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Ethnonym(e)
ČZN 84/2–3 (2012) 83–99 ; P. Wiesflecker : Mit in arhetip o koncu
sveta. Podor Dobrača leta 1348 v kolektivnem spominu v Spodni Ziljski
dolini / The myth and the archetype oft the end of the world – the rockslide
of Dobratsch in 1348 and its position in within the collective memory of
the Gailtal. In : ČZN 84/4 (2013) 5–27.
Ingrid Slavec Gradišnik ; Üb.: Katja Sturm-Schnabl
Ethnonym(e) oder Völkernamen (Ethnos/Volk) sind
etymologisch und semantisch oft nicht erklärbar und
daher umstritten. Seit dem Altertum sind sie Gegen-
stand ideologisierender Interpretation. Voraussetzung
ist Klarheit, wer gemeint ist : ein Staatsvolk (die Öster-
reicher, die Jugoslawen, die Belgier, die Schweizer), ein
Sprachvolk (die Deutschen, die Franzosen, die Slowenen),
oder eine geografische Gruppe ohne genaue kulturelle
Gemeinsamkeit (die Innviertler, die Chiemgauer, die
Ennstaler, die Baiern »Salzachgauer«). Zu unterschei-
den ist weiters die Eigen- und die Fremd-Benennung.
Deutsch »die Deutschen« aber englisch the Germans,
französisch les allemands, italienisch i tedeschi, fin-
nisch saksalainen, türkisch almanlar, slowenisch nemci
(Nemčija »Deutschland«), russisch nemci (Germanija
»Deutschland«). Nicht immer sind alle »Deutschspra-
chigen« gemeint. Daneben gibt es (kulturgeschichtlich
beachtenswert) auch noch Spottnamen wie die Piefke
(in Österreich), die Preißen (in Bayern), les boches (in
Frankreich) und švabi, švabica bei den südlichen Slawen.
In der →
Methodvita heißt es, Method sei (vom
russischen Abschreiber unverstanden) na Svaby (statt
Švaby) eingesperrt worden, was literaturüblich mit »in
Schwaben« übersetzt wird. Švabi war seit dem Mit-
telalter bei den südlichen Slawen die Bezeichnung für
alles »Deutsche«, damals ohne Unterschied ob Baiern,
Franken oder Schwaben/Alemannen. Daher auch die
unkorrekte Lokalisierung der Klosterhaft Methods
mit Ellwangen »in Schwaben« (→ Chiemsee).
Unexakt und missverständlich sind Kollektiv-Na-
men wie die →
Slawen, die Germanen, deren gemein-
sames Merkmal gleiche Sprache, gleiche Abstammung,
gleiche Geschichte, gleiche Kultur etc. suggeriert.
Insbesondere deren Adjektive wie die slawische Kü-
che, Musik, Seele und dgl. Das E. Slawen wird von
(»nordslawisch/westslawisch«) slavjane/slovjane »die
Redenden« (< sluti/slovjon, dazu auch slovo »das Wort«
und slava »der Ruhm«) abgeleitet (»südslawisch« wäre
slavljane) und literaturüblich den nemci »die Stummen«
(< slawisch nem- »stumm«) gegenübergestellt. Wahr-
scheinlicher ist die Benennung der Slawen nach einem
Fluss ähnlich den lateinisch/ladinischen Gaunamen (Traungau, Chiemgau, Attergau). Mehrere Flüsse in
den Karpaten (nördliche »Urheimat«) sind mit dem
Element slov (Slovut, Slovutič) gebildet. Semantisch
analog in den Alpen Klaffer (der Klafferkessel in den
Schladminger Tauern, im Mittelalter öfter klaffundes
wasser »ein murmelnder/sprechender Bach«). Nemci
leitet sich ab vom (keltischen ?) Stamm der Nemeti (im
pannonischen Raum), daher auch ungarisch német »der/
die Deutsche«, neben nemzet »Volk, Nation«.
Die Slowenen und Slowaken haben, wie die Slowin-
zen und Slawonier, das Element slov in ihrem E. be-
halten und es mit ec und ák erweitert (slovenec/slovenka
»Slowene/Slowenin«, Adjektiv slovenski, und slovák/slo-
venka »Slowake/Slowakin«, Adj. slovenský). → Trubar
nennt als Erster in seinem Katechismus sein Sprach-
publikum lubi Slovenci ! (meine lieben Slowenen). In
kärntnerslowenischen Dialekten Sloven/Slovenka als
Adj. slovenj. Das Morfem enec/enci in Slovenec ist ty-
pisch für die steirische Region an der Mur/Mura (Prek-
murje).
Die Karantaner heißen etatistisch (als »Staatsvolk«)
bei den Ladinern Coranzanus (so auch als Personen-
name im Salzburger → Verbrüderungsbuch), latinisiert
Corotanus, in der Nestorchronik Chorutane, slowenisch
heute korošec/korošci (vom Adjektiv koroški »ein Kärnt-
nerischer« zu Koroška eigentlich »das Karantanische/
Kärntnerische«, dt. »Kärnten«).
Das E. taucht zuerst (in lateinischen Texten) im
→ karantanischen Raum auf als sclavi, sclavani, sclaveni,
sclavoni. Bei den Ladinern in Friaul als sclavons, in Ba-
ivarien als → Windische. Die Ungarn bezeichneten die
Slawen/Slowenen in Pannonien als tót (später nur die
Slowaken), offenbar ein E., das sich wie deutsch von alt-
europäisch taut/teut ableitet. Bei den sclavi/sclavani in
der lateinischen Literatursprache des Mittelalters kann
man noch nicht erkennen, ob nur die Sclavi/Sclavani
Karantaniens, die → Carantani, oder auch andere wie
die Krainer Carnioli/Carniolenses (von Carniola/Krain)
gemeint sind. Von den Baiern wurden alle bis ins 20.
Jh. → Windische genannt. Im Deutschen setzt sich die
Benennung Slowenen/slowenisch, in Österreich zwar im
→ Reichs- und Landesgesetzblatt-Patent von 1849
rechtlich und terminologisch verankert, in der Um-
gangssprache erst im Lauf gesellschafts- und staats-
politischer Umwandlungen durch. Damit geht auch
ein Bedeutungswandel des Begriffs Windisch einher
(→ Windischentheorie). Seit dem Ortstafelkonflikt in
den 70er-Jahren des 20. Jh.s wird im österreichischen
Amtsdeutsch windisch nicht mehr für slowenisch ver-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 1: A – I
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 542
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55