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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2
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450 Patz Schulzimmer sie verbessert hat, denn man kann nun mit Hülfe des Katalogs die Stüke nicht mehr so leicht finden wie vorher.“45 An dem topographischen Schema als Grundlage für den Vorgang der Katalogisierung wurde wohl auch deshalb im Verlauf des 19. Jahrhunderts nur bedingt festgehalten.43 Be- reits das Verzeichniß der Gemälde-Sammlung des Königlichen Museums zu Berlin (1830) von Gustav Friedrich Waagen setzt eine alphabetische Auflistung der Künstlernamen durch, die schließlich auch im deutschsprachigen Raum zum Standard wird.44 Am Ende steht der moderne Handkatalog, der im Unterschied zu seinen Vorgängern über keine raumerschlie- ßende Funktion mehr verfügt, da er seine ursprüngliche, das heißt hinweisende Funktion verloren hat.48 Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass der Betrachter inzwi- schen die chronologische und nach Schulen geordnete Anordnung von Gemälden unab- hängig vom Bestand der einzelnen Galerien derart verinnerlicht hatte, dass er sich in der kunsthistorischen Topographie sicher zu orientieren wusste. Verschulung Als Hauptkriterium der Hängeordnung in der Belvederegalerie hatte sich die Einteilung der Werke in einzelne Schulen erwiesen. Das vergleichende Sehen war im musealen Raum als Technik der Sichtbarmachung das entscheidende Erkenntnisinstrument und Darstellungs- mittel. Ihr lag die Feststellung von Unterschieden und Gemeinsamkeiten in Hinblick auf den Stil/die Manier zugrunde mit dem Ziel, die jeweilige Eigenart der vergleichenden Phänomene herauszustellen und das Verhältnis der beiden ebenso wie das darin enthaltene Allgemeine zu erkennen. In der Vorgeschichte des modernen Kunstmuseums49 waren es insbesondere die Stich- sammlungen gewesen, die dem Kunstliebhaber und Sammler ein vergleichendes Sehen ermöglichten anhand berühmter „Mahler Wercke“ und eine aus diesen Vergleichen sich ergebende Ordnung nach „Uhrsprung, Fortgang und Vollkommenheit ihrer Wercke“, nach Manieren, Ländern, Zeiten und Schulen, und „sie sehen in wie viel Aeste selbige sich durch die Vielheit derer Schüler eingetheilet, und auf wie vielerley Weise der menschliche Verstand einerley Sache, welche nichts als die Nachahmung ist, zu begreiffen fähig, und daß dahero so viele unterschiedene Manieren kommen, welche die Länder, Zeiten, Ver- stand und die Natur durch ihre Mannigfaltigkeit uns hervorgebracht haben.“50 Es war vor allem Roger de Piles gewesen, der in seinem Abrégé de la vie des peintres von 1699 erstmals über das Einzelwerk und die Einzelperson hinausweisende Stilkriterien der Malerei rekon- struierte, die von Antoine-Joseph Dezallier d’Argenville in den drei Bänden seines Abrégé de la vie des plus fameux peintres (3 Bde., 1745–1752) zur differenzierten ‚Abteilung‘ der Malerei nach geographischen, nationalen, regionalen und lokalen Stilen ausgebaut und schließlich von Jean Baptiste Descamps in seinem Werk La vie des peintres flamands, alle- mands et hollandois: avec des portraits gravés en taille-douce, une indication de leurs princi- paux ouvrages, & des réflexions sur leurs différentes manieres, Paris 1753–1763, zudem chro- nologisch geordnet worden war.51 Diese kennerschaftliche Kunstbetrachtung war mit ei- ner experimentell suchenden Ordnung von Kunstwerken unmittelbar verbunden, die sich weniger vor den Gemäldeoriginalen, als vielmehr unter Verwendung von Reproduktionen in Form von Kupferstichen vollzog. Eingeteilt hatte Roger de Piles die europäische Malerei nach insgesamt sechs nationalen Schulen: „Der National-gout ist eine idée, welche die Wercke, so in einem Lande gemachet oder gesehen werden, in derjenigen Verstande, die daselbst wohnen, formiret, und können die unterschiedliche gouts der Völcker in 6erley eingetheilet werden: als, den Römischen, Venetianischen, Lombardischen, Teutschen, Niederländischen und Frantzösischen gout.“52 Im Sinne der Teilung Europas in zwei große Kunstlandschaften hatte er damit ein ungefäh- res Gleichgewicht zwischen den drei Schulen in Italien und drei nördlich der Alpen erreicht.
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2
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Title
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Subtitle
Europäische Museumskultur um 1800
Volume
2
Author
Gudrun Swoboda
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
264
Category
Kunst und Kultur
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums