Page - 432 - in Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2
Image of the Page - 432 -
Text of the Page - 432 -
432
Bähr Ein Blick in die Sammlung
Als Galeriewerk befriedigte diese Mischung aus
Katalog und topographischer Bestandsaufnahme
mit ihren winzigen Radierungen jedoch nicht.
Letztlich boten die winzigen Radierungen wenig
mehr als Matthias Österreichs parallel zu den
Sammlungskatalogen der Potsdamer Schlösser
veröffentlichte Hängepläne – Wandabwicklungen
mit gerahmten Künstlernamen und Werktiteln
statt gestochener Gemäldere
produktionen. Wie
als Beweis erschien drei Jahre nach der Veröffent-
lichung des Pigage‘schen Stichwerks separat der
Textband im Oktavformat, billiger, bequemer zu
benutzen und mit dem Titel Catalogue raisonné
zielgenau an den Galeriebesucher adressiert.
Überhaupt waren auch in der Gattung der
Sammlungskataloge schon seit Beginn des Jahr-
hunderts unterschiedliche Ordnungssystemati-
ken durchgespielt worden, die in ihrem Aufbau
mit biographischen Lexika und Auktionskatalo-
gen interagierten.28 Bereits die frühesten Samm-
lungskataloge, die Publikationen von Gerhard
Josef Karsch zur Düsseldorfer Sammlung 171929
und von Tobias Querfurt 1710 zu Schloss
Salzdahlum30, zeigen Ordnungsmodelle, die ent-
weder dem Ort der Galerie verpflichtet bleiben
und die Gemälde nach Räumen verzeichnen
oder, wie im zweiten Beispiel, die praktische
Handhabung auch außerhalb der Galerie in den
Mittelpunkt stellen und diesem Anliegen mit ei-
ner Auflistung der Gemälde in alphabetischer
Ordnung der Malernamen nachkommen. Ein
drittes Modell führte 1752 Bernard Lepicié in
seinem Katalog zu der Gemäldesammlung des
französischen Königshauses vor,31 in dem er sich
eng an Crozats Recueil d‘Estampes anlehnt: Klar
geordnet nach den italienischen, dann den
nordischen Malerschulen informiert er zunächst
biographisch über den Künstler und beschreibt
darauf knapp dessen Werke in der Galerie. Wie
diese unterschiedlichen Modelle fast zeitgleich zu
ein und derselben Sammlung miteinander kon-
kurrierten, macht der Blick auf die Dresdener Sammlungskataloge deutlich. Während
die Einträge zu den Gemälden im erstmals 1765 erschienenen Katalog von Riedel und
Wenzel32 der Hängung in der inneren und äußeren Galerie folgen, wobei entsprechend
einem knappen Begleiter für den Galerierundgang die Charakterisierung der Gemälde
kurz gehalten ist und eine weitschweifige, letztendlich nur Allgemeinplätze wiederholende
Schilderung abgelehnt wird, setzt kaum zwanzig Jahre später Johann August Lehninger33
diesem einen nach Schulen aufgebauten Katalog entgegen, der dem Benutzer mit seinen
gelehrten Exkursen unabhängig vom Galeriebesuch Schul
zusammenhänge erschließen
und eine Geschichte der Kunst vermitteln möchte.
Abb. 15
Galerie du Palais Royal, 1786: François
Dequevauviller nach Adriaen van Stalbemt,
La pêche, Taf. 276
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
- Subtitle
- Europäische Museumskultur um 1800
- Volume
- 2
- Author
- Gudrun Swoboda
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79534-6
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 264
- Category
- Kunst und Kultur