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Der Stoff, aus dem Konflikte sind - Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
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NORA GRESCH/LEILA HADJ-ABDOU 86 sentlichen Kritikpunkt stellt die Untätigkeit des Staats dar, Informationen über die Antidiskriminierungsregelungen bereitzustellen, sich in Dialogen zu enga- gieren sowie öffentliche Institutionen dazu zu drängen, Gleichbehandlungs- maßnahmen zu verwirklichen oder Beispielmaßnahmen beziehungsweise Pro- jekte zu entwickeln (British Council/Migration Policy Group 2007). Die individualrechtliche Institutionalisierungsform von Differenz bzw. der bewussten Inklusion von Differenz in möglichst vielen Bereichen der Gesell- schaft ist in Österreich sehr schwach ausgebildet und eröffnet nur marginal gleichberechtigte Lebensgestaltungsmöglichkeiten. Während Antidiskriminie- rung als rechtliches Instrument bislang kaum in Bezug auf das Kopftuch genutzt wurde, nehmen Beschwerden bei der ›Gleichbehandlungsanwalt- schaft‹ jedoch gegenwärtig zu (Renner 2008). Zudem wurde im November 2008 eine erste Klage seitens einer Kopftuchträgerin durch den ›Klagsver- band‹ zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern eingebracht (Klagsverband 2008). Die insgesamt jedoch schwache Ausprägung und bisher mangelnde An- wendung von Antidiskriminierung bedeutet, dass neben dem ›Citizenship Re- gime‹ und sozioökonomischen Faktoren auch das Antidiskriminierungsregime die ›toleranten‹ Kopftuchregulierungen nicht adäquat erklären kann. Daher werden wir nun den Erklärungsfaktor Kirche-Staat-Beziehung erläutern. Die österreichische Kirche-Staat-Beziehung als Sondermodell Wie die bisherige Darstellung der österreichischen Kopftuchdebatte verdeut- lichte, ist es insbesondere die IGGiÖ, der eine bedeutsame Rolle in den Aus- einandersetzungen um die Anerkennung von islamischen Praktiken zukommt. So war es ihr Präsident, Anas Schakfeh, der nach den genannten Konflikt- fällen in Schulen auf die rechtliche Situation verwies, die auf Forderung der IGGIÖ durch einen Erlass des BMBWK beispielhaft verdeutlicht wurde: »Das Tragen von Kopftüchern durch muslimische Mädchen (bzw. Frauen) fällt als religiös begründete Bekleidungsvorschrift unter den Schutz des Art. 14 Abs. 1 des Staatsgrundgesetzes 1867 bzw. Art. 9 der MRK [Europäische Menschenrechtskonven- tion; Anmerkung der Verfasserinnen]. […] Eine Einschränkung religiöser Gebote steht außerkirchlichen Stellen nicht zu. Daher wäre auch ein allfälliger Beschluss des Schulgemeinschaftsausschusses bzw. des Schulforums, welcher das Tragen von Kopf- tüchern durch muslimische Mädchen im Unterricht per Hausordnung bzw. durch eine Verhaltensvereinbarung verbietet, rechtswidrig« (BMBWK 2004; Hervorhebungen der Verfasserinnen).
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Der Stoff, aus dem Konflikte sind Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Title
Der Stoff, aus dem Konflikte sind
Subtitle
Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Authors
Sabine Berghahn
Petra Rostock
Publisher
transcript Verlag
Date
2009
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-89942-959-6
Size
14.7 x 22.4 cm
Pages
526
Keywords
Religion, Migration, Geschlechterverhältnisse, Demokratie, Rechtssystem, Politik, Recht, Islam, Islamwissenschaft, Gender Studies, Soziologie, Democracy, Politics, Law, Islamic Studies, Sociology
Category
Recht und Politik
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