Page - 316 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
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»Entethnisierung«
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bischof Modestus im Jahre 772 (Karantanenaufstand).
Unter Bischof Theoderich kam es 799 zu einem neuen
erfolgreichen Anlauf. 811 wurde die Drau als Grenze
zwischen Aquileia und Salzburg festgelegt. Auch nach
Einrichtung der Ostlandpräfektur unter Karl d. Gr. im
Jahre 803 blieben die einheimischen Fürsten (duces)
eigenständig. Nach der Beteiligung am Liudewit-Auf-
stand (818/820) setzte Ludwig der Deutsche 828 einen
baierischen Grafen in Karantanien ein.«
Bisweilen wird etwa im Kontext der Ethnologie
oder Personenforschung mit der Regionalbezeichnung
Kärntner, Rosentaler, Jauntaler, Gailtaler ein Konnex
mit der slowenischen Kulturgeschichte höchsten sugge-
riert, bzw. ist nur für Insider erkennbar : jedenfalls wird
dieser Inhalt beim Empfänger der Information nicht
wahrgenommen. Im Museumsführer des Landesmuse-
ums von Kärnten/Koroška aus 1984 finden sich regi-
onal bestimmte Artefakte der →
Volkskunst : »Große
›Wazanrein‹ aus Maria Rain 1796« (S. 120), »Weih-
korbdecke aus dem Rosental« (S. 122), »Totenkrone aus
dem Rosental« (S. 124), → »Südkärntner Baugruppe«
(S. 142) (→ Volksarchitektur). Bezeichnend für die
wissenschaftliche Methode sind die einzigen zwei
Stellen im Rahmen der Darstellung der Volkskunde in
den Museumsführern, die Aspekte der slowenischen
Kulturgeschichte höchstens andeuten : In der zusam-
menfassenden Gesamtschau zur Volkskunde heißt es
im Museumsführer aus 1987 bei Ilse Koschier : »Die
Vielfalt der volkskundlichen Teilbereiche innerhalb
eines räumlich begrenzten regionalen Gebietes, aber
auch die Verbindung mit den umgebenden Nachbar-
ländern lässt die Kärntner Volkskunde als Besonder-
heit innerhalb der europäischen Kulturgeschichte er-
scheinen.« (S. 141) Ihre Beschreibung der Exponate
in Raum V zieht Parallelen zu slowenischen Trachten,
ohne sie als solche zu identifizieren (S. 142) : »… Die
Gailtaler Frauentracht enthält viele auch für die slowe-
nischen Trachten charakteristische Elemente : kurzer,
reich gefalteter Rock, gestrickte ›Zipfelstrümpfe‹, reich
gezogene, gestärkte Unterröcke, buntes Tüchel, Bin-
dehaube und gestrickter Schaffellmantel« (Unterstrei-
chung vom Autor des vorliegenden Beitrages ; vgl. auch
→ Brauch, → Gailtaler Tracht/ziljska noša). Insgesamt
sucht man vergeblich nach einer (umfassenden) Dar-
stellung der slowenischen Kulturgeschichte oder nach
spezifischen Aspekten, da sie offensichtlich nach dem
regionalgeschichtlichen Ansatz methodisch obsolet er-
scheinen. In der Konsequenz jedoch werden relevante
Aspekte und Perspektiven der slowenischen politischen und Kulturgeschichte nicht erfasst, was die zugrunde
liegende Methode selbst als problematisch erscheinen
lässt.
Eine wohl als E. zu interpretierende konzeptuelle
Ausgrenzung der slowenischen Kultur- und Sprach-
geschichte findet sich im Führer durch die Ausgrabun-
gen auf dem Magdalensberg (Klagenfurt/Celovec 1999,
2003), wo in der slowenischen Zusammenfassung die
angeführten Orte in der Region, die durchwegs eine
absolut geläufige und normierte slowenische Ent-
sprechung haben, nur auf Deutsch und nicht auch auf
Slowenisch angegeben sind. So heißt es : »Med mesti
Klagenfurt in Sankt Veit an der Glan se razprostira
zgodovinsko važni Zollfelld (Gosposvetsko polje) …
Najvišja vzpetina na vzhodnem robu Zollfelda je 1058
m visoki Magdalensberg … mladenič … danes v ume-
tnostno-zgodovinskem muzeju v Wienu …« (Unter-
streichungen in beiden Zitaten der sprachlich eindeu-
tig fehlerhaften Stellen vom Autor des vorliegenden
Beitrages). Eine vergleichbare »Politik« der Schreib-
weise von →
Ortsnamen findet sich historisch in der
Zwischenkriegszeit in der Zeitung → Koroška domo-
vina [Kärntner Heimat] mit einer offenen Germani-
sierungstendenz, so dass auch im gegenständlichen
Fall eine politische Intentionalität nicht von der Hand
gewiesen werden kann. Im wissenschaftlichen Kontext
bzw. im Kontext der → Geschichtsschreibung ist dies
jedoch als äußerst problematisch zu betrachten, zumal
im Land eine konstitutive slowenische Volksgruppe
lebt und somit Slowenisch eine der → Landessprachen
ist. Ob mit einer solcherart manifestierten Sprachpoli-
tik einer regionalen wissenschaftlichen Einrichtung ein
reales Interesse, den slowenischen Anteil der Kulturge-
schichte des Landes zu erforschen, vereinbar ist, kann
bezweifelt werden, damit aber auch die wissenschaft-
liche Methodik an sich, was allerdings wiederum die
Frage nach dem gesetzlichen Auftrag und der Kontrolle
der gesetzlichen Umsetzung aufwirft. Cornelia Kogoj
weist auf das positive – verantwortungsvolle – Beispiel
des Landesmuseums Burgenland mit dem Umgang mit
der sprachlich-kulturellen Vielfalt und Geschichte im
Land hin, die sie, in einem Beitrag im Winter 2012, im
Landesmuseum in Kärnten/Koroška noch vermisste
bzw. kritisiert. (In diesem Rahmen ist anzumerken,
dass das slowenische ethnografische Institut Slovenski
etnografski institut Urban Jarnik aus Klagenfurt/Celo-
vec seit 2005 im Kontext von Sonderausstellungen eine
fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Landesmuseum
Kärnten/Koroška pflegt. Doch stellen Sonderausstel-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 1: A – I
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 542
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55