Page - 373 - in Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2
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373 Grabner Vom „malenden“ zum
„wissenschaftlichen“ Galeriedirektor
und Seestürmen- oder Seestückmaler“.57 Ein weiterer Kommentar zum Maler findet sich
wenige Tage später, am 16. April, nachdem der Kaiser die zu seinen Ehren im Palazzo Caf-
farelli veranstaltete Ausstellung der deutschen Künstler gesehen hatte. Kurz und bündig
meint er dazu: „Am besten gefielen Mir die Bildhauerarbeiten und Malereyen der Gebrü-
der Schadow von Berlin und die Landschaft von Ruobel [sic!], die da war, Tivoli vorstel-
lend. Viel nicht Schönes war da, mehreres nach alter Manier gemaltes.“58 Wenig später be-
stellte der Kaiser bei Rebell die vier Ansichten aus der Gegend von Neapel (siehe Abb. 8
und 9), die auch heute noch wichtige Bestandteile der Schausammlung im Oberen Belve-
dere sind. Der Maler dürfte diese Aufgabe sogleich in Angriff genommen haben, denn die
Bilder waren bereits im Frühjahr des folgenden Jahres in gutem Zustand in Wien eingetrof-
fen, wie ein Schreiben vom 31. März 1820 bestätigte.59
Zu dieser Zeit wollte und sollte Rebell auch die Leitung der kaiserlichen Gemäldegale-
rie übernehmen. So hatte der Maler in seinem Bewerbungsschreiben vom Juni 1819 fest-
gehalten, dass er ab dem Jahr 1820 als Direktor zur Verfügung stehen könne, sofern die
Wahl auf ihn fiele.60 Bald darauf, am 6. November 1819, hatte Franz I. auch dezidiert ver-
merkt, dass Rebell Direktor der kaiserlichen Gemäldegalerie werden solle.61 Warum es aber
über vier Jahre dauern musste, bis der Maler von dieser Entscheidung unterrichtet wurde,
ist heute nicht mehr eruierbar. Offensichtlich aber ist erneut die Diskussion über die Be-
deutung dieses Postens aufgeflammt. Es war besonders Fürst Metternich, der Kurator der
Akademie der bildenden Künste, der einen Maler für diese Position grundsätzlich in Frage
stellte.62 So sprach er sich sowohl gegen Rebell als auch gegen die weiteren Bewerber
Franz Caucig und Johann Peter Krafft aus. Ein Künstler, so argumentierte er später, „wird
allenthalben mehr von Werken aus dem Fache angezogen, in welchem er sich auszeich-
net, mit welchem er am vertrautesten ist […]. Kommt nun ein Künstler in die Lage Ge-
mählde wählen, ihrem Kunst- oder Geldwerth bestimmen, selbe anderen, oder zu ihrem
Studium Anleitung geben zu sollen, so ist es selten der Fall (die Erfahrung weiset es in
Kunstschulen und Gallerien nach) daß der Künstler von seiner Tendenz unbefangen han-
delt […]. Wenn er die Gemählde ordnet, so stehen seine Lieblings-Stücke wo möglich im
vortheilhaftesten Lichte, sodaß andern, wenn gleich nicht minder ausgezeichnete, in den
Hintergrund kommen.“63
So brachte Metternich, „für den Fall daß Allerhöchst Dieselben huldvollest gestimmt
wären diese Stelle einem Kunstverständigen der nicht Mahler ist zu verleihen“, den Na-
men Franz Benedict Ratakowsky ins Spiel.64 Ratakowsky (gest. 1836) war ein in Wien le-
bender Wirtschaftsrat, der eine vorzügliche Sammlung hauptsächlich von italienischen
und niederländischen Gemälden des 16. und 17. Jahrhunderts sein eigen nannte65 und
demzufolge von Metternich als ausgewiesener Kunstkenner eingeschätzt wurde. Neben
diesem möglichen Kandidaten sollte man sich nach Meinung Metternichs aber auch in
den Nachbarstaaten nach einem Mann umsehen, „der ohne selbst ausübender Künstler
zu seyn, alle Eigenschaften eines ächten Kunstkenners in einem so hohen Grade in sich
vereint“.66 Am Beginn des Jahres 1823 meinte Metternich endlich, „in dem gegenwärtig
mit Pension in Rom lebenden Cavaliere Tambroni“ den gesuchten Mann gefunden zu ha-
ben. Allerdings, so räumte er ein, müsse man für eine solche Kapazität die Besoldung von
2000 Gulden auf 3000 Gulden C. M. erhöhen und überdies eine „Bauschale [sic!] in Geld
zur Bestreitung seiner Übersiedlungs-Kosten“ ermöglichen.67 Giuseppe Tambroni (1773–
1824) hatte sich, nachdem durch den Zusammenbruch der napoleonischen Macht und
den Wiener Kongress all seine ehrgeizigen Pläne zunichte gemacht worden waren, auf die
Kunst zurückgezogen. Als Begründer des Giornale arcadico, Herausgeber von Cennino
Cenninis Trattato della pittura und erster Biograph von Antonio Canova war er in diesem
Bereich zu einer einflussreichen Persönlichkeit geworden.68 Wie weit Franz I. diesen von
Metternich so warm empfohlenen Kunstexperten kannte, wie sehr ihm dieser aber auch
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
- Subtitle
- Europäische Museumskultur um 1800
- Volume
- 2
- Author
- Gudrun Swoboda
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79534-6
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 264
- Category
- Kunst und Kultur