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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
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Page - 100 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I

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100 Antisemitismus und finanziellen Erfolg, sowie zur Einbindung in alle Sphären der Hochkultur, Wissenschaft und Politik und zum rasch wachsende gesellschaftliche Einfluss der jü- dischen Gemeinschaft beitrug, was wiederum den Neid der christlichen Mitbürger begünstigte. Als eine jüdi- sche Masseneinwanderung aus dem Osten, vor allem aus Polen und Russland einsetzte, wurde nach 1870 der A. in der ungarischen Reichshälfte noch prononcierter. In der ungarischen Reichshälfte war es zwischen 1870 und 1914 fast zu einer Verdoppelung des jüdischen Be- völkerungsanteils gekommen, 1910 stellten die Juden ca. 5 % der Bevölkerung Ungarns. Als Beginn der verstärkten Aggressionen gegen die Juden kann das im September 1882 beschlossene deutschnationale Linzer Programm identifiziert wer- den, welches die soziale und die nationale Frage in den Vordergrund stellte. Es wurde der Zusammenschluss aller deutschsprachigen österreichischen Länder, un- ter Einschluss Böhmens und Mährens, gefordert. Zur Absicherung der deutschen Mehrheit im Parlament verlangte man eine administrative Trennung Dalma- tiens und Galiziens von den österreichischen Ländern. Deutsch sollte alleinige Staatssprache (→  Amtsspra- che) werden, rein über die dynastische Linie aber hätte die Anbindung an Ungarn zu laufen. In den Städten der innerösterreichischen Kronländer (→  Innerösterreich), wo die Juden vom aufkommenden slowenischen Bürgertum als Konkurrenz betrachtet wurden, die es zu bekämpfen galt, herrschte Mitte des 19. Jh.s eine ausgeprägte antijüdische Stimmung (1884 etwa wurde in Ljubljana zu diesem Zweck der Verein Slovenski narod [Das slowenische Volk] gegründet). Studierende vom Land wurden in ihren Studienstädten zu Antisemiten (rassischer A. wird in den Spomini [Er- innerungen] Josip →  Vošnjaks oder bei Josip →  Apih thematisch verarbeitet). Durch die Dreyfus-Affäre (1894–1899) in Frankreich und die Hilsner-Affäre (1899) in Böhmen bekam der slowenische A. Stärkung. In den innerösterreichischen Kronländern waren Ka- tholiken und Liberale, Austrophile, Slawophile und In- tellektuelle ebenso wie das einfache Volk Antisemiten. Die Sozialdemokraten und die Anhänger Masaryks bildeten eine Ausnahme und wurden von den übrigen Parteien beschuldigt, unter dem Schutz einer jüdischen »Lobby« zu agieren. Die ersten umfangreicheren Judenverfolgungen sind in Kärnten/Koroška bereits für das Jahr 1338 in Wolfsberg (Volšperk) belegt, während in manchen anderen Orten die Juden im Einvernehmen mit der christlichen Bevölkerung lebten. Im frühen 15. Jh. und Ende des 15. Jh.s wurden die jüdischen Gemeinden aus →  Villach/Beljak und Friesach (Breže) vertrie- ben, nach 1496 bzw. am Beginn des 18. Jh.s aus ganz Kärnten/Koroška bzw. aus allen innerösterreichischen Kronländern. Ende des 18. Jh.s wurde Juden der Auf- enthalt wieder erlaubt (→  Josephinismus). Die Ers- ten, die wiederkamen, waren zunächst Hausierer aus Böhmen, Mähren oder Ungarn. Erst 1867, nach der Aufhebung der persönlichen Beschränkungen, konn- ten sich Juden wieder verstärkt in den innerösterrei- chischen Kronländern und damit in Kärnten/Koroška ansiedeln. Die Volkszählung 1910 ergab 341 jüdische Personen, die großteils in und um Klagenfurt/Celovec, ein größerer Teil auch in Villach/Beljak als Teil der Kärntner Bevölkerung, lebten. Sie verfügten seit 1887 sogar über eine eigene Israelitische Kultusgemeinde in Klagenfurt/Celovec. Nach der →  Volksabstimmung 1920 war offenbar der antisemitische Druck vonseiten der →  deutschnationalen Vereine und Organisationen in Kärnten/Koroška noch nicht extrem stark, denn die- sen war die »Abrechnung« mit der slowenischen Volks- gruppe vorrangig. Bis zum Ende der 1920er-Jahre aber wurden die antijüdische Propaganda und die verbale Aggression gegen die Juden immer stärker. Nach dem →  »Anschluss« Österreichs an Nazi-Deutschland kam es auch in Kärnten/Koroška zu systematischen Verfol- gungen, Plünderungen, Enteignung und Deportation der jüdischen Bevölkerung. Für die Kärntner Slowenen wurde der christliche Antijudaismus zum Muster, der in der katholischen slowenischen Presse (→  Publizisitk) zumeist mit an- tisozialistischer oder »antibolschewistischer« Agita- tion verbunden und mit Argumentationsstrategien des wirtschaftlichen und des rassischen A. verstärkt wurde. Die in der Presse und Literatur transportier- ten Stereotypen und Vorurteile wurden bisher nur am Rande thematisiert (Grdina 1989, Malle 2005). Mirjam Malle untersuchte in ihrer Bereichsarbeit die zentralen katholischen Zeitschriften auf antise- mitische Äußerungen. Für die Zeit vor der Volksab- stimmung fand sie in →  Mir nur wenige Belege, für die Zwischenkriegszeit aber im →  Koroški Slovenec zahlreiche Belege mit hoher verbaler Aggressivität, in der Zeitschrift →  Nedelja hingegen weniger Belege des A. Einige Belege fand sie auch im Mohorjev ko- ledar (→  Celje, →  Koledar Mohorjeve družbe) in den 1930er-Jahren, darunter sehr groteske →  Karikaturen (1939, 63 und 102). Aggressiver A. findet sich auch in
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Subtitle
Von den Anfängen bis 1942
Volume
1: A – I
Authors
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
542
Categories
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
  2. Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
  3. Geleitwort von Johannes Koder 9
  4. Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
  5. Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
  6. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
  7. Verzeichnis der Siglen 40
  8. Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
  9. Editoriale Hinweise 51
  10. Lemmata Band 1 A – I 55
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