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Auersperg, Anton Alexander Graf
Gräfin Maria Attems und machte danach vorwie-
gend Graz zu seinem Aufenthaltsort.
Schon während der Studienjahre begann A. zu dich-
ten. Seine erste Gedichtesammlung (Blätter der Liebe,
1830) ist noch nicht besonders originell, doch bereits in
seinem zweiten Werk (Der letzte Ritter, 1830) kommt
sein Talent zum Durchbruch. Im Jahre 1831 erschie-
nen unter dem Pseudonym Anastasius Grün in Ham-
burg Spaziergänge eines Wiener Poeten, in denen er sich
als Kritiker des Metternich’schen Absolutismus auswies.
Nachdem die Metternich’schen Polizeibehörden 1838
eruiert hatten, dass das Pseudonym für A. stand, erhielt
er von Metternich die Aufforderung, auf das Pub-
lizieren zu verzichten oder Österreich zu verlassen. A.
entschloss sich für den Publikationsverzicht, konnte
aber nicht vollständig von der Kritik am Regime ablas-
sen. 1845 unterzeichnete er mit anderen Autoren eine
Petition, die Erleichterungen bei der Zensur einforderte.
Nachdem in Wien die Märzrevolution (→ Revoluti-
onsjahr 1848) ausgebrochen war, wurde er aktives Mit-
glied einer Bewegung für politische Veränderungen. Im
April 1848 nahm er die Einladung zu einer Sitzung des
deutschen Vorparlaments in Frankfurt an, in Ljubljana
wurde er Anfang Mai zum Abgeordneten ins Frankfur-
ter Parlament gewählt. A. polemisierte öffentlich mit
dem Wiener akademischen Verein Slovenija (→ Ze-
dinjena Slovenija), da dieser mit der Propaganda gegen
das Frankfurter Parlament begonnen hatte. A. forderte
seine »slovenischen Brüder« auf, nicht gegen Groß-
deutschland zu sein. Bis September 1848 war A. Ab-
geordneter im Frankfurter Parlament. Da er die klein-
deutschen Konzepte nicht mittragen wollte, kehrte er
in seine Heimat zurück. Zur Zeit des Neoabsolutismus
fokusierte sich A. auf seine literarische Arbeit. 1850
erschienen die Volkslieder aus Krain in seiner Überset-
zung ins Deutsche ; im selben Jahr die epische Dich-
tung Der Pfaff vom Kahlenberg, die er mehr als fünf-
zehn Jahre früher verfasst hatte. Darin rechnete A. als
Liberaler mit dem Metternich’schen Absolutismus ab.
Im Epos machte A. auch die Einsetzung der → Kärnt-
ner Herzöge zum Thema, wobei er die Notwendigkeit
der Übertragung der Macht auf einen Herrscher durch
das Volk selbst hervorhebt. 1860 wurde A. Mitglied des
Verstärkten Reichsrats, war darin aber nicht besonders
aktiv. Bei den Landtagswahlen im März 1861 wurde
er zum Landtagsabgeordneten von → Krain/Kranjska
gewählt. Im selben Jahr ernannte ihn der Kaiser zum
Mitglied des Herrenhauses. In dieser Funktion schrieb
er die meisten Entwürfe an die Adresse des Herren- hauses und setzte sich als einer der Meinungsfüh-
rer der deutschen Verfassungspartei durch. In seinen
Wortmeldungen im Herrenhaus und im Landtag ver-
trat A. einen großdeutschen und großösterreichischen
Standpunkt. Er setzte sich für eine führende Rolle des
österreichischen Kaiserreiches im Deutschen Bund
ein, lehnte aber Sonderrechte für Ungarn ebenso ab,
wie Konzepte für eine föderalistische Umgestaltung
der Monarchie. Die Februarverfassung sah er als »die
schützende Burg der Macht, der Einheit der Einheit des
Reiches und der Freiheit seiner Völker …« In der Verfas-
sungstreue und im Rechtsstaat sah er das eigentliche
Wesen des Liberalismus, in der Gegnerschaft zur Ver-
fassung aber Konservatismus und Reaktion. Daher war
er entschieden gegen die Sistierung der Verfassung
durch Belcredi (20. September 1865). Die Annähe-
rung zwischen der Krone und der ungarischen liberalen
Opposition waren ihm suspekt. Die Niederlage gegen
Preußen 1866 bedauerte er aufrichtig, lehnte aber trotz-
dem eine dualistische Umgestaltung der Monarchie
ab. Noch Ende 1866 hatte A. im Landtag von Krain/
Kranjska den österreichisch-ungarischen Dualismus als
doppelte Krücke bezeichnet, nur einige Monate spä-
ter aber akzeptierte er den österreichisch-ungarischen
Ausgleich als notwendiges Übel. Im Entwurf an die
Adresse des Herrenhauses sieht er darin die Vorbedin-
gung für eine neue verfassungsmäßige Entwicklung
und Stärkung der Monarchie nach innen und außen. A.
war überzeugt, dass man einem zentralisierten Ungarn
ein zentralisiertes Cisleithanien mit deutscher Vorherr-
schaft entgegen halten müsse und stellte sich daher zur
Zeit der Regierung potocki und hohenwart ent-
schieden gegen das beabsichtigte dualistische Experi-
ment. In mehreren seiner Reden im Herrenhaus griff
er auch in andere politische Auseinandersetzungen ein.
Besonderen Widerhall fanden seine Reden gegen die
Vorrechte der katholischen Kirche und das Konkordat,
das er als Canossagang bezeichnete und mit dem das
Österreich des 19. Jh. für den Josephinismus des 18. Jh.
Buße tun müsse. A. war auch der Hauptredner zur Un-
terstützung des Ehegesetzes (20. März 1868).
A. repräsentierte eine der ältesten und angesehens-
ten Adelsfamilien in Krain/Kranjska und war mit sei-
ner engeren Heimat sehr verbunden. Er bewunderte
Prešeren (dessen Gedichte er ins Deutsche über-
setzte) und war vom slowenischen → Volklied begeis-
tert. Den Slowenen gegenüber aber verhielt er sich
paternalistisch, wie es für den damaligen deutschen Li-
beralismus typisch war. A. glaubte an die Kulturmission
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 1: A – I
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 542
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55