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Altladinisch
mission und der ältesten slawischen Kirchensprache. In : Die Slawischen
Sprachen 8 (1985) 119–128 ; O. Kronsteiner : Altbulgarisch oder/und
Altkirchenslawisch ? Eine Glosse zu slawistischen Benennungsmythen.
In : Die Slawischen Sprachen 9 (1985) 119–128 ; K. Sturm-Schnabl :
Der Briefwechsel Franz Miklosich’s mit den Südslaven – Korespondenca
Frana Miklošiča z Južnimi Slovani. Maribor 1991 : 350 f.; O. Kron-
steiner : Wie kommen die Moravismen an die Morava/March ? In : Die
Slawischen Sprachen 33 (1993) 131–148 ; O. Kronsteiner : Waren in der
Salzburger Kirchenprovinz schon vor Method Teile der Bibel ins Altslo-
wenische übersetzt ? In : Die Slawischen Sprachen 53 (1997) 19–36 ; K.
Sturm-Schnabl : Kurzer historischer Exkurs in die Frühzeit, Kyrillo-
Methodianische Bibel, Franz Miklosich – Fran Miklošič (1813–1891).
In : M. Mitrović : Geschichte der slowenischen Literatur, Von den
Anfängen bis zur Gegenwart. Klagenfurt/Celovec 2001 : 17 f., 21 f.,
186 f.; K. Sturm-Schnabl : Aktualnost Miklošičevega znanstvenega dela
in misli. In : Jezikovni zapiski 10/2 (2004) 19–46.
Otto Kronsteiner
Altladinisch, →
Glottonym für die noch nicht schrift-
sprachlichen ladinischen Dialekte des Alpenraums im
Mittelalter. Eigenbezeichnung ladin, altbairisch wal-
chisch/welsch, slow. (historisch) vlaško/laško.
Der gebildete Europäer kennt Latein aus dem La-
tein unterricht in Gestalt klassischer Texte, die katholi-
schen Priester als Liturgie- und Kirchensprache. Die
lateinische Volkssprache (literaturüblich Vulgärlatein)
wurde von Anfang an aus dem Unterricht und der For-
schung exkludiert. Sie entfernt sich schon zur Zeit des
Imperiums (auch in den Alpenländern) unter dem Ein-
fluss der einheimischen Dialekte von der uns bekann-
ten Literatursprache. Fast überall entstehen neue eigene
Sprachen, obwohl diese »Volkssprachen« nur gespro-
chen und lange nicht schriftlich verwendet wurden. In
den Straßburger Eiden (842) unterscheidet man die lin-
gua latina von den beiden Volkssprachen lingua romana
und lingua teodisca. Im baivarischen Raum unterscheidet
man romani als Rechtsträger (possessores, tributarii) und
latini als Sprachbenützer. Heute spricht/schreibt man
(Literatursprache) Ladinisch in Südtirol, im Schweizer
Engadin (deutsch meist rätoromanisch oder rumontsch)
und in Friaul (deutsch meist friulanisch oder friaulisch).
Die potenzielle Gesamtzahl der Ladiner liegt heute bei
700.000 Sprechern ohne gemeinsame Literatursprache.
Im Alpenraum wurden entgegen literaturüblicher
Behauptungen jahrhundertelang ladinische Dialekte
gesprochen. 591 war in Teurnia/Lurnfeld in Kärnten
ein ladinischer Bischof Leonianus im Amt. Um Salz-
burg wurde bis ins 13. Jh., um Innsbruck bis ins 16.
Jh. ladinisch gesprochen. 1316 werden in Ulmerfeld
(Niederösterreich) duo coloni latini erwähnt. Die vielen
→ Walchen-Orte (Walchen, Seewalchen, Strasswalchen, Traunwalchen, Rotwalchen) weisen darauf hin, dass
noch lang in diesen Sprachinseln A. gesprochen wurde.
Bei den karantanischen Slowenen zeigen es die Ortsna-
men Ladin, Ladinik und Laschitzen in Teurnia/St.
Peter
in Holz (zu vlah/lah, dem späteren slawischen Wort für
Romanen in Südosteuropa, polnisch : Włochy »Italien«),
im Land Salzburg Latein, Ladein.
Erkennbar wird A. in lateinischen Texten als
»schlechtes Latein« sine flexione (aus Sicht der klassi-
schen Philologen : Endungsfehler, Kasusfehler). Sonst
in → Personennamen, besonders zahlreich im Salz-
burger → Verbrüderungsbuch (784–1111), wo ladini-
sche Namen in lateinischer und ladinischer Form ne-
beneinander genannt sind (Amicus/Amico, Dominicus/
Dominico, Ursus/Urso). Auffällig sind auch die belieb-
ten Sentimental-Formen auf ello (geschrieben meist
ilo, literaturüblich »westgermanisch«) wie Tasso/Tas-
silo, Oto/Otilo, Urso/Ursilo, Izzo/Izzilo, Cazzo/Cazzilo
(→ Kocelj). Dieses Sentimentalsuffix (vgl. lat. frater/
fratellus, soror/sorella) ist noch heute als erl im österrei-
chischen Bairisch lebendig (Freunderl, Schnitzerl, Ma-
derl, Dirnderl) im Gegensatz zum norddeutschen chen
(Freundchen). Ein gutes Drittel der ca. 1.200 Namen
des Salzburger → Verbrüderungsbuches ist ladinisch.
Besonders deutlich ist die Ladinia submersa in geografi-
schen Namen des alten Zentral-Baierns (→ Bagoaria)
beiderseits von Salzach/Ivaro und Inn/Aenus erkenn-
bar : in Ortsnamen wie Muntigl (< monticulus/munti-
culu), Gampern (< campus/campu), Bradl (< pratellum/
pratellu), Plain (< plagina/plaina) und in den zahlrei-
chen Namen ehemaliger villae rusticae und villaria auf
ina/in (bairisch-kreolische Form = ing für ladinisch in
< lat. inus) wie villa Ursina (> Üršin > Irsching). Der
Großteil der ing-Namen geht auf ladinisch in zurück
(literaturüblich : althochdeutsch, folglich germanisch
ing).
Die Mönche von St. Peter haben Ladinisch und
Bairisch (→
Altbairisch) gesprochen. Wegen des ho-
hen Anteils ladinischer Personennamen im Verbrüde-
rungsbuch dürfte A. im Klerus dominiert haben. Die
Mönche kommen aus den zahlreichen Walchen-Orten
der Umgebung. Die Kontaktsprache der Salzburger
Priester mit den karantanischen Fürsten war offen-
sichtlich Ladinisch, wie auch aus den nach → Karanta-
nien entsandten Ladinern → Modestus, Maioranus, La-
tinus zu erkennen ist. Ein Salzburger Priester namens
Lupo (ladinisch »Wolf«) hat den Sohn und Neffen des
Karantaner Fürsten Borut (→
Duces Carantanorum)
am → Chiemsee wahrscheinlich auf Ladinisch im
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 1: A – I
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 542
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55