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Der Stoff, aus dem Konflikte sind - Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
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DEUTSCHLANDS KONFRONTATIVER UMGANG MIT DEM KOPFTUCH DER LEHRERIN 57 Islams dagegen bundesrechtlich vollzogen, und auch die Selbstbestimmungs- kompetenz für die Erteilung des Religionsunterrichts durch die Religions- körperschaften ist weiter gesteckt als in den deutschen Bundesländern. Dort gibt es zwar punktuell ebenfalls islamischen Religionsunterricht, jedoch nicht flächendeckend und bislang eher im Versuchs- und Erprobungsstadium (zum Vergleich des Religionsunterrichts Österreich-Deutschland Khorchide 2008). Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass in Deutschland die spe- zifischen Einflüsse des politischen Systems und der ›political opportunity structure‹ die Anerkennung des (freiwillig getragenen) Kopftuchs als legiti- mes religiöses Zeichen eher verhindern als fördern.35 Profilierung von Regierungsparteien als Bewahrer vor Überfremdung und überfordernder Multikultur Meine These, dass neben der starken Stellung des BVerfG auch das politische Profilierungsstreben der Parteien im föderativen System hauptursächlich für die deutsche Regelungssituation ist, legt die Frage nahe, wie die politischen Parteien sich in dieser Kontroverse zu profilieren suchten und wozu dies dienen sollte. Hier ist der bereits erwähnte Zusammenhang zwischen der ›Kopftuchdebatte‹ und der späten Akzeptanz, dass Deutschland eine Einwan- derungsgesellschaft ist, anzuführen (siehe auch die Einleitung zu diesem Band). Üblicherweise werden neben dem ›Staat-Kirche-Regime‹ das jewei- lige Staatsbürgerschaftsmodell (Koopmans et al. 2005) und das damit ver- bundene ›Migrationsregime‹ als wichtige Faktoren zur Erklärung jeweiliger Regulierungstendenzen in der ›Kopftuchfrage‹ angesehen. Die Bundesrepu- blik Deutschland hat schon historisch auf Grund der deutschen Teilung nach dem Zweiten Weltkrieg, der Aufnahme großer Gruppen von deutschstäm- migen Flüchtlingen und des ›ethno-kulturellen‹ Staatsbürgerschaftsmodells (aufbauend auf dem ›ius sanguinis‹) sehr lange daran festgehalten, kein Ein- wanderungsland zu sein. Lange noch wurden die Zuwanderer als ›Gastarbei- ter‹ tituliert und gering ist daher im Vergleich zu anderen Ländern der Anteil der Eingebürgerten an der Bevölkerung mit ›Migrationshintergrund‹. Da ›Gastarbeiter/innen‹ irgendwann wieder in ihre Heimat zurückkehren würden, waren Integrationsmaßnahmen in der Politik lange kein bedeutsames Thema, insbesondere wurde auch die Bildung und Qualifizierung der Kinder und Ju- gendlichen der Einwanderer vernachlässigt. 35 Zwar ist ausgerechnet das Kopftuch von Schülerinnen insofern anerkannt und zugelassen, obwohl sich wegen des Alters der Trägerinnen hier noch die meisten Zweifel an der Freiwilligkeit ergeben. Die rechtliche Anerkennung hängt jedoch eher mit dem aus Art. 6 und 7 GG abgeleiteten ›Elternrecht auf Bestimmung der religiösen Erziehung der Kinder‹ zusammen als mit der Anerkennung von re- ligiösem Pluralismus und korporativer Autonomie islamischer Gemeinschaften.
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Der Stoff, aus dem Konflikte sind Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Title
Der Stoff, aus dem Konflikte sind
Subtitle
Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Authors
Sabine Berghahn
Petra Rostock
Publisher
transcript Verlag
Date
2009
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-89942-959-6
Size
14.7 x 22.4 cm
Pages
526
Keywords
Religion, Migration, Geschlechterverhältnisse, Demokratie, Rechtssystem, Politik, Recht, Islam, Islamwissenschaft, Gender Studies, Soziologie, Democracy, Politics, Law, Islamic Studies, Sociology
Category
Recht und Politik
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