Page - 21 - in Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
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sollten somit vor den ersten Grabungen mindestens vier
Körpergräber zerstört worden sein.
Die Grabungen von J. Bayer im Frühjahr 1931 hatten
nach unserem heutigen Verständnis eher den Charakter von
Fundbergungen als von Rettungsgrabungen. So fuhr J. Bay-
er erstmals am 27. März 1931 aufgrund einer Meldung von
Herrn Karl Heinrich zusammen mit einem Herrn Hirsch
nach Kleinhadersdorf, wo ein Herr Johann Muck beim Ri-
golen des Ackers von Herrn Mathäus Habitzl „5 Gräber
angefahren hat“, die sie „sorgfältig ausgraben“22. Die Ber-
gung der Gräber 1–5 (insgesamt 7 Gräber, da Grab 1 die Grä-
ber 1a, 1b und 1c umfasst) erfolgte am Freitag, den 27. und
Samstag, den 28.
3.
1931. Die „2. Expedition“ nach Kleinha-
dersdorf unternahm J. Bayer wieder zusammen mit Herrn
Hirsch sowie mit Frau Lotte Adametz und dem Lehrer Karl
Moßler. Am Gründonnerstag und „Charfreitag“ – 2. und
3.
4.
1931 – grub die kleine Gruppe die Gräber 6–11 aus. So-
wohl am 28.
3. als auch am 2.
4. reisten die Ausgräber jeweils
aus Wien an und konnten somit erst ab Mittag arbeiten. Für
die Erdarbeiten dürften sie aber von weiteren Personen un-
terstützt worden sein, wie aus den Fotos mit zahlreichen
Leuten zu erschließen ist. Bei der „2. Expedition“ wurde die
Arbeit am zweiten Tag bereits um ½
3 Uhr beendet und man
fuhr abends – wie beim ersten Mal – wieder nach Wien.
J. Bayer fertigte von den Gräbern sowohl Lageskizzen
mit knappen Beschreibungen in seinem Tagebuch („Blaue
Hefte“ – siehe z.
B. Tafel 6) als auch Fotos (Tafel 1, 7, 8, 10,
11) an (siehe im Detail Kapitel 4.1), wodurch die Bettung der
Toten und die Lage der Beigaben gut dokumentiert ist. Die
Einmessung der Gräber und der skizzenhafte „Plan des
Gräberfeldes“ ist hingegen schwierig nachzuvollziehen
(siehe Kapitel 3.3).
22. Alle Angaben nach den Aufzeichnungen von J. Bayer, Blaue Hef-
te 25, 1931, 17–32 – verwahrt im „Fundaktenarchiv“ der Prähistori-
schen Abteilung des Naturhistorischen Museums in Wien.
3. Die Erforschung des
Gräberfeldes von
Kleinhadersdorf
3.1 Von den ersten Funden zu den Grabungen von Josef
Bayer und Viktor Lebzelter 1931 (Eva Lenneis)
Die erste überlieferte Fundmeldung erfolgte 1911, also vor
nunmehr 101 Jahren. Viktor Kudernatsch, ein in Poysdorf
und Umgebung überaus eifriger Sammler und Heimatfor-
scher, berichtete damals von einem zerstörten Grab „auf
dem Habitzl Acker beim Wald“19, der entweder mit dem
Acker des Johann Habitzl (Parz. 1386) oder des Mathäus
Habitzl (Parz. 1384/3 – siehe auch Abb. 12 und 14) gleich-
zusetzen sein dürfte. Die Flurangabe „Moosang beim Wald,
Acker des Habitzl, Wilhelmsdorf“ ist einigermaßen verwir-
rend und führte dazu, dass Schädelreste und einige vermut-
lich dazugehörige Keramikfragmente unter dem Fundort
Wilhelmsdorf publiziert wurden20. Wilhelmsdorf ist ein
kleiner Ortsteil zwischen Kleinhadersdorf und Poysdorf
(Abb.
2). Es ist sehr wahrscheinlich, dass V. Kudernatsch das
Fundgebiet zunächst irrtümlich einer falschen Katastralge-
meinde zuordnete. Viele Jahre später, im Frühjahr 1924 mel-
dete V. Kudernatsch erneut, dass auf „Habitzels Acker“ ein
Menschenskelett ausgeackert worden war, und zwar „total
zertrümmert, mit einem Gefäße, welches ganz zerdrückt
war“. Schließlich gibt es noch eine weitere Meldung von
ihm aus dem Jahr 1926, wo über den Fund eines Steinbeiles
berichtet wird, „aufgefunden auf einer Parzelle, wo durch
den Pflug zwei Gräber vollständig … zerstört wurden“. Die
Zerstörung dieser Gräber dürfte bereits 1925 erfolgt sein21.
Aufgrund der eben referierten Berichte von V. Kudernatsch
19. Die Angaben beruhen – wenn nicht anders angegeben – auf den in
der Fundstellendatei des Bundesdenkmalamtes erfassten Daten zu
Fundstelle 3/12/15119 4 3 Marchleithen = Moosang (Markleithen);
Laufende Nummer 15119.18 Kleinhadersdorf, SG Poysdorf, VB
Mistelbach, für deren Übermittlung wir Frau Dr. Marianne Pollak
sehr herzlich danken.
20. Franz et al. 1924, 11 und 58.
21. Fundstellendatei BDA wie oben. 21
Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Title
- Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Authors
- Christine Neugebauer-Maresch
- Eva Lenneis
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-7598-8
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 406
- Keywords
- Neolithic, LBK, cemetery, archaeology, prehistory, Kleinhadersdorf, Lower Austria, Neolithikum, Linearbandkeramik, Archäologie, Urgeschichte, Gräberfeld, Kleinhadersdorf, Niederösterreich
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen