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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
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Page - 207 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I

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207 Celje Windischgrätz zurücktreten, was in jener Zeit einen Präzedenzfall darstellte. Bis 1910 veränderte sich das Verhältnis zwischen deutsch und slowenisch sprechenden Einwohnern in C. aufgrund des steigenden deutschen Drucks zu des- sen Gunsten. Laut Volkszählung 1910 hatte C. 4.625 (66,84 %) deutschsprachige und 2.027 (29,30 %) slo- wenischsprachige Einwohner (→  Sprachenzählung). Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Deut- schen C. als »ihre« Stadt betrachteten. Doch verwarf bereits Richard Pfaundler diese These, der auf der Grundlage der Volkszählungsergebnisse von 1900 die Daten statistisch mit den Geburtsorten der Einwoh- ner von Celje (wie auch von Maribor und Ptuj) abglich. Nachdem er die Einwohner auf der Grundlage der Umgangssprache in eine deutsche und in eine slowe- nische Gruppe einteilte, kam er zu dem Schluss, dass 30,71 % der Einwohner von C. im deutschsprachigen Gebiet geboren waren und 59,29 % im slowenischen Sprachgebiet. Auf der anderen Seite verwarf auch die slowenische →  Geschichtsschreibung die These eines »Deutschen Cilli« aufgrund von Untersuchungen über die ethnische Herkunft der Einwohner und bestätigte so, dass noch 1910 die Einwohner mehr als zur Hälfte in slowenischen Orten geboren und zum Zeitpunkt der Zuwanderung Slowenen waren. Anzuführen ist, dass die nationalen Spannungen insbesondere nach der Volkszählung 1910 stiegen. Der slowenische politische Verein Naprej [Vorwärts] hatte bereits im November 1909 eine private Volkszählung begonnen und betonte gleichzeitig in einer starken Agitation, dass die →  Umgangssprache die →  Mutter- sprache sei. Die Aktivitäten des Vereins beeinflussten wesentlich die Ergebnisse der offiziellen Volkszählung in C., da der Anteil der Bevölkerung mit slowenischer Umgangssprache im Vergleich zum Jahr 1900 um fast 8 % stieg. Trotzdem hatte die deutsche Seite noch we- sentlich mehr Möglichkeiten, Einfluss auf das Ergeb- nis auszuüben, was sie auch tat. Deshalb erwogen die slowenischen Untersteirer, nachdem die Ergebnisse in →  Trieste/Trst/Triest und in →  Gorizia/Gorica/Görz für ungültig erklärt worden waren, auch die Ergebnisse in den Städten und Märkten der slowenischen Steier- mark/Štajerska anzufechten. Doch kam es dort nie zu bedeutenderen Korrekturen. Das Ende des Ersten Weltkrieges 1918, insbeson- dere der neue staatspolitische Rahmen und die neuen politischen Verhältnisse, veränderten das Leben in C. grundlegend. Die Zahl der Deutschen fiel wegen der Auswanderung, der veränderten statistischen Zähl- kriterien (statt der Umgangssprache wurde nun die →  Muttersprache erhoben) und wegen der »Reassimi- lierungs-Politik« der slowenischen politischen Führung bis 1921 auf 859 (11,07 %) und bis 1931 auf 449 (5,91 %). Trotzdem blieben diese sozial gut organisiert und sie kontrollierten noch immer den Großteil der Industrie und des Kapitals sowie ca. 40 % aller Wohnhäuser und sonstiger Gebäude in der Stadt. Sie versammelten sich im Kulturbund und gaben die vierzehntägig erschei- nende Deutsche Zeitung heraus. Obwohl sich die nati- onalen Gegensätze aus der Zeit vor dem Ersten Welt- krieg beruhigt hatten, war die deutsche →  Minderheit mit ihrer Lage in C. trotzdem unzufrieden. Deshalb verfolgten ihre Mitglieder mit großem Wohlwollen den Aufstieg der Nazis in Deutschland und begeister- ten sich 1933 über Hitlers Regierungsmacht. Mit Ei- fer begrüßten sie den →  »Anschluss« Österreichs und zeigten offen ihre irredentistische Ausrichtung. C., nach 1918 neben Ljubljana und Maribor das dritte Wirtschafts-, Verkehrs- und Kulturzentrum des jugoslawischen Slowenien, war nach Ende des Krieges auch attraktiv für Migranten aus Kärnten/ Koroška (→  Vertreibung 1920). Nach dem Ersten Weltkrieg sollen sich nach Schätzungen mehrere Hun- dert Kärntner Emigranten in C. und dessen näherer Umgebung niedergelassen haben, darunter auch einige Büchsenmacher aus →  Ferlach/Borovlje. Unter den bekanntesten Emigranten aus Kärnten/Koroška waren Julij →  Felaher, der von April bis September 1938 in der örtlichen Staatsanwaltschaft beschäftigt war, France →  Kotnik, ab 1933 Leiter der →  Mohorjeva družba in C., Ivan Likar, Leiter des städtischen Ver- waltungsgerichtes, Janko Rebernik, Primarius, u. a. Die Kärntner Zuwanderer trafen sich häufig im infor- mellen Kreis. Am 14. Oktober 1928 wurde in C. im Rahmen des Kongresses der kärntnerslowenischen Emigranten der →  Klub koroških Slovencev [Klub der Kärntner Slowe- nen] gegründet. Sitz und Zentralausschuss waren in Ljubljana, einer der Zweigvereine wirkte auch in C., dessen Wirkungsbereich auf den Kompetenzbereich des Bezirksgerichtes von C. begrenzt wurde. Die Teil- nehmer am Kongress nahmen auch eine Resolution an, in der sie auf die schlechten und »beängstigenden« Schulverhältnisse in Kärnten/Koroška hinwiesen und eine Reziprozität gegenüber den Deutschen in →  Ju- goslawien forderten. In C. fanden auch die alljährlichen Hauptversammlungen des Klubs statt.
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Subtitle
Von den Anfängen bis 1942
Volume
1: A – I
Authors
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
542
Categories
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
  2. Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
  3. Geleitwort von Johannes Koder 9
  4. Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
  5. Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
  6. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
  7. Verzeichnis der Siglen 40
  8. Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
  9. Editoriale Hinweise 51
  10. Lemmata Band 1 A – I 55
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