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Deportationen 1942
Denkmal der slowenischen
Deportierten 1942, Ebenthal/
Žrelec (2012)
Katja Sturm-Schnabl, Sabina
Zwitter (v.l.n.r.), Schatten der
Scham/Sence sramote
DÖW, Restitutionen Am 14. April 1942 kam es zur D. von 1.075 zu »Staats-
feinden« erklärten Kärntner Slowenen bzw. 221 Fa-
milien. Vorgegeben wurde hochverräterische und
kommunistische Einstellung, in Wirklichkeit war das
Ziel jedoch die → Germanisierung der von Slowenen
bewohnten Gebiete in Kärnten/Koroška wie auch in
den von Nazideutschland besetzten Gebieten Slowe-
niens sowie Raub slowenischen Vermögens, langfristig
auch die Einschüchterung der slowenische Bevölkerung
(→ Assimilation, dort PTBS). Durchgeführt wurden
die Deportationen, die im NS-Jargon auch »K-Aktion«
genannt wurden, durch das in Lesce pri Bledu statio-
nierte »Reservepolizeibataillon 171« auf Basis von Lis-
ten, die von der Gestapo und dem »Reichskommissar
für die Festigung des deutschen Volkstums« angefertig-
ten worden waren. Zuvor wurden bereits im besetzten
Gebiet der Štajerska (Untersteiermark) 60.000 Slowe-
nen zwangsenteignet und deportiert (→ »Generalplan
Ost«). Die Grundlage für die D. in Kärnten/Koroška
stellte die Volkszählung von 1939 dar. Sie war von langer
Hand vorbereitet worden und stellte einen Höhepunkt
in der systematischen Verfolgung dar, die im Ethnozid
gipfelte (→ »Ethnische Säuberung«, → Internierungen
1919, →
Vertreibung 1920, →
Verfolgung slowenischer
Priester ab 1938 in Kärnten/Koroška, →
Zeugen Jeho-
vas). Die kärntnerslowenischen Familien, die von den
D. betroffen waren, wurden zuerst in ein sogenanntes
Auffanglager in Ebenthal/Žrelec bei Klagenfurt/Celo-
vec gebracht, wo sie registriert und ihnen Nummern
zugewiesen wurden. Von Mitarbeitern der »Deutschen
Ansiedlungsgesellschaft« (DAG) wurden sogenannte
Übernahmeprotokolle erstellt, in denen die genauen
Besitztümer und das Vermögen aufgezeichnet wurden. »Die Ausgesiedelten hatten zusammen eine landwirt-
schaftliche Gesamtfläche von 5.542 Hektar, 197 Pfer-
den, 1.490 Rindern, 1.291 Schweinen und 874 Schafen
zurückgelassen, wie dies auch von der DAG aufgenom-
men wurde. Zu wenig, um alle Übernahmewünsche
(Kauf, Pacht oder Nutzungsrecht) befriedigen zu kön-
nen« (Karner 2005, 29). Zu den neuen »Besitzern«
zählten Kanaltaler Bauern und Bäuerinnen, sogenannte
»volkspolitisch zuverlässige Parteigenossen«, sowie ört-
liche Parteifunktionäre, teilweise auch Nachbarn (→ Val
Canale/Kanaltal/Kanalska dolina). Trotz des Protests
von Geistlichen und anderer Kärntner Prominenz wur-
den die Deportationen auf Initiative der Kärntner na-
tionalsozialistischen Elite fortgeführt. Lediglich 158
Personen wurden aus dem Lager in Ebenthal/Žrelec
aufgrund der Intervention von Verwandten, die oftmals
auch NS-Funktionen innehatten oder sich zumindest
den Nationalsozialisten angeschlossen hatten, wieder
freigelassen. Die restlichen deportierten Angehörigen
der kärntnerslowenischen Volksgruppe wurden weiter
in andere Lager der »Volksdeutschen Mittelstelle« wie
beispielsweise Hesselberg, Hagenbüchach oder Frauen-
aurach überstellt, wo sie den Schikanen des nationalso-
zialistischen Lageralltags ausgesetzt waren.
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 1: A – I
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 542
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55