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Kunst und Kultur
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2
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331 Wolf Museumskulturen Artefakten und Schriftzeugnissen, die er von seinen Reisen mitbrachte, vermachte er dem Staat testamentarisch gegen eine Zahlung. Es handelt sich um eine Sammlung von Curiosa, deren Rang nicht kompetitiv mit anderen musealen Institutionen war. Ein neues Kapitel in der Formierung des British Museum beginnt just in den Jahren der Gründung und des Ausbaus des Louvre; es handelt sich um eine Parallelgeschichte, wenn auch mit unterschiedlicher Dynamik, beider Institutionen, in ihrer politischen Verwobenheit. Im Jahr 1801 fällt der in Napoleons Ägyptenexpedition (an dem ein Denon teilgenommen hatte) entdeckte Rosetta-Stein London zu und wird im darauffolgenden Jahr in dem Museum gezeigt (Champollion sollte die Entzifferung der Hieroglyphen 1822 anhand einer Kopie der Inschriften gelingen); von 1801–1812 werden die von Lord Elgin akquirierten Skulpturen des Parthenonfrieses nach London transferiert und 1816 für das Museum erworben, ein von Anfang an umstrittenes Unterfangen, das im übrigen Quatremère auf der Seite der Befürworter findet.51 Ein Jahr nach der Rückführung der napoleonischen Beutekunstwerke sichert das Hereinnehmen der Elgin Marbles in den Londoner Sammlungskomplex dem British Museum internationale Aufmerksamkeit. London ist nun seinerseits zu einem neuen Athen geworden, hat in den Augen der Befürworter des Transports aus Griechenland diese Werke aus den barbarischen Bedingungen befreit, in denen sie sich befanden. Das osma- nische Athen war auch für einen Quatremère etwas anderes als das päpstliche Rom, und während letzteres, wie nun wissenschaftlich nachgewiesen war, primär römische Kopien verlorener griechischer Meisterwerke besaß, konnte sich London (und mit der Aphrodite von Melos ab 1822 auch Paris) der prominentesten Originale griechischer Kunst rühmen. Das British Museum sollte am Modell eines Universalmuseums, d. h. eines Museums der Zivilisationen wie der Künste aller Völker, weiterarbeiten, und dies muss zugleich im Zusammenhang mit dem Ausbau des britischen Kolonialreiches gesehen werden. Für die Europa überschreitenden Sammlungen in London, Paris oder Berlin – sei es durch die Integration der alten königlichen Sammlungen, sei es durch neu transferierte Artefakte anderer Kulturen – stellt sich neuerlich die Frage der Klassifikationen (innerhalb einer Kultur wie der Kulturen selbst). Hier wäre etwa das entwicklungsgeschichtliche Narrativ einer Abfolge von Kulturen zu untersuchen, wie es im Neuen Museum in Berlin (ab 1840) greifbar wird: Die pikturale Dekoration der Museumsräume mit ihren Szenerien vom Turmbau zu Babel bis zu den Kreuzzügen will die atmosphärischen Kontexte evozie- ren, deren Absenz für Quatremère ein zentrales Argument gegen das Museum war und welche das Einzelobjekt wiederum zum Dokument eines kulturellen Zusammenhangs machen möchten. Hier könnte man von ‚Museumskulturen‘ sprechen, d.h. von museal konstruierten Kulturen. Die Frage ist weiterhin, ob man diesen Kulturen eine Geschichte zugesteht oder sie primär geographisch präsentiert; die Antworten und Ordnungs kriterien, welche die Museen gegeben haben, sind oft durchaus inspiriert von oder vergleichbar mit jenen im Diskurs der Schulen der europäischen Malerei. Ägypten kommt im Rahmen der musealen Narrative die Rolle einer Vorgeschichte zu, so schon bei Winckelmann. Daneben gibt es den ethnographischen Blick auf andere Kulturen, denen keine Geschichte zu gestanden wird, wie bis in die jüngste Zeit Afrika; alles dies ist aus der postkolonialen Museumskritik gut bekannt. In diesem Horizont sind die Archäologie und der Transfer von Objekten eine treibende Kraft, und es ist nicht weniger das Osmanische Reich als die Kolonien, dessen Monumente exploitiert werden. Die Elgin Marbles waren nur der Anfang: Das Osmanische Reich umfasste die wichigsten Orte und Protagonisten der europäischen Erzählung der Kulturen, von Babylon über Ägypten bis Griechenland. Nach der Befreiung Griechenlands im dritten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts blieben u.a. die Fundstätten Kleinasiens. Die europäischen Mächte gaben sich ein Stelldichein an der Hohen Pforte; erst in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts setzte Osman Hamdi Bey Gesetze zum Schutz der Antiken durch, die zum Teil (auch von den osmanischen Herrschern) umgangen wurden.
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Subtitle
Europäische Museumskultur um 1800
Volume
2
Author
Gudrun Swoboda
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
264
Category
Kunst und Kultur
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