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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2
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502 Bickendorf Marco Lastris L’Etruria pittrice Für die Konzeption einer Malereigeschichte war der Schritt, Miniaturmalerei gleichwertig zusammen mit den Gemälden und den Wandmalereien zu präsentieren und sogar die Bild- geschichte der Malerei mit einer Doppelpräsentation von zwei Reproduktionen aus illuminierten Handschriften einzu- leiten, ein Novum. (Abb. 4) Die einzige Parallele dazu lässt sich in Séroux d’Agincourts Histoire de l’Art par les monumens finden, die allerdings erst 1810–1823 veröffentlicht wurde, obwohl Séroux d’Agincourt schon 1778/79 mit der Material- sammlung dafür begonnen hatte. Zweifellos hinterlässt Las- tris großformatige Präsentation der beiden Beispiele mittelal- terlicher Buchmalerei einen ungleich stärkeren Eindruck beim Betrachter als die Exemplare, die kleinformatig und auf die Umrisslinien reduziert auf den übervollen Seiten der Histoire de l’Art erschienen. Sie bildeten den Auftakt zu einer Ge- schichte, die knapp neun Jahrhunderte umfassen und in einer kontinuierlichen Folge dem Betrachter vor Augen stehen soll- te. Auch darin lag eine Abweichung von der bisherigen Tradi- tion, in der mittelalterliche und neuzeitliche Kunstgeschichte stets in der historiographischen Darstellung auseinanderge- fallen waren.6 Vasari hatte das Mittelalter als Dekadenzperiode in das Proömium seiner Viten ausgelagert und damit zugleich die prinzipielle Schwierigkeit umgangen, die das System der Vi- ten für eine weitgehend anonyme Überlieferung darstellt. Diese Schwierigkeit konnte auch nicht von seinen späteren Kritikern überwunden werden, die verstärktes Gewicht auf die Mittelalterforschung legten, um Vasari in seinen Grundthesen vom Absterben der italienischen Kunst im Mittelalter und vom Florentiner Primat in der rinascita zu widerlegen. Lastris Bildgeschichte hob dieses Problem auf dem Weg der opti- schen Angleichung weitgehend auf. Für die bildliche Repräsentation von einzelnen Werken waren die Unterschiede zwischen dem Vitenmodell und der Erzählung einer zyklischen Verlaufsform irrelevant. Zugleich nivellierten die Reproduktio- nen die Differenzen der Bildgattungen: Die Verschiedenartigkeiten in Größe, Technik, Oberflächenbeschaffenheit und Farbigkeit verschwanden im weitgehend einheitlichen Format und in der Reduktion der Farbkompositionen auf die Grauabstufungen der Punk- te, Linien und Flächen. Darüber hinaus verstärkte der Abbildungsmodus die technisch be- dingte Vereinheitlichung. Alle Reproduktionen sind in das rechteckige Format gebracht, das in den meisten Fällen zumindest durch eine dünne Linie, häufiger jedoch durch einen Mehrfachkontur in unterschiedlicher Linienstärke rahmenartig begrenzt wird. Im Fall der Madonna Rucellai von Duccio, die Lastri für ein Werk von Giovanni Cimabue hielt, wurde dem giebelförmigen Abschluss des Tafelbilds in der Reproduktion eine nochmals um- schriebene längsschraffierte Fläche derart hinterlegt, dass der Betrachter den Eindruck er- hält, das Gemälde und dieser Hintergrund befänden sich in einer gemeinsamen Rahmung. (Abb. 5 und 6) Die oberste Spitze des abgeflachten Giebels ist sogar abgeschnitten und scheint hinter dem Rahmen zu verschwinden. Dies erstaunt angesichts der erkennbaren Bemühung um Detailgenauigkeit, die von den überlängten Fingern der Madonna bis in den Faltenwurf reicht. Im Fall der Maestà von Guido da Siena aus San Domenico in Siena Abb. 4 I. Giosuè che parla ai Principi del Popolo in un Codice della Libreria Laurenziana del Secolo X, in: Marco Lastri, L’Etruria pittrice, Bd. I, 1791, Tav. I
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Subtitle
Europäische Museumskultur um 1800
Volume
2
Author
Gudrun Swoboda
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
264
Category
Kunst und Kultur
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums