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427 Bähr Ein Blick in die Sammlung
schließenden Ansichten der sechs Galeriesäle (Abb. 1), deren genaue Ausgestaltung mit
der Beschaffenheit der Fußböden, der Wandverkleidung bzw. -bemalung sowie der De-
ckengemälde im Vorbericht beschrieben wird. Während die großen Säle weitgehend der
Präsentation der Gemälde gewidmet waren – in ihrer Hängung ganz wie im Theatrum ar-
tis pictoriae gezeigt –, sieht man insbesondere in den kleineren Eckräumen den Typus der
Kunstkammer fortbestehen. Auf diese Ansammlung von Münzen, Skulpturen, Medaillen,
Tierpräparaten und Raritäten unterschiedlichster Gestalt und Materialität ging auch
der Vorbericht ein. Ganz anders als die selbstbewusste Präsentation des umfangreichen
Gemäldebestands vermuten lässt, reihen die Herausgeber ihr Werk in die Tradition der
Kunstkammerliteratur ein und problematisieren die Aussparung dieser Objekte im Galerie-
werk. Ergänzt noch durch eine umfassende Liste der Maler bezieht der Prodromus jetzt den
gesamten Bestand der Stallburg ein. Die Gestaltung der einzelnen Seiten mit den je
vierzig kleinen Radierungen (Abb. 8) wirkt mit ihrer dekorativen Anordnung mit sym-
metrischen Pendants fast wie die tatsächliche Hängung – als die sie auch immer wieder in
der Forschung verstanden wurde.15 Doch was sich so schön zur Illustration der Hängung
im 18. Jahrhundert anbietet, zeigt stattdessen ein reines Dekorationsschema, das sich
damit auch problemlos als Kompositionsprinzip für eine Abbildungsseite übernehmen
ließ.
Dass die Demonstration der Hängung in Innenraumansichten nicht wirklich zur Reprä-
sentation der Sammelleistung geeignet war, lässt sich an Erzbischof Lothar Franz‘ Stich-
werk zu Weissenstein ob Pommersfelden 1728 sehen.16 Hatte der Schlossherr zunächst an
eine Präsentation des Gemäldeschatzes à la Teniers gedacht, blieben vier Innenrauman-
sichten die einzigen Zeugnisse der Gemäldesammlung innerhalb der Stichwerksserie zur
Architektur der Schönborn’schen Besitztümer in Bayern (Abb. 9). Opulent zeigen sich die-
se mit dicht gehängten Gemälden in vier Zonen – kleinere Formate zur besseren Anschauung Abb. 9
Wahrhaffte Vorstellung beyder Hoch=Gräffl.
Schlösser Weissenstein ob Pommersfeld und
Geibach, 1728: Johann Georg Pintz nach
Salomon Kleiner, Die Hauptwand der
Gemäldegalerie von Schloss Weißenstein
ob Pommersfelden
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
- Subtitle
- Europäische Museumskultur um 1800
- Volume
- 2
- Author
- Gudrun Swoboda
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79534-6
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 264
- Category
- Kunst und Kultur