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Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
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Page - 65 - in Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf

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Auswertung 65 vielleicht nicht in Rücken-, sondern in Bauchlage gelegen. Leider ist der Erhaltungszustand des Skelettes so schlecht, dass dies eine nicht verifizierbare Vermutung bleiben muss. Sicher ist die Bauchlage des Rumpfes nur einmal bei einer maturen Frau festzustellen, deren Arme aber mit den Hän- den fast beim Gesicht lagen, wie dies für die Seitenlage ty- pisch ist, die Beine zeigen rechte Hocklage (Grab Verf. 55 – Tafel 35). Die vorgefundene Situation scheint nicht dafür zu sprechen, dass die Bauchlage des Rumpfes die primäre Be- stattungslage war. Es hat vielmehr den Anschein, dass diese Lage des Rumpfes erst infolge des Verwesungsprozesses oder durch späteres Umdrehen des Leichnams zustande kam. Vergleicht man nun die Totenlage der in Kleinhaders- dorf Bestatteten mit jenen in den anderen bandkeramischen Gräberfeldern, so finden sich zu der mit 85  % sehr domi- nanten linken Hocklage auffällig gute Übereinstimmungen mit den beiden Gräberfeldern im östlichen Mitteleuropa, aber nur mit wenigen Nekropolen Deutschlands. Die in Kleinhadersdorf in zwölf Fällen und damit 32  % der Toten festgestellte Rückenlage stellt einen recht hohen Wert dar, der für das östliche Mitteleuropa eher ungewöhnlich ist und nur an der W-Grenze des LBK-Gebietes, im Elsass, über- troffen wird. Der Anteil der in linker Hocklage Bestatteten ist wieder einmal in Vedrovice mit 86,4  % (n = 70) am ähnlichsten, je- ner der rechten Hocker mit 7,7  % (n = 6) aber deutlich ge- ringer als in Kleinhadersdorf, nur zweimal ist Rückenlage und dreimal Bauchlage festgestellt worden60. Die ausge- prägteste Dominanz der linken Hocklage ist aus Flomborn im Rheinland (100  % – 61)61 und Nitra mit 95,6  % (66 von 69 Bestattungen) bekannt. Ob es auch in Flomborn Rü- ckenhocker gab, ist leider mangels ausreichender Doku- mentation nicht festzustellen, in Nitra lag der Anteil der Rückenlage mit 11,6  % (n = 8) jedenfalls deutlich unter je- nem von Kleinhadersdorf62. Selbst bei der kleinen Gräber- gruppe von Těšetice dominieren die linken Hocker, zwei der neun Bestattungen sind Rückenhocker63. Bei den bayeri- schen Gräberfeldern variiert der Anteil der in linker Hock- lage Bestatteten beträchtlich und beträgt im Durchschnitt nur 72,9  % (n = 148). Dieser Prozentsatz wird naturgemäß weitgehend durch das größte Gräberfeld, Aiterhofen-Öd- mühle, bestimmt, wo die linken Hocker 73,7  % (n = 104) ausmachen, während die Anteile in den Gräberfeldern Sengkofen (84,6  % – 22) und Mangolding (90  % – 10) doch 60. Podborský 2002b, 327. 61. Richter 1969, 158. 62. Pavúk 1972, 26. 63. Dočkalová, Koštuřík 1996, Obr. 8, 12. bedeutend höher und in Steinheim (48  % – 12) bedeutend geringer sind64. In Essenbach-Ammerbreite zeigen 15 (68  %) von 22 Skeletten diese Lage, aber nur zwei (9  %) die rechte Hocklage. Von einigen Rückenhockern gibt es Be- denken, inwieweit die vorgefundene Lage dem Zustand zur Zeit der Grablegung entspricht65. Eine ähnlich geringe Do- minanz der linken Hocklage wie in Steinheim / Bayern ist auch in einem der thüringischen Gräberfelder, Sondershau- sen (55,5  % – 25), zu sehen, während in Bruchstedt (68  % – 30) wieder eine ähnliche Bedeutung dieser Lage wie in Aiterhofen festzustellen war. In beiden Nekropolen sind nur wenige Rückenhocker vorhanden, so vier (8,8  %) in Sondershausen und nur zwei in Bruchstedt, die Anzahl der Bauchlagen ist im ersten Fall gleich groß, im zweiten Fall größer als jene der Rückenlagen66. Bei den bayerischen Grä- berfeldern scheint die Rückenlage keine große Bedeutung zu haben, denn in Aiterhofen gibt es gerade zehn (7,1  %), in Sengkofen drei (11,5  %), in Steinheim eine (4  %) und in Mangolding gar keine Bestattung dieser Art, während sie in Rixheim / Elsass (54  % – 13) sogar dominiert67. Erstaunli- cherweise überwiegen auch in dem kleinen Gräberfeld von Rutzing / Oberösterreich die rechten Hocker (7 von 12), wobei die kleine Zahl der ausreichend dokumentierten Be- stattungen bei der Beurteilung zur Vorsicht mahnt. Rücken- lage ist mindestens einmal sicher nachgewiesen (Grab 13)68. In den drei Nekropolen des niederen Elsass hat die Hockla- ge an sich bereits wesentlich geringeren Anteil, die gestreck- te Rückenlage ist dort fast ebenso häufig, während diese in Bayern in nur geringen Zahlen vorkommt69. In den Gräber- feldern des östlichen Mitteleuropa (Vedrovice, Těšetice, Ni- tra, Kleinhadersdorf, Rutzing) gibt es hingegen keine Nach- weise der gestreckten Rückenlage. Die in den meisten deutschen Gräberfeldern ebenso wie in Vedrovice immer nur in sehr kleinen Zahlen vorhandene Bauchlage ist in Kleinhadersdorf nur durch eine vermutlich sekundär verla- gerte Bestattung nachgewiesen. Die in Kleinhadersdorf beobachtete große Variabilität in- nerhalb der Hockerbestattungen ist ein in nahezu allen LBK-Friedhöfen feststellbares und seit Langem bekanntes Phänomen70, wobei die einzelnen Bearbeiter die verschiede- nen Hockertypen unterschiedlich benennen und klassifi- zieren. Bei der Zusammenstellung der Hockertypen in 64. Nieszery 1995, 78  ff. 65. Brink-Kloke 1990, 430 f. 66. Kahlke 2004, 52 und 108. 67. Nieszery 1995, 81. 68. Kloiber, Kneidinger 1970, 24, 28–32, Textabb. 2, 3. 69. Jeunesse 1997, 65 f. 70. Kahlke 1954, Abb.  37.
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Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
Title
Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
Authors
Christine Neugebauer-Maresch
Eva Lenneis
Location
Wien
Date
2015
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-7001-7598-8
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
406
Keywords
Neolithic, LBK, cemetery, archaeology, prehistory, Kleinhadersdorf, Lower Austria, Neolithikum, Linearbandkeramik, Archäologie, Urgeschichte, Gräberfeld, Kleinhadersdorf, Niederösterreich
Categories
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