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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2
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491 Gaehtgens Auf dem Weg zur Kunstgeschichte VIII. Laveaux’ kunsthistorische Quellen Für die Abfassung der Bildkommentare konnte Laveaux einige früher verfasste Texte zu Rate ziehen, von denen er sich jedoch absetzte. Als wesentliche Anregung kann ein Museumsführer für die Düsseldorfer Galerie gelten, der sozusagen frisch aus dem Druck kam, als Laveaux mit der Arbeit begann. 1776 veröffentlichte Jean-Victor Frédou de la Bretonnière, einer der schon erwähnten Professoren der Düsseldorfer Kunstakademie, der einen großen Teil der Nachzeichnungen anfertigte, die Observations raisonnées sur l’art de la peinture appliquées, sur les tableaux de la gallerie électorale de Dusseldorff suivies de quelques remarques, aussi instructives qu’agréables aux amateurs des beaux arts, ein offen- bar nur in wenigen Exemplaren gedrucktes Bändchen.20 Frédou führt, etwa in der Art der späten Salons von Diderot, einen fiktiven Besucher durch die Galerie. Die Bemerkungen zu den Gemälden sind nicht immer von besonderer Originalität. Frédou de la Bretonnière lobt im allgemeinen die Werke überschwänglich, wobei er häufig die seit Roger de Piles geläufigen kunsttheoretischen Prinzipien, dessin, co- loris und composition, besonders in den Mittelpunkt stellt. Sein Bändchen war als eine Art Führer für die Besucher gedacht, die durch dieses Vademecum auf die nach seiner Ansicht wichtigsten Hauptwerke verwiesen wurden. Dieses Werk konnte Laveaux als Grundlage dienen. Wie allerdings unterscheidet sich der Text des Düsseldorfer Katalogs von Frédous Beschreibung der Gemälde? Hierzu kann das bereits oben betrachtete, im 18. Jahrhundert Raphael zugeschriebene Gemälde genaueren Einblick geben. Frédou weist seinen Begleiter sofort auf die besonde- re Qualität bestimmter Motive des Bildes hin. Der Kopf sei belle und bezeuge noblesse und caractère. Es sei gerade die Schönheit der einzelnen Formen, die diesen großen Künstler auszeichne. Und dann folgt eine Bemerkung, die den Autor als Maler und akademischen Lehrer kennzeichnet: Wenn die Gestalt nicht das Kreuz in der Hand hielte, würde man das Gemälde als eine superbe figure académique ansehen, also als ein Resultat einer Aktstudie im Atelier. Und der Maler fügt als Kenner und Lehrer hinzu, „ou il seroit a souhaiter cepen- dant une autre epaule droite, & une autre cuisse gauche“.21 Diese kritische Äußerung des akademischen Lehrers – in der Tat erscheint der linke Oberschenkel zu stark verkürzt – überführt er jedoch in ein allgemeines Lob über dieses schöne Bild eines grand homme. Laveaux’ Katalogtext ist völlig anders abgefasst. Er ist sachlich formuliert und versucht dem Leser zunächst das Bild so vor Augen zu stellen, dass er es sich ohne Abbildung vor- stellen kann. Die ersten Zeilen bezeugen einen sprachlich gewandten Autor, der es ver- steht, das Bild zunächst in seinem Hauptmotiv zu beschreiben. Die Präsentation des Bild- gegenstandes ist insofern gelungen als er die Figur in ihrer komplexen Bewegung verfolgt und dabei das Charakteristische der Haltung, die Ruhe und Kontemplation auszeichnet, herausarbeitet. Der Autor fährt daher konsequent mit dem Ergebnis der Beschreibung fort: „Cette position de figure est des plus belles, en même tems qu’elle exprime avec la plus grande vérité le repos du corps & de l’esprit. C’est une excellente étude d’Acadé- mie.“22 Laveaux greift den Hinweis auf, der sich auch bei Frédou findet, erläutert aber die Ausgewogenheit der Gestalt, die, auf ausführlichem Naturstudium gründend, die Ruhe des Körpers und die geistige Besinnlichkeit miteinander verbinde. Der hier als ein Beispiel ausgewählte Bildkommentar zeichnet sich durch eine klare Struktur aus. Nach einer geschickten Bildbeschreibung, die bereits die Komposition und den Ausdruck der Hauptfigur nachzeichnet, betont der Autor die Besonderheit der Dar- stellung und begründet damit die herausragende Qualität des Werkes. Sein Urteil gipfelt in der elogieusen Bezeichnung Raphaels als Prince des peintres, die er von Frédou über- nimmt. Das didaktische Vorgehen in diesem Bildkommentar belegt, wie der Autor sich da- rum bemüht, den Leser und Besucher der Galerie an die Hand zu nehmen und ihm die Au- gen zum Verständnis der Bilder zu öffnen. Der Kommentar enthält sich aller Details über
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Subtitle
Europäische Museumskultur um 1800
Volume
2
Author
Gudrun Swoboda
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
264
Category
Kunst und Kultur
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