August
1780 vermerkte Großreinigung statt (siehe Dok. 87).
Anmerkung: In diesem Brief wird auch angegeben, dass Mechel bei Beendigung der
Aufstellung im Jahr 1780 aus 6000 Gemälden 1200 ausgesucht und in 24 Zimmern
des Belvederes neu aufgehängt habe (Wüthrich 1956, S. 154, Anm. 8). Sollte die
Angabe von 6000 Gemälden korrekt und auf die Wiener Galerie zu beziehen sein,
dann hätte sich der Gesamtbilderbestand seit 1773 mehr als verdoppelt, denn laut
Inventar von 1772 gab es zuzüglich der aus den kaiserlichen Schlössern hinzugekom-
menen Gemälden insgesamt 2966 Inventareinheiten (siehe Anm. zu Dok. 6). Nimmt
man hingegen die von Staatskanzler Kaunitz stammende Angabe vom Juni 1780
(Dok. 82) von mehr als 1500 Depotbildern, umfasste der Bestand der kaiserlichen
Gemäldegalerie damals rund 2700 Gemälde, also rund 250 Stück weniger als 1773.
Wiederum eine andere Anzahl der Depotbilder soll das von Stengert erstellte Verzeich-
nis beinhaltet haben, und zwar 2030 Stück (Dok. 144), womit sich eine Gesamtzahl
von rund 3230 Stück für die Wiener Galerie ergäbe, also um über 250 mehr Bilder als
1773. Die von Mechel genannte Zahl von 6000 Gemälden betrifft daher wohl den
gesamten kaiserlichen Gemäldebesitz innerhalb und außerhalb Wiens.
87 ohne Datum [1780 September, zwischen 1 und 11, Wien]
Arbeiten für die Galerie im August 1780,
Bilderdepot und Großreinigung.
„Kai. könig. Bellvedere Gebäu. Alda ist zu Verwahrung der übrigen Bilder von der k. k.
Bilder Gallerie das Garde Depositorium ausgeraumet, und für die Bilder Galerie zugerich-
tet, unter der Einfahrt ein grosser Verschlag weggebrochen, und auf der anderen Seite
wieder aufgerichtet worden, ist auch eine Doppelthür, und ein grosses Fenster ausgebro-
chen, eine Thür vermauert, 3 neue Doppelthüren eingemacht, und dieses Depositorium
gänzlich hergestellet worden. Für die k. k. Noble Garde ist ein anderes Depositorium gänz-
lich zugerichtet, hierin 2 Thüren ausgebrochen, und alles gut hergestellet worden.
In der Bilder Galerie in allen Zimmern die Fußböden gewaschen und die Fenster gebuzt,
auch die Gäng und Stiegen gesäuberet worden. […]“
ÖStA/HHStA, HBA, Karton 45, 9. Session ex 1780, monatlicher Hofbaubericht fol.
119v−120r, Ausfertigung, die der Kaiserin mit Note des Generalhofbaudirektors
Kaunitz-Rietberg vom 11. September 1780 (ebd., fol. 92) übersendet wurde.
Druck: Bislang unpubliziert.
Anmerkung: Aurenhammer (1969, S. 61f.) gibt an: „In der aufgelassenen Orangerie
(die von Mechel als ehemaliges Haustheater bezeichnet wird) befanden sich Bilderde-
pots, in denen auch die große Sammlung der habsburgischen Familienportraits Auf-
nahme fand.“ Dazu die Anmerkung, dass mit der ehemaligen Orangerie das „Pome-
ranzenhaus des Prinzen Eugen“ gemeint ist (ebd., S. 150, Anm. 122). An anderer
Stelle bemerkt Aurenhammer (ebd., S. 50 und S. 65), dass das Pomeranzenhaus
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
- Subtitle
- Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
- Volume
- 1
- Author
- Gudrun Swoboda
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79534-6
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 312
- Category
- Kunst und Kultur