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Geographie, Land und Leute
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
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Page - 105 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I

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105 Archäologisches Bild von Kärnten/Koroška im Frühmittelalter. Erstellung einiger Interpretationsmodelle (→  Topo- nyme, alpenslawische [slowenische] in der Steiermark, →  Toponyme slawischer bzw. slowenischer Herkunft in Osttirol und in Salzburg). Die mittelalterlichen Autoren schreiben von den →  Slawen als von Leuten mit einer weitgehend glei- chen Sprache, gleichem Recht und gleichen Bräuchen. Als grundlegende Einheiten von Verwaltung und Po- litik können wir bei den Slawen die einzelnen župe (Einzahl župa [Suppanei davon župan = der Vorstand der župa]) ansehen. Diese waren allesamt ähnlich strukturiert, sprachen eine verwandte Sprache, hatten ein ähnliches Recht und ähnliche Bräuche und Riten. All dies stellt auch die Vorbedingung für den Ein- druck einer Gesamtheit dar, den alle hatten, die die Slawen von außen beschrieben. Wahrscheinlich kann am ehesten der Vegleich der župe mit mathematischen Teilmengen, Fraktalen dienen, da man auf der Ebene der einzelnen župe auch das findet, was man auch bei den Gruppierungen mehrerer župe in größeren terri- torialen Einheiten, den Fürstentümern, findet. Trotz der anscheinenden Einheitlichkeit der slawischen Welt war das eigenständige und unabhängige Auftreten der einzelnen Teile charakteristisch, die sich untereinan- der immer stärker unterschieden. Einerseits wegen der unterschiedlichen geografischen Bedingungen, ande- rerseits wegen der unterschiedlichen Zivilisationssub- strate und wegen der unterschiedlichen Nachbarn. Und obwohl nur sehr langsam – und deshalb für den äuße- ren Beobachter kaum sichtbar –, so zeigten sich diese Unterschiede auch in der Sprache. Die militärischen Auseinandersetzungen der Baiern (→  Bagoaria), Slawen und →  Awaren in den Ostalpen und den angrenzenden Gebieten gegen Ende des 6. Jh.s sind noch kein Beweis für deren dauerhafte Ansiedlung. Im 7. Jh. kommt es jedoch zu zahlreichen strukturel- len Veränderungen, die man nicht mit einem Wandel der Lebensweisen der alteingesessenen Bevölkerung zu erklären vermag. Es kommt zur Besiedlung durch slawisch sprechende Siedler, die die ansässige Bevöl- kerung als slow. Vlahi (→  Walchen, →  Altladinisch) bezeichnen, sich selbst jedoch als Slovani [Slawen] bezeichnen (→  Altslovenisch, Bogo →  Grafenauer, →  Conversio Bagoariorum et Carantanorum). Der fremde Raum ist nach dem damaligen Ver- ständnis chaotisch und erlaubt als solcher kein Über- leben. Deshalb war es notwendig, ihn zu ordnen und ihn menschenfreundlich zu gestalten. Zu diesem Zwe- cke richteten die Slawen ein System von Kultorten mit heiligen Bäumen, Quellen und Steinen ein. Im Zuge der →  Christianisierung wurden diese oft von Kirchen ersetzt (→  Inkulturation). In den Kontext der rituel- len Handlungen fiel auch die Einsetzung der neuen karantanischen Fürsten (→  Carantani, →  Fürstenein- setzung). Mit der Fürsteneinsetzung wurde im Chaos, das nach dem Tod des vorgehenden Fürsten herrschte, erneut die Ordnung wiederhergestellt, symbolisch die Welt der Menschen mit der Welt der Götter verbun- den und so die Rückkehr des Wohlstands ermöglicht. Für die Verhältnisse im 7. Jh. ist charakteristisch, dass die Steine, die bei der Fürsteneinsetzung am →  Zoll- feld/Gosposvetsko polje verwendet wurden, aus älteren Ruinen entnommen und zu etwas Neuem umgestaltet wurden (→  Fürstenstein). Bemerkenswert ist weiters, dass sie sich in der Nähe des antiken Verwaltungszent- rums Virunum befanden und doch nicht ganz auf ihm. In gleicher Weise gestalteten die Habsburger die ritu- ellen Steine im 14. Jh. um, als sie aus alten steinernen Teilen den neuen Herzogstuhl (slow. vojvodski prestol) errichteten und so den Ritus feudalisierten, der bis da- hin in vielerlei Hinsicht im europäischen Maßstab au- ßerordentlich archaische Merkmale bewahrt hatte. Ähnlich geschah es in der 2. Hälfte des 8. Jh.s in →  Molzbichl, dem ersten Kloster bei den Slawen über- haupt. Anlässlich der Errichtung der dortigen Kir- che wurden aus dem benachbarten Teurnia die Reli- quien und der Grabstein des hl. Nonnosus überführt (→  Domitian). Das deutet auf eine ununterbrochene Tradition einer christlichen Gemeinschaft hin und be- weist die Toleranz der slawischen Religion. Weil für die Errichtung der Kirche und in größerem Ausmaß des Klosters das finanzielle Vermögen und die politische Unterstützung der weltlichen Macht notwendig waren, spiegelt die Anordnung der frühmittelalterlichen Kir- chen beides wider. Die frühmittelalterlichen Kirchen sind in zwei räumlichen Gruppen angeordnet. Die eine befindet sich im zentralen Bereich des Klagenfurter Be- ckens/Celovška kotlina und die zweite in Oberkärnten/ Zgornja Koroška in der Umgebung von Spittal an der Drau (Špital ob Dravi). In diesen zwei geografischen Räumen sind gegen Ende des 8. und zu Beginn des 9. Jh.s steinerne Kircheneinrichtungen nachgewiesen, die mit Flechtwerken verziert wurden (→  frühmittelal- terliche Kirchen). Dabei handelt es sich um außeror- dentlich repräsentativ angelegte Steinmetzerzeugnisse, mit denen sich die lokale Elite darstellte und vor ihren Nachbarn punktete. Die Aufschrift Otker Radoslav aus der Kirche von →  Sankt Peter am Bichl/Šentpeter na
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Subtitle
Von den Anfängen bis 1942
Volume
1: A – I
Authors
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
542
Categories
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
  2. Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
  3. Geleitwort von Johannes Koder 9
  4. Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
  5. Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
  6. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
  7. Verzeichnis der Siglen 40
  8. Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
  9. Editoriale Hinweise 51
  10. Lemmata Band 1 A – I 55
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