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Bähr Ein Blick in die Sammlung
tative Seite der Sammlung hervorzuheben,
mit dem französischen Werk zu konkurrieren
und mit den beeindruckenden Neuerwerbun-
gen der letzten Jahre zu glänzen.
Die meisten Informationen zur Hängung bie-
tet Nicolas de Pigages und Christian von Me-
chels Stichwerk zur Düsseldorfer Sammlung
Carl Theodors24 und erweist sich damit für die
kunsthistorische Perspektive am ergiebigsten.
Erstmals hatte Carl Theodor 1754 bei der
Sichtung und Verzeichnung der Bestände der
1710 von seinem Vater Johann Wilhelm ein-
gerichteten Galerie über die Anfertigung ei-
nes repräsentativen Galeriewerks nachge-
dacht, wie es ja zeitgleich Karl Heinrich Heine-
cken für den Dresdener Hof veröffentlichte.
Durch den siebenjährigen Krieg zunächst
zum Erliegen gebracht, erfolgte 1762 erneut
eine mit der Neuordnung und -rahmung des
Gemäldebestands einhergehende Inventari-
sierung, die den damit beauftragten Hofma-
ler Lambert Krahe die Idee eines repräsentati-
ven, in Mezzotinto gestochenen Stichwerks
aufgreifen ließ, das über einzelne Blätter je-
doch nie hinaus gelangte.25 Inzwischen hatte
sich jedoch Carl Theodors Vorstellung von ei-
nem rein auf die Gemälde ausgerichteten Ga-
leriewerk hin zu einer Stichserie analog dem Cabinet du Roy verlagert, bei der die Gemäl-
de als Teil des Inventars miteinbezogen werden sollten, der Schwerpunkt dieser „Architec-
ture Palatine“ jedoch auf den Schlossbauten liegen sollte. 1769 erging der Auftrag an Ni-
colas de Pigage, ein Stichwerk zur Galerie mit allen Gemälden herauszugeben, wie es
dann auch 1778 erschien.
Mit einem nach Wandsegmenten durchnummerierten Grundriss, einem an einzelnen
Stellen Einblicke in die Galerieräume gewährenden Aufriss, den Treppenhausmalereien,
insbesondere aber der wandweisen Wiedergabe sämtlicher 358 Gemälde in etwa dau-
mennagelgroßen Radierungen (Abb. 13) rekurrierte Pigages Galerie Électorale26 auf die
Wiener Galeriewerke und ging zugleich konsequent darüber hinaus. Schon das Vorwort
betont die Hängung in der als Interimsbau bezeichneten Galerie in einem „goût nou-
veau“. Im Vergleich zur der im Katalog von Gerhard Josef Karsch27 von 1719 überlieferten
Anordnung wird deutlich, dass nun die Rubensgemälde als Höhepunkt der Sammlung in
den fünften Saal gebracht und etliche italienische Meisterwerke, womöglich nach dem
Vorbild von Dresden und Sanssouci, im Mittelraum zusammengeführt worden waren. Die
seit Karschs Zeiten beibehaltene Saalbenennung allerdings zeigt weder in der „Salle de
Flamande“ noch in den nach Gerard Dou bzw. Adrian van der Werff benannten Räumen
ausschließlich deren Gemälde, sondern betont das Bemerkenswerteste im Raum – auch
wenn es sich wie bei Dou nur um ein Gemälde im Saal handelt. Diese gemischte Hän-
gung, so das Vorwort, biete vor allem die Möglichkeit eines genauen, vergleichenden Stu-
diums. Zugleich liefert das Vorwort Angaben zur Leserichtung der einzelnen Wandabwick-
lungen, nach deren Abfolge die Bildbeschreibungen angeordnet seien. Noch deutlicher
Abb. 13
La Galerie Électorale de Dusseldorff,
1778, Taf. VI
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
- Subtitle
- Europäische Museumskultur um 1800
- Volume
- 2
- Author
- Gudrun Swoboda
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79534-6
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 264
- Category
- Kunst und Kultur