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Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
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Page - 89 - in Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf

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Auswertung 89 bayerischen Nekropolen häufiger Frauen als Männer mit diesen Objekten ausgestattet wurden159. Der Anteil von 40  % der Frauen, die in Kleinhadersdorf keine erhaltungsfä- higen Beigaben ins Grab bekamen, stimmt nur mit den Be- funden von Nitra und Vedrovice überein, während in Sach- sen und Thüringen die Frauen reicher mit derartigen Beigaben ausgestattet waren. Wie schon in der Einleitung festgestellt, sollte der höhere oder geringere Anteil von Grä- bern mit erhaltenen Beigaben nicht als Hinweis auf den sozi- alen Status der Personen fehlinterpretiert werden. Sowohl die verdächtigen leeren Flächen (für vergangene Grabbeiga- ben?) in den Gräbern als auch der beachtlich hohe Anteil an Frauen, die mit dem – sicher höchst wertvollen – Spondylus- schmuck versehen waren (siehe Kapitel 5.3), lassen eine In- terpretation der erhaltenen Beigaben als Ausdruck der gesell- schaftlichen Stellung höchst zweifelhaft erscheinen. Bei dem Vergleich der 18 Kindergräber von Kleinha- dersdorf mit anderen LBK-Gräberfeldern ist zunächst fest- zuhalten, dass deren Anteil von 32  % an der Gesamtbele- gung des Gräberfeldes relativ hoch ist, aber nicht die Spitzenwerte von Essenbach-Ammerbreite und Bruch- stedt160 sowie von Vedrovice erreicht. Bei Vedrovice gibt es für den Vergleich zwei Probleme. So führt Podborský in der großen Monographie über den Fundplatz nur 20 Kinder und zwei Föten aus den beiden Gräberfeldern an, während in der neueren anthropologischen Untersuchung der Ske- lette 33 Kinder (nur infans I und II) und zwölf Jugendliche aus diesen Gräberfeldern aufgelistet sind, die zusammen einen Anteil von 40,9  % der 110 Individuen haben161. In Kleinhadersdorf wurden von den 18 Kindern 10 (55,5  %) als infans I bestimmt, der Altersgruppe infans II und juvenil gehören je drei (16,6  %) der Kinder an, zwei (11  %) sind Neonaten. Der so hohe Anteil von Kleinkindern (Infans I) in Kleinhadersdorf ist außergewöhnlich und nur noch in Rixheim (50  % von insgesamt 6 Kindern) und Nitra (54,5  % von 22 Kindern) annähernd erreicht worden162. Kinder un- ter einem Jahr sind ganz selten auf LBK-Friedhöfen vorhan- den, nur in Vedrovice beträgt der Anteil der Neonaten eben- falls 11  % (5 Kinder von 45)163. Bei dem Vergleich der erhaltenen Grabausstattungen kann für Vedrovice nur auf die 19 von Podborský genannten Kinder Bezug genommen werden, für die es aber keine Altersangaben gibt. 159. Nieszery 1995, 111. 160. Siemoneit 1997, 17, Abb.  4, 5. 161. Dočkalová 2008, 283 f., Fig. 68; 314 f. Appendix. 162. Siemoneit 1997, 18–21. 163. Dočkalová 2008, 383. – Um eine Vergleichbarkeit herzustellen, wurden zu den angeführten 33 Kindern die 12 Juvenilen dazugerech- net. häufiger bei Frauen als bei Männern zu finden, ebenso bei den sächsischen Nekropolen151. Die häufigere Ausstattung mit Keramik und dies mit mehr Gefäßen dürfte hingegen eine allgemeine Gepflogen- heit für LBK-Männergräber sein. Einige Autoren versuch- ten sogar, Gefäßtypen und das Vorhandensein bzw. Fehlen von Verzierung als geschlechtsspezifisch zu erfassen. Ent- sprechende analoge Analysen zur Keramik von Kleinha- dersdorf ergaben keine verwertbaren Hinweise. Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass die er- haltene Ausstattung der Männergräber von Kleinhaders- dorf in ihren wesentlichen Elementen, den Dechseln und Pfeilspitzen, ebenso wie in der Frequenz der Keramik sich unauffällig in das Ensemble der LBK einfügt. Die höheren Zahlen der Nachweise von Reibplatten und Knochengerä- ten als bei Frauen und Kindern dürfte hingegen nicht auf eine rituelle Vorschrift sondern eher auf lokale Gepflogen- heiten weisen. Die in jeder Hinsicht einmalige Beigabe der gelochten Eberzähne ist schwer zu interpretieren. Zum Un- terschied von den übrigen erhaltenen Beigaben ist keine praktische Funktion dieser Objekte erkennbar, die in der nachfolgenden Lengyel-Kultur häufig und vermutlich nur bei Männern vorkamen. Ähnlich wie der Schmuck sind sie möglicherweise als Prestigeobjekt zu werten. Die weniger zahlreich erhaltene Ausstattung der Frauen- gräber sowie deren geringere Vielfalt stimmen wieder mit vielen, aber nicht allen LBK-Gräberfeldern überein. Die häufigste erhaltene Beigabe ist so wie in Kleinhadersdorf auch in Nitra, Vedrovice, den bayerischen und auch den thü- ringischen Nekropolen die Keramik in zumeist geringeren Zahlen als bei den Männern. Doch schon bei der Frequenz an Silexgeräten gibt es nur mehr eine geringere Übereinstim- mung mit den Verhältnissen in Vedrovice152, während diese in Nitra ebenfalls nur einmal bei einer Frau153 und ebenso selten auch in Bayern154 sowie in Sondershausen155 anzutreffen sind, in Bruchstedt waren zwei Frauen damit ausgestattet156. Die in Kleinhadersdorf auffällig zahlreichen Reibplatten sind er- staunlicherweise nur einmal bei einer Frau niedergelegt wor- den. Dies entspricht wieder etwa den analogen Beobachtun- gen in Vedrovice157 und in Sondershausen158, während in den 151. Nieszery 1995, 112. – Fritsch et al. 2011, 42 f. u. Abb.  10, 59 Abb.  22. 152. Podborský 2002b, 334 f. 153. Pavúk 1972, 74. 154. Nieszery 1995, Abb.  63. 155. Kahlke 2004, 60. 156. Kahlke 2004, 111. 157. Podborský 2002b, 332. 158. Kahlke 2004, 60, Tabelle  6.
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Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
Title
Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
Authors
Christine Neugebauer-Maresch
Eva Lenneis
Location
Wien
Date
2015
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-7001-7598-8
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
406
Keywords
Neolithic, LBK, cemetery, archaeology, prehistory, Kleinhadersdorf, Lower Austria, Neolithikum, Linearbandkeramik, Archäologie, Urgeschichte, Gräberfeld, Kleinhadersdorf, Niederösterreich
Categories
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