Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Recht und Politik
Der Stoff, aus dem Konflikte sind - Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Page - 52 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 52 - in Der Stoff, aus dem Konflikte sind - Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Image of the Page - 52 -

Image of the Page - 52 - in Der Stoff, aus dem Konflikte sind - Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Text of the Page - 52 -

SABINE BERGHAHN 52 Zum Teil konnten sie dennoch weiter mit Kopftuch Recht sprechen, zum Teil wurden sie wegen Befangenheit abgelehnt. Da sie keine Beschäftigten im öf- fentlichen Dienst sind, können entsprechende Kopftuchverbotsgesetze sie nicht verpflichten, die Kopfbedeckung abzunehmen. Auch in Nordrhein- Westfalen ereigneten sich 2006 und 2007 weitere Konfliktfälle, in denen Schöffinnen mit Kopftuch von Vorsitzenden Richtern ausgeschlossen wurden und dann Gerichte über den Ausschluss zu entscheiden hatten. So entschied z.B. das Landgericht (LG) Bielefeld,31 dass die Schöffin T.L. nicht von der Schöffenliste zu streichen sei. Sie sei nicht generell ungeeignet für die Aus- übung des Schöffenamtes, es bleibe eine Frage des Einzelfalls, ob Personen mit Kopftuch die nötige Unparteilichkeit aufbrächten. Kopftuchkonflikt national befriedet? Zusammenfassend lässt sich die Frage, ob der ›Kopftuchkonflikt‹ in Deutsch- land mehr als fünf Jahre nach dem verfassungsgerichtlichen Urteil, das die Regelungskompetenz für Verbote religiöser Zeichen oder Kleidung in die Hände der Bundesländer gelegt hat, mittlerweile gelöst oder entschärft sei, nur negativ beantworten. Die abweisenden Urteile gegenüber den betroffenen Kopftuch tragenden Lehrerinnen haben muslimische Kreise zum Teil noch weiter verbittert und sind Wasser auf die Mühlen der Kritiker/innen der Verbotsgesetze. Dass sich in der deutschen gesellschaftlichen Debatte die Gegner/innen und Befürworter/innen von Kopftuchverboten konfrontativ gegenüberstehen (zur feministischen ›Aufrufkontroverse‹ siehe auch John und Berghahn/ Rostock/Bendkowski in diesem Band), war zu erwarten, dass aber die Rege- lungsstrategie innerhalb eines Nationalstaats so stark differiert und moderie- rende Strategien und Überlegungen kaum zum Zug kamen, verwundert. Auch die Unbekümmertheit der Bundesländer bezüglich der Standards in Europa erstaunt. Sowohl die christlich-abendländischen Regelungen in fünf Bundesländern als auch die eher laizitären in drei anderen Ländern sind pro- blematisch und verletzen liberale Grundrechts- und Menschenrechtsstandards. Zu diesem Ergebnis kam jedenfalls eine Analyse der Menschenrechtsorga- nisation Human Rights Watch, die im Februar 2009 in Berlin der Öffentlich- keit vorgestellt wurde (Human Rights Watch 2009). 31 LG Bielefeld v. 16.03.2006, Az. 3221 b E H 68.
back to the  book Der Stoff, aus dem Konflikte sind - Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz"
Der Stoff, aus dem Konflikte sind Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Title
Der Stoff, aus dem Konflikte sind
Subtitle
Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Authors
Sabine Berghahn
Petra Rostock
Publisher
transcript Verlag
Date
2009
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-89942-959-6
Size
14.7 x 22.4 cm
Pages
526
Keywords
Religion, Migration, Geschlechterverhältnisse, Demokratie, Rechtssystem, Politik, Recht, Islam, Islamwissenschaft, Gender Studies, Soziologie, Democracy, Politics, Law, Islamic Studies, Sociology
Category
Recht und Politik
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Der Stoff, aus dem Konflikte sind