Page - 25 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
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I. Fachbereiche
sich sammelte und im wahrsten Sinne des Wortes um
sein Leben sang, waren vielfach die Seelen zahlreicher
Chöre und Gesangsvereine (so etwa der → Zvezda in
Keutschach/Hodiše). Thomas → Koschat aus dem
einst weitgehend slowenischen Viktring/Vetrinj popu-
larisierte das für das Slowenische so charakteristische
→ Volkslied über die Landesgrenzen hinaus, wenn auch
in deutscher Sprache. Die → Tamburizzamusik in den
zahlreichen Tamburizzachören wurde aus einer pansla-
wischen Motivation heraus (→ Panslawismus) zu einer
weiteren typischen Ausdrucksform slowenischen kollek-
tiven Kulturschaffens in Kärnten/Koroška, die zu einer
gemeinsamen Identität beitragen sollte, ebenso wie das
→
Theater bzw. das → Laienspiel das auch die sprach-
liche Vervollkommnung unterstützte. Diesem Zwecke
dienten ebenso die zahlreichen Vereinsbibliotheken und
Lesehallen, die zudem die → Lesekultur heben sollten.
Biografische Forschungen. Die slowenische Kultur-
geschichte umfasst zudem das weite Feld der biogra-
fischen Forschungen zu jenen Personen, die relevante
kulturgeschichtliche Beiträge leisteten, wobei vielfach
erst ihre Zusammenschau und die besondere sloweni-
sche kulturhistorische Perspektive neue Einblicke in
gesellschaftliche Zusammenhänge erlauben.
Die Biografien der slowenischen Bischöfe F. X.
→
Luschin/Lušin, J. P. → Paulitsch/Paulič, F.
K. → Kuttnar/Kutnar ebenso wie jene von I. F.
→
Zimmermann und A. M. → Slomšek, die alle in
der ersten Hälfte des 19. Jh.s und etwas darüber hin-
aus wirkten, ergeben zusammen wertvolle zusätzliche
Erklärungsmomente für die gesellschaftliche Stellung
des Slowenischen als → Landessprache und deren Ver-
ankerung in der → Landesverfassung von 1849, die
so nicht als historische Zufallserscheinung, sondern
durchaus in ihrer historischen Logik erscheint. Glei-
ches gilt für das Wirken des Statthalters in der Funk-
tion des Landeshauptmannes J. N. → Schloissnigg/
Šlojsnik, der sich zehn Jahre institutionell für die
Gleichberechtigung des Slowenischen einsetzte und in
dessen Amtszeit die Genehmigung zur Gründung der
→
Mohorjeva fällt ebenso wie das Erscheinen des zwei-
sprachigen → Landesgesetzblattes.
Zahlreich waren die kärntnerslowenischen Politiker,
→
Bürgermeister der → Koroška slovenska stranka und
→
Abgeordnete zum Landtag, die einen integrativen
ethnopolitischen Beitrag zur gesellschaftlichen Ent-
wicklung leisten wollten und die durch ihre Funktion
bestätigten, dass das Land zwei Landesteile hatte, aber nicht → zweisprachig oder → gemischtsprachig im
heutigen Sinn war. Slowenische Bürgermeister waren
etwa Florijan → Ellerdsorfer (Griffen/Grebinj),
Josef → Hebein (Feistritz im Gailtal/Bistrica na Zilji),
Ferdo → Kraiger (Globasnitz/Globasnica), Matevž
Krasnik (→ Šentjanž), Jurij →
Kraut (Feistritz ob
Bleiburg/Bistrica pri Pliberku), Mirko → Kumer-
Črčej (Moos bei Bleiburg/Blato – und Vizebürger-
meister von Bleiburg/Pliberk), Pavel → Miklavič
(Moos bei Bleiburg/Blato), Johann → Millonig
(Hohenthurn/Straja vas), Matija → Prosekar (Kött-
mannsdorf/Kotmara vas), Alois → Schaubach, beide
Johann → Schnabls und Ferdinand → Wiegele
(alle vier Hohenthurn/Straja vas) sowe Mathias → Vo-
spernik (Wernberg/Vernberk).
Zu ihnen reihten sich Träger des Amtes des Vize-
bürgermeisters wie Florijan → Lapuš in St. Johann
i.
R./Šentjanž v Rožu, ebenso zahlreiche Gemeinderäte
wie etwa Franc → Resman in Ledenitzen/Ledinca,
Luka → Sienčnik in Eberndorf/Dobrla vas, Andrej
→ Sturm in St.
Thomas am Zeiselberg/Šenttomaž pri
Celovcu, Josip → Vintar in St. Michael bei Bleiburg/
Šmihel pri Pliberku sowie der Klagenfurter Stadtrat
Bernard Gašper → Rossbacher. Eine solche Vielzahl
wurde in der Folge u. a. durch Gemeindezusammen-
legungen allein aufgrund der statistischen und demo-
grafischen Gegebenheiten oftmals gezielt unmöglich
gemacht (→ Germanisierung, statistische). In der Bio-
grafie des Jakob → Lutschounig aus Maria Rain/
Žihpolje spiegeln sich die politische Geschichte, die
Assimilation und der Sprachwechsel im Land.
Ein aus der slowenischen kulturhistorischen Per-
spektive wenig bearbeitetes Feld biografischer For-
schung bilden die Klagenfurter Bürgermeister früher
Epochen, von denen 1588 Christoph → Windisch
der erste von den Landständen berufene Bürgermeister
war, zumal nicht nur eine Reihe von ihnen offensicht-
lich Namen slowenischer Herkunft haben, sondern die
Stadt auch 1793 eine zweisprachige Marktordnung
erhielt (→ Klagenfurter Marktordnung aus 1793) und
sich jahrhundertelang im slowenischsprachigen Bin-
nenland befand.
So manche Biografien erfolgreicher Emigranten
zur Zeit der Monarchie geben Einblick in die gesell-
schaftspolitische Situation des Slowenischen abseits
von Gemeinplätzen. So wurde Milan → Amruš, Sohn
des k. u. k. Militärarztes Ivan → Amruš, Bürgermeis-
ter von Zagreb. Und der Besitzer einer der größten
Bierbrauereien in Frankreich seiner Zeit, der Kött-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 1: A – I
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 542
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55