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Ahacel, Matija
dieser positiven Breitenwirkung der Gesellschaft war
A.s Idee, für das ganze Land 23 zuständige Korrespon-
denten zu nominieren, die als Verbindungsglieder Be-
richte über den Zustand des jeweiligen Gebietes liefern
sollten. Auch an der Formulierung der 1830 genehmig-
ten Statuten war A. wesentlich beteiligt. Die Anlage ei-
nes in Klagenfurt/Celovec noch fehlenden öffentlichen
botanischen Gartens war A. ein persönliches Anliegen.
Er realisierte ihn auf seinem Privatgrund in der Kla-
genfurter Viktringer Vorstadt/Vetrinjško predmestje
und stellte ihn der Ackerbaugesellschaft zur Verfügung.
Der Garten erhielt 1831 einen öffentlich-rechtlichen
Status, nachdem er in das Eigentum der Gesellschaft
übergegangen war. Das Areal diente zur Erprobung
wenig verbreiteter Nutzpflanzen, der Obstbaumzucht
oder dem Versuchsanbau von vegetabilen Surrogaten
für Kaffee. Der Garten hatte auch eine Lehrfunktion
im Naturgeschichteunterricht.
Der zweite Aspekt ist A.s Bedeutung und Ausstrah-
lungskraft als Pädagoge. Es gelang ihm, sowohl bei sei-
nen Schülern, wie auch bei seinen Mitmenschen das
Interesse für Naturgeschichte zu wecken. Dass er be-
sonders prägend wirkte, beweist einer seiner berühm-
testen Schüler, Friedrich →
Welwitsch, der botani-
sche Erforscher Angolas. Ein Bereich des Gartens war
nach dem gängigsten System der Zeit, nach dem Carls
von Linné, geordnet. Im Garten wurde demnach the-
oretisches Wissen der Systematik vermittelt. Zugleich
wurde er auch als Versuchsgarten genutzt, was eine
geglückte Symbiose der Vermittlung von Theorie und
Praxis belegt. A.s eigene Naturaliensammlung stand
seinen Studenten und anderen Interessierten ebenfalls
zur Verfügung, allerdings blieb sein Einsatz für die
Gründung eines in Kärnten/Koroška noch fehlenden
Museums wegen einer Choleraepidemie und mangels
eines entsprechenden Gebäudes zunächst noch erfolg-
los. Indem A. testamentarisch verfügte, dass sein ganzer
Besitz von der Ackerbaugesellschaft öffentlich verkauft
und in die Förderung des Schulwesens investiert würde,
wirkte er über seinen Tod hinaus. Sammeln im Sinne
des Zusammentragens von Daten, Wissen und Objek-
ten bildete eine auf allen Gebieten grundlegende Akti-
vität A.s. Sie war lokalpatriotisch motiviert und auf die
Kultur und Natur von Kärnten/Koroška bezogen.
Das Sammeln slowenischer Lieder ist besonders
hervorzuheben. Es ist die dritte Aktivität, die mit A.s
Person verbunden ist. Lange vor Thomas →
Koschat,
der sich persönlich der Komposition deutschsprachiger
Kärntner Lieder widmete, ging es A. in einer eigenen Publikation Pesme po Koròshkim (1833) um die Do-
kumentation von slowenischen → Liedern (vgl. A. M.
→ Slomšek). A., der in einem Bewerbungsschreiben
von sich angegeben hatte, dass er sich »slavisch, deutsch,
lateinisch, italienisch, französisch und griechisch zu
verständigen vermochte«, nannte seine Muttersprache,
die ihm ein wichtiges Anliegen war, hier nicht zufällig
an erster Stelle. Infolge des Einflusses der Romantik
und einer Konzentration auf die lokale Kultur etab-
lierte sich diese Hinwendung zur bewussten Darstel-
lung des bisher in Kärnten/Koroška kulturell eher mar-
ginalisierten Slowenisch als lebendiges ethnografisches
Programm, das auch von Urban → Jarnik und Matija
→ Majar getragen wurde. Nach der Einführung des
Slowenischen 1821 im → Priesterseminar in Klagen-
furt/Celovec übergab er diesem slowenische Bücher als
Spende.
Dass A. sich auch einem vierten Betätigungsfeld, der
angewandten Meteorologie, widmete, ist am wenigsten
bekannt. Als Professor der Mathematik betreute er auch
die Sammlung von Instrumenten, die er für die regelmä-
ßige Wetterbeobachtung nutzte. Eine kontinuierliche,
bis zur Gegenwart reichende, ununterbrochene meteo-
rologische Messreihe in Klagenfurt/Celovec, beginnend
1806, ist A.s persönliche Initiative. Bereits 1812 nützte
er das Intelligenzblatt der Klagenfurter Zeitung und spä-
ter ab 1814 die → Carinthia, um Listen der Ergebnisse
von dreimal täglich vorgenommenen Thermometer-,
Barometer- und Hygrometer-Ablesungen periodisch
zu veröffentlichen. Schon 1830 thematisierte er den
innovativen Gedanken eines über das Land verteilten
Messnetzes, an dem sich Freiwillige beteiligen könnten,
ein Plan, der nicht zuletzt von Johann Prettner, A.s
Schüler, ab 1846 in die Realität umgesetzt wurde. Dass
Kärnten/Koroška in der zweiten Hälfte des 19. Jh.s über
das dichteste funktionierende Messnetz innerhalb der
habsburgischen Länder verfügte, geht auf A.s Wirken
zurück. Dabei ging es ihm als Agronomen darum, mög-
liche Zusammenhänge zwischen Witterungsverhältnis-
sen und Ernteerträgen darzustellen.
Werke : Übersicht und Vergleichung der meteorologischen Beobachtung zu
Klagenfurt. In : Car 4/14–15 (1814) ; Die Kultur des Kaffee-Stragels. In :
Car 15 (1825) 41–44 ; Bericht über den Erfolg des unter Prämienaus-
setzung zu Lindenhain 1830 stattgefundenen Probepflügens. In : Blätter
für Landwirtschaft und Industrie 1 (1831) 70–74 ; M. Ahazel : Pesme
po Koròshkim ino Shtajarskim snane, enokoljko popravlene ino na novo
sloshene. V Zelovzi 1833 (3 1855).
Lit.: Wurzbach, SBL ; ÖBL ; ES ; OVSBL. – T. Lanner : Nekro-
log nach Mathias Achazel. In : Mittheilungen über Gegenstände der
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 1: A – I
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 542
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55