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Der Stoff, aus dem Konflikte sind - Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
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JUDITH WYTTENBACH 104 und den Betroffenen zumutbar sein. Der Kerngehalt, insbesondere das innere Bekenntnis (›forum internum‹), darf gar nicht eingeschränkt werden.6 Art. 8 Abs. 2 BV verbietet Diskriminierungen auf Grund der Religion. Eine Diskriminierung liegt vor, wenn eine Frau auf Grund ihrer religiösen Überzeugung, die sich im Tragen des Kopftuchs manifestieren kann, herabge- würdigt bzw. benachteiligt wird, wobei es unerheblich ist, ob der Staat die Frau mit der Anordnung oder einem Gesetz absichtlich oder unabsichtlich trifft. Die Diskriminierung kann direkt (z.B. keine Anstellung von musli- mischen Frauen in der Gemeindesozialarbeit) oder indirekt (z.B. ein generel- les Kopfbedeckungsverbot in einer Staatsstelle, welches muslimische Frauen übermäßig treffen würde) sein. Keine Diskriminierung liegt vor, wenn ent- sprechende Gesetze oder Einzelakte durch qualifizierte, sachliche und objek- tive Gründe gerechtfertigt werden können (Kiener/Kälin 2007: 362 f7). Sowohl die Glaubens- und Gewissensfreiheit, als auch das Diskriminie- rungsverbot besitzen nicht nur eine Abwehrfunktion, sondern müssen in der gesamten Rechtsordnung zum Tragen kommen.8 Das Gesetzes- und Verord- nungsrecht ist entsprechend grundrechtskonform auszulegen und die Geltung unter Privaten wird über die Schutzpflicht des Staates realisiert. Er muss der Grundrechtsverwirklichung in jenen Privatrechtsverhältnissen besondere Auf- merksamkeit schenken, welchen ein Machtungleichgewicht inhärent ist (wie dem Arbeitsrecht). Das Zivil- und Strafrecht enthält einzelne Normen zum Schutz vor ethnisch-kulturellen Übergriffen. Herabsetzende Äußerungen zwischen Pri- vaten, die an Rasse, Religion oder Ethnie anknüpfen, können eine Persön- lichkeitsverletzung nach Art. 28 des Zivilgesetzbuchs (ZGB) darstellen oder unter den Straftatbestand der Beschimpfung nach Art. 177 des Strafge- setzbuchs (StGB) sowie bei Vorliegen der entsprechenden Qualifizierung unter den 1994 neu ins StGB aufgenommenen Straftatbestand der Rassen- diskriminierung fallen (Art. 261bis StGB).9 Die Schweiz verfügt über das 6 BGE v. 12.11.1997, BGE 123 I 296, E. 2.cc; siehe auch Müller 1999: 87 f; Schefer 2001: 456 f. 7 Regina Kiener und Walther Kälin verlangen überdies auch beim Diskriminie- rungsverbot eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, wie sie bei den Freiheitsrechten üblich ist; das BG hat sich dazu bisher nicht geäußert. 8 Art. 35 BV: »(1) Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Gel- tung kommen. (2) Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen. (3) Die Behör- den sorgen dafür, dass die Grundrechte, soweit sie sich dazu eignen, auch unter Privaten wirksam werden«. 9 Art. 261 bis StGB: »Wer öffentlich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion zu Hass oder Diskriminierung aufruft; wer öffentlich Ideologien verbreitet, die auf die systematische Herab- setzung oder Verleumdung der Angehörigen einer Rasse, Ethnie oder Religion gerichtet sind; wer mit dem gleichen Ziel Propagandaaktionen organisiert, för-
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Der Stoff, aus dem Konflikte sind Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Title
Der Stoff, aus dem Konflikte sind
Subtitle
Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Authors
Sabine Berghahn
Petra Rostock
Publisher
transcript Verlag
Date
2009
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-89942-959-6
Size
14.7 x 22.4 cm
Pages
526
Keywords
Religion, Migration, Geschlechterverhältnisse, Demokratie, Rechtssystem, Politik, Recht, Islam, Islamwissenschaft, Gender Studies, Soziologie, Democracy, Politics, Law, Islamic Studies, Sociology
Category
Recht und Politik
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